Die aktuelle Novelle der Handwerksordnung zeigt, dass sich der Einsatz von DGB und Kolping gelohnt hat. Arbeitnehmer*innen und Gewerkschaften erhalten stärkere Beteiligungsmöglichkeiten in der Selbstverwaltung des Handwerks. Zudem wurde der Bedeutung von Tarifverträgen im Handwerk vom Gesetzgeber Rechnung getragen. Wir geben einen Einblick, welche Verbesserungen konkret erreicht wurden.
DGB/Steinborn
Die fünfte Novelle der Handwerksordnung ist durch den Bundestag. Am 05. Mai 2021 wurde sie in zweiter und dritter Lesung durch das Parlament bestätigt. Nun steht nur noch die Verabschiedung durch den Bundesrat aus, die am 28. Mai 2021 erfolgen soll. Für Arbeitnehmer*innen im Handwerk bringt die Novelle vor allem in zwei Bereichen Änderungen:
Wichtige Schritte im Prüfungswesen
Die wichtigste und weitreichendste Änderung ist, dass Gewerkschaften und Kolping jetzt bei der Benennung der Prüfenden beteiligt werden. Erstmals seit Errichtung der Handwerksordnung ist dort nun von Gewerkschaften die Rede. Das löst für unsere Organisationen ganz praktische Probleme, die sich ergeben haben, obwohl DGB und Kolping bei der Handwerkskammerwahl traditionell die Arbeitnehmervertreter*innen stellen. Die Arbeitnehmerbank der Handwerkskammer bzw. der Gesellenausschuss der Innung benennen nach der Handwerksordnung die Prüferinnen und Prüfer. Das wird sich mit der Novelle auch nicht ändern. Jedoch können die ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen diese wichtige Aufgabe aufgrund der Zahl der benötigten Prüferinnen und Prüfer nicht alleine erfüllen. Bundesweit gibt es über 300.000 Prüfende, die Hälfte davon stellt die Arbeitnehmerseite. In manchen Kammern sind mehr als 100 Prüfungsausschüsse zu besetzen. Die ordentliche Besetzung der Prüfungsausschüsse mit gleichvielen Prüfenden der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite ist eine wichtige Voraussetzung für rechtssichere Prüfungen. Die Gewerkschaften dürfen die Arbeitnehmervertreter*innen nun dabei unterstützen, diese wichtige Aufgabe wahrzunehmen und dürfen Vorschläge machen.
Bei den Meisterprüfungen wird, zum ersten Mal überhaupt, die Arbeitnehmerseite in das Benennungsverfahren einbezogen und auch die Prüfungsausschüsse sowie die neu eingeführten Prüfungskommissionen sollen paritätisch besetzt werden. Auch wird die Frist zur Ermittlung und Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse bei der Meisterprüfung auf maximal einen Monat begrenzt. Das ist ebenfalls ein Fortschritt, da in vielen Handwerkskammern die Auswertung von Teilleistungen der Meisterprüfung bis zu 12 Wochen dauert.
Innungen werden in ihrer Rolle als Tarifpartner der Gewerkschaften gestärkt. Das Abschließen von Tarifverträgen gehört nun ausdrücklich zum „gemeinsamen gewerblichen Interesse“ das die Innung fördert (§ 52 HwO). Diese Klarstellung und die damit verbundene Absage an einen Wettbewerb, der allein über den billigsten Preis ausgetragen wird, war mehr als überfällig und öffnet Perspektiven für Gute Arbeit im Handwerk.
Nun gilt es, das erreichte im Sinne der Arbeitnehmer/innen zügig umzusetzen und weiterhin aktiv für eine Verbesserung der Bedingungen im Handwerk zu werben. Denn auch wenn die vorliegende Änderung der Handwerksordnung viele gute Vorschläge aufgegriffen hat, bleibt sie dennoch den Erwartungen der Gewerkschaften zurück.
Was ist das Projekt PerSePlus? Im Erklärfilm kommen die Projektverantwortlichen, Akteure sowie Teilnehmer*innen des Projektes zu Wort. Ein Film von Arbeit und Leben und des Deutschen Gewerkschaftsbundes.
PerSe PLUS ist das Projekt "Perspektive Selbstverwaltung – Das Bildungsprojekt zur Stärkung der Selbstverwaltung des Handwerks". PerSe PLUS unterstützt Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter im Handwerk, um den Strukturwandel im Handwerk begleiten und gestalten zu können.