Als "vierte Macht" der Demokratie sollen Medien die öffentliche Meinung in ihrer Vielfalt abbilden. Das gilt für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ganz besonders. Doch der ist in die Kritik geraten. Damit es in Zukunft wieder mehr um Inhalte und weniger um die Büroeinrichtung der Intendanz geht, hat der DGB klare Reformvorschläge formuliert.
Colourbox
Braucht es 2022 noch einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk?
Mehr denn je! Trotz der aktuellen Vorwürfe der Vetternwirtschaft beim RBB und der einseitigen Berichterstattung beim NDR. Dem muss juristisch und strukturell nachgegangen werden. Im Grundsatz bleibt der öffentlich-rechtliche Rundfunk aber wichtig für die Demokratie. Er wird von uns allen finanziert und ist verpflichtet, der demokratischen Meinungsbildung zu dienen und Vielfalt abzubilden. Und das Bundesverfassungsgericht hat deutlich gemacht: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll auch eine Gegenmacht zu den digitalen Plattformen bilden.
Wir sehen in anderen europäischen Ländern wie Großbritannien, wohin es führt, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk politisch geschwächt wird. Nach jahrelangen Angriffen aus der Politik haben dort offenbar viele Journalistinnen und Journalisten das Gefühl, nicht mehr frei berichten zu können – zum Beispiel über die negativen Folgen des Brexits. Wir Gewerkschaften verstehen uns als konstruktiv-kritische Begleiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Diese Rolle üben wir auch in den Rundfunkräten aus.
Welche Rolle spielen die Rundfunkräte?
Rundfunkräte sollen die Senderleitung beraten, dabei die Vielfalt der Gesellschaft abbilden und der Allgemeinheit dienen. Das machen sie ehrenamtlich. Im Zuge des Medienänderungsstaatsvertrags, der wahrscheinlich 2023 in Kraft tritt, sollen Rundfunkräte mehr Aufgaben – und damit mehr Verantwortung – übernehmen. Um das stemmen zu können, brauchen die Rundfunkrät*innen mehr unabhängige Informationen, mehr Unterstützung und bessere Ausstattung. Schon vor dieser Entscheidung hat sich der DGB aufgemacht, ein Informationsangebot für unsere Kolleg*innen in den Rundfunkräten aufzubauen. Aber allein werden wir diese Aufgabe nicht bewältigen können.
Wie weiter im öffentlich-rechtlichen Rundfunk?
Um das Vertrauen des Publikums zurückzugewinnen, sollten die Öffentlich-Rechtlichen die richtigen Konsequenzen aus den aktuellen Vorkommnissen ziehen: Compliance-Regeln dürfen nicht nur auf dem Papier stehen, sie müssen auch in den Sendern gelebt werden. Wirtschaftliche Freiräume für Intendant*innen darf es nicht geben. Wir setzen uns auch dafür ein, dass Verwaltungsratsmitglieder keine anderen Mandate innehaben, um Interessenkonflikte zu verhindern. Außerdem müssen die Interessen der Beschäftigten, vertreten durch Personalräte und Freien-Vertretungen, stärker einbezogen werden.