Zum heutigen Beschluss des Haushaltbegleitgesetzes erklärt Michael Sommer, DGB-Vorsitzender in Berlin
„Mit diesem Beschluss manifestiert die Bundesregierung die Schieflage in diesem Land und kürzt dramatisch zu Lasten der Ärmsten in dieser Gesellschaft, bei gleichzeitiger Schonung der Reichen und Vermögenden. Die Abschaffung der Heizkostenzuschüsse und des Elterngelds für Hartz-IV-BezieherInnen sowie die Streichung des Rentenkassenzuschusses sind Maßnahmen, mit denen Schwarz-Gelb die Schwächsten und Ärmsten drangsaliert. Wer bei der Brennelementesteuer kneift, sollte sich schämen, gleichzeitig die soziale Schieflage in diesem Land zu verschlimmern.
Die Gewerkschaften werden sich gegen diese soziale Schieflage bei der Krisenbewältigung und beim Sparpaket wehren: Klamme Kommunen, die Rente mit 67, Leiharbeit, Lohnsubvention durch Hartz IV oder auch die unsoziale Kopfpauschale zeigen ganz eindeutig, dass es nicht mehr gerecht zugeht in diesem Land. Wir brauchen jetzt die Einführung der Finanztransaktionssteuer und eine angemessene Beteiligung der Reichen und Vermögenden an der Finanzierung unseres Staates. Wir brauchen endlich Mindestlöhne, die Eindämmung der Leiharbeit und des Niedriglohnsektors.
Das Erschreckende ist, dass diese Bundesregierung die Schieflage in diesem Land gerade rücken könnte, und das selbst dann, wenn man an der aus Sicht der Gewerkschaften so falschen Logik der Schuldenbremse festhält. Denn während die Bundesregierung in ihrem Sparpaket im Juni noch davon ausging, dass sie zur Einhaltung der Schuldenbremse im Jahr 2011 rund 11,1 Milliarden Euro einsparen müsste, geht sie nun im Haushaltsgesetz davon aus, dass rund 0,31 Prozent des BIP für 2011 zur Einhaltung der Sparvorgaben aus der Schuldenbremse nötig sind, das sind rund 7,46 Milliarden Euro.
Das heißt: Allein mit der Logik der Bundesregierung argumentiert, könnte auf Einsparungen im Umfang von 3,64 Milliarden verzichtet werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, vor diesem Hintergrund ihre soziale ungerechte Politik zu korrigieren und auf die Streichung des Heizkostenzuschusses (0,1 Milliarden) zu verzichten, das Elterngeld bei ALG-II-Bezug (0,4 Milliarden) und den Zuschuss des Bundes an die Gesetzliche Rentenversicherung (2,1 Milliarden) bei ALG II zu erhalten.
Wer die Probleme in unserem Land aber ernsthaft und langfristig angehen will, muss investieren: Investieren in die Köpfe – also in Bildung und in nachhaltige und zukunftsfähige Infrastruktur und grüne Technologien. Das heißt: Es geht um mehr Geld für den Haushalt und nicht um weniger! Dieses Land hat ganz klar ein Einnahmenproblem und kein Ausgabenproblem. Unsere Berechnungen, wonach die Bundesregierung rund 70 Milliarden Euro pro Jahr mehr an Steuereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen bekommen kann, liegen auf dem Tisch.*
Diese Einnahmen zusätzlich zu erzielen, ist nicht nur nach innen zur Aufgabenerfüllung dringend notwendig. Sie sind auch nach außen ein wichtiges Zeichen internationaler Solidarität. Denn sowohl die deutsche Steuerquote (2008: 23,1 Prozent) als auch die Steuer- und Abgabenquote (2008: 36,4 Prozent) liegen im internationalen Vergleich relativ niedrig im unteren Mittelfeld. Im Bereich der Kapitalertrags- und Vermögensbesteuerung hat Deutschland international mittlerweile den zweifelhaften Ruf einer Steueroase und heizt den Steuerunterbietungswettbewerb an. Das kann sich niemand leisten – wir nicht, aber die anderen Länder schon gleich gar nicht. Das wäre ein Zukunftspaket, das den Namen wirklich verdient hätte.“
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*Erläuterung:
70 Milliarden Einnahmen kämen aus Sicht der Gewerkschaften u.a mit folgenden Maßnahmen zu Stande:
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