Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 124 - 03.07.2013
Europa

Jugendarbeitslosigkeit: Genug geredet, Zeit zum Handeln


Zum Jugendgipfel im Bundeskanzleramt und zum alternativen Jugendgipfel der Gewerkschaften erklärte Michael Sommer, DGB-Vorsitzender, am Mittwoch in Berlin:

„Fast jeder vierte Jugendliche in Europa hat keine Arbeit und keinen Ausbildungsplatz, Tendenz steigend. Diese Zahl spricht Bände und ist ein Offenbarungseid für die Staats- und Regierungschefs in Europa. Wir fordern: Handeln Sie endlich! Die Zeit der wohlfeilen Worte und Absichtserklärungen ist vorbei.

Wir brauchen einen Mix aus kurzfristigen und langfristigen Maßnahmen, um der Jugend eine Perspektive zu geben. Kurzfristig müssen wir den jungen Menschen eine Beschäftigung ermöglichen zum Beispiel über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Lohnkostenzuschüsse für junge Beschäftigte oder Maßnahmen gegen die Kreditklemme bei kleinen Unternehmen. Die Jugendgarantie ist vom Ansatzpunkt her richtig – aber falsch ist, die Betroffenen mit Praktika abspeisen zu wollen. Denkbar wäre ein großes EU-Programm, ein Sonderfonds für ein europaweites soziales Jahr, das die jungen Menschen in den Arbeitsalltag einbindet, angemessen entlohnt wird, und sie nicht einfach alleine lässt in ihrer schwierigen Situation.

Die Zeit, die wir dadurch gewinnen, muss genutzt werden, um langfristig die Situation in den Krisenländern zu verbessern. Ein Umsteuern in der Krisenpolitik ist hierfür unabdingbar. Die falschen Kürzungsprogramme der EU würgen die Wirtschaft ab anstatt den Ländern auf die Beine zu helfen. Europa braucht vielmehr ein Zukunfts- und Investitionsprogramm in Wirtschaft, Bildung und Infrastruktur. Der DGB hat mit seinem Marshall-Plan hierzu Vorschläge unterbreitet.

Die derzeit diskutierten Lösungs- und Finanzierungsvorschläge zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit reichen hinten und vorne nicht aus, um den jungen Menschen zu helfen. Sechs Milliarden Euro, auf zwei Jahre verteilt – das bedeutet für jeden Betroffenen nicht einmal zehn Euro die Woche. So lassen sich die notwendigen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen beim besten Willen nicht finanzieren.“

Florian Haggenmiller, DGB Bundesjugendsekretär, sagte zur Debatte um die Jugendarbeitslosigkeit in Europa:

„Die Jugend ist systemrelevant. Niemand soll behaupten, für sie sei kein Geld da. Binnen kürzester Zeit waren die Staats- und Regierungschefs in Europa in der Lage, dreistellige Milliardenbeträge für die Rettung der Banken zur Verfügung zu stellen. Gerettet wurden diejenigen, die die Krise verursacht haben. Wenn jetzt im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit geknausert wird, wird unser aller Zukunft verspielt. Und die Staats- und Regierungschefs müssen sich die Frage gefallen lassen, ob ihnen das Wohl der europäischen Jugend weniger am Herzen liegt als das Wohl von Finanzmanagern und Bankern.“

Alternativer Jugendgipfel in Berlin:

Der DGB will nicht nur über, sondern mit den jungen Menschen reden. Deshalb haben deutsche und französische Gewerkschaften, zusammen mit dem EGB Jugendausschuss, zu einem Alternativen Jugendgipfel eingeladen. Junge europäische Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter aus Spanien, Italien, Bulgarien, Niederlande, Frankreich, Polen, Irland, Portugal, Litauen, Türkei, Belgien, Estland, Griechenland werden an dem Alternativen Jugendgipfel in Berlin teilnehmen und über ihre schwierige Situation berichten.

Forderungen der Gewerkschaften zum alternativen Jugendgipfel

Jugend macht Ansagen! Stop talking – act now!

Die Jugendarbeitslosigkeit in Europa steigt Monat für Monat an, die versprochenen Maßnahmen kommen kaum voran. Mehr als 5,6 Millionen. junge Menschen warten darauf, dass endlich gehandelt wird.

Die Sparpolitik und die damit verbundenen Lohnsenkungen sowie der Abbau der Sozialleistungen sind mitverantwortlich für den Einbruch der Nachfrage, den Verlust von Arbeitsplätzen und die weiter steigende Arbeitslosigkeit – auch und gerade unter Jugendlichen.

Um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen müssen die Spar- und Kürzungsvorgaben in den am meisten betroffenen Ländern gelockert werden und gezielte Investitionen – vor allem in Bildung und Ausbildung – vorgenommen werden.

WIR FORDERN:

  • Ein Sofortprogramm zur Jugendbeschäftigung!

Die Jugendgarantie muss umgehend umgesetzt und eine ausreichende Finanzierung sichergestellt werden. Sie darf kein leeres Versprechen bleiben! Den Worten müssen nun schnellstens Taten folgen.

  • Mittel nicht umschichten – sondern aufstocken!

Für eine solide Finanzierung der Jugendgarantie müssen zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden. Das Umschichten von Geldern aus anderen Töpfen, was später an anderer Stelle fehlt, ist keine echte Lösung, um die Jugendlichen wieder in gute Beschäftigung zu bringen.

  • Eine Taskforce zur Unterstützung für die betroffenen Länder!

Die Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds müssen für Maßnahmen zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit leichter abrufbar sein. Die am stärksten betroffenen Länder brauchen

Unterstützung bei der Beantragung und dem Einsatz der Mittel. Bei der Einrichtung dieser Taskforce ist die Beteiligung der Sozialpartner unabdingbar.

  • Eine gute Berufsausbildung braucht langfristige Konzepte statt kurzatmigen Aktionismus!

Der Austausch über gute Praxis und Erfolgskriterien dualer Ausbildungssysteme kann mittel- und langfristig sinnvoll sein. Die Anpassung an die nationalen Gegebenheiten erfordert aber Zeit und das Engagement und die Beteiligung der Sozialpartner. Wir fordern Finanzhilfen, damit Investitionen zum Aufbau neuer Systeme der dualen Ausbildungen auch unter der gegenwärtigen strikten Haushaltspolitik möglich werden.

  • Verbindliche europaweite Standards für Praktika

PraktikantInnen in Europa leisten häufig vollwertige Erwerbsarbeit. Damit ersetzen Unternehmen durch Praktika oft geplant reguläre Beschäftigung. Um den zahlreichen Missbrauch von Praktika in der Europäischen Union einzudämmen, braucht es daher verbindliche europäische und nationale Qualitätsstandards.

  • Ein Zukunfts- und Investitionsprogramm für die EU!

Jugendbeschäftigung muss langfristig und nachhaltig gefördert werden. Dazu braucht es endlich ein umfassendes Zukunfts- und Investitionsprogramm für Wirtschaft, Bildung und Infrastruktur.


Weitere Informationen zum alternativen Jugendgipfel finden Sie hier.


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