Die Diskussion in der Koalition zum Klimaschutz im Gebäudesektor hat zu Verunsicherung geführt. Viele fürchten, ihre Altersvorsorge für eine neue Heizung investieren zu müssen oder eine warme Wohnung nicht mehr bezahlen zu können. Der DGB fordert: Der Weg zu den Klimazielen im Gebäudebereich muss sozial abgefedert sein. Das heißt auch: Gute Arbeit und Tariflöhne für die Handwerker*innen, die die Heizungen, Wärmepumpen und Solardächer installieren und damit die Umsetzung der Klimawende stemmen.
DGB/Alexander Raths/123RF.com
Das neue Gebäudeenergiegesetz muss dem Anspruch gerecht werden, Klimaschutz mit bezahlbarem Heizen und Wohnen zu verbinden. Hierfür muss der Koalitionsentwurf nachgebessert werden. Es ist richtig, den Heizungsbestand langfristig auf Klimakurs zu bringen. Aber Heizungsmodernisierungen dürfen nicht zum Kostenhammer werden, schon gar nicht für Haushalte mit kleinem Einkommen und Rentner*innen. Es ist daher gut, dass es aus den Ländern und den Regierungsfraktionen Rückenwind dafür gibt, das Gesetz noch einmal auf den Prüfstand zu stellen und mit einer sozial ausdifferenzierten Förderkulisse zu flankieren. Die Ampel muss dabei die Lebensrealität der Menschen in diesem Land im Blick behalten. Viele Häuslebauer und Wohnungseigentümer*innen können eine neue Heizung nicht mal eben so aus der Portokasse finanzieren, sondern brauchen staatliche Unterstützung bei Investitionen. Hier muss Geld zur Verfügung gestellt werden - nicht mit der Gießkanne, sondern sozial ausdifferenziert: Haushalte mit kleinem Einkommen brauchen mehr Förderung als Reiche.
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell, 12.05.2023
Im März 2022 hat die Bunderegierung mit dem zweiten Entlastungspaket beschlossen, den Klimaschutz im Gebäudesektor zu beschleunigen und das im Koalitionsvertrag vereinbarte 65-Prozent-Ziel für Heizungen um ein Jahr vorzuziehen: „Wir werden jetzt gesetzlich festschreiben, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden soll.“ Geregelt werden soll das im Gebäudeenergiegesetz. Inzwischen liegt dazu ein Gesetzentwurf vor.
Die Pläne sorgen bei vielen Menschen für massive Verunsicherung. Mieter*innen fragen sich, ob ein Heizungstausch dazu führen wird, dass die ohnehin schon hohe Miete dann explodiert. Die Angst bei Eigentümer*innen von selbst genutzten Wohnhäusern war groß, am Ende keine Heizung mehr zu haben oder gar das eigene Haus verkaufen zu müssen, weil die Umstellung teuer ist und die Lücke zwischen den Kosten und den existierenden Fördermöglichkeiten zu groß wird.
In der öffentlichen Debatte erschien das 65-Prozent-Ziel oft identisch mit dem Plan des Bundeswirtschaftsministers, 500.000 Wärmepumpen pro Jahr zu installieren. Dass auch Wärmenetze, Biomasse und grüner Wasserstoff auf das Ziel einzahlen, wurde öffentlich kaum wahrgenommen. Diskutiert wurde vielmehr, ob das Ziel angesichts der hohen Kosten, des Bedarfs an Strom aus erneuerbaren Energien und der fehlenden Fachkräfte überhaupt realistisch ist.
Es zeigt sich erneut, dass es der Bundesregierung an einer schlüssigen Gesamtstrategie zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudebereich fehlt. Deutschland droht zum dritten Mal die selbst gesetzten Ziele im Gebäudebereich zu verfehlen. Das macht die Ziele nicht falsch. Vielmehr muss es darum gehen, jetzt genau diese Strategie zu entwickeln und sich den umfangreichen Fragen zu stellen, die mit dem 65-Prozent-Ziel zusammenhängen.
Die Wärmewende muss sozial gestaltet werden. Das bedeutet einerseits, dass es einen Ordnungsrahmen braucht, der das gesamte Gebäude erfasst, und darauf abgestimmt eine verlässliche und kohärente Förderkulisse. Die Förderung darf nicht nur technologisch orientiert sein, sondern muss sozial ausgestaltet werden. Darüber hinaus bedeutet soziale Gestaltung der Wärmewende auch, dafür zur sorgen, dass im Handwerk gut ausgebildete Fachkräfte diese Aufgabe stemmen. Aktuell fehlen dem Handwerk 250.000 Fachkräfte. Das liegt auch daran, dass die Mehrheit der im Handwerk ausgebildeten Fachkräfte in andere Bereiche der Wirtschaft abwandert. Sie suchen dort ein besseres Einkommen, die Möglichkeit sich fortzubilden und weiterzuentwickeln und bessere Arbeitszeiten. Die Abwanderung setzt einen Kreislauf in Gang, bei dem diejenigen, die im Handwerk bleiben, umso stärker belastet werden, weil immer mehr Arbeit auf immer weniger Schultern verteilt wird. Dies führt dazu, dass immer mehr Fachkräfte sich aus dem Handwerk wegorientieren.
All diese Aspekte müssen bei der Gestaltung des Rahmens für die Wärmewende adressiert werden. Regulierung muss intelligent verknüpft und mit einer schlüssigen und wahrnehmbaren Strategie hinterlegt sein. Dazu gehört auch die Gestaltung der Fördermittel zur Umsetzung. Wenn die Regierung verbindliche Ziele setzt, ist es auch ihre Verantwortung, den Rahmen der Umsetzung so zu gestalten, dass die dazu nötigen Fördermittel verlässlich zur Verfügung stehen und klar an den Zielen ausgerichtet sind. Für die Gestaltung der Förderkulisse bedeutet das, dass Fördermittel an Qualitätskriterien und an Gute Arbeit und Tarifbindung gebunden werden müssen.
Mehr Informationen bietet die DGB-Broschüre "Die energetische Klimawende gestalten".
Mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes soll die Gebäudewärme auf Klimakurs gebracht werden. Dafür braucht es eine kohärente Strategie. Die Umsetzung muss sozial ausgewogen erfolgen und darf nicht an fehlenden Fachkräften oder Komponenten scheitern. Der DGB regt in seinen Stellungnahmen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens daher Nachbesserungen an.
Mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) soll die Gebäudewärme auf Klimakurs gebracht werden. Dafür braucht es eine kohärente Strategie. Die Umsetzung muss sozial ausgewogen erfolgen und darf nicht an fehlenden Fachkräften oder Komponenten scheitern. Hier geht es zur Stellungnahme:
Mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) soll die Gebäudewärme auf Klimakurs gebracht werden. Dafür braucht es eine kohärente, sozial ausgewogene Strategie. Der DGB kommentiert das Gesetzgebungsvorhaben mit einer weiteren Stellungnahme.
Was ist das Projekt PerSePlus? Im Erklärfilm kommen die Projektverantwortlichen, Akteure sowie Teilnehmer*innen des Projektes zu Wort. Ein Film von Arbeit und Leben und des Deutschen Gewerkschaftsbundes.
PerSe PLUS ist das Projekt "Perspektive Selbstverwaltung – Das Bildungsprojekt zur Stärkung der Selbstverwaltung des Handwerks". PerSe PLUS unterstützt Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter im Handwerk, um den Strukturwandel im Handwerk begleiten und gestalten zu können.