Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 076 - 08.12.2020
DGB-Index Gute Arbeit 2020

Mehr als Homeoffice – Mobile Arbeit in Deutschland

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland bewerten die Qualität ihrer Arbeit etwas besser als im Vorjahr. Insbesondere die Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit wird positiv wahrgenommen. Deutlich negativer werden das Einkommen und die Arbeitsbelastung bewertet. Das sind zentrale Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung zum DGB-Index Gute Arbeit 2020, der heute in Berlin vorgestellt wurde.

Mehr als ein Drittel (36 Prozent) der abhängig Beschäftigten in Deutschland arbeitet mobil, das heißt an wechselnden Arbeitsorten. Auffällig bei mobilen Beschäftigten: Es besteht ein Widerspruch zwischen einem relativ großen Einfluss auf die eigene Arbeitsgestaltung und überdurchschnittlich hohen Belastungen. Überlange Arbeitszeiten von mehr als 48 Stunden pro Woche sind bei mobilen Beschäftigten zwei- bis dreimal so häufig wie bei denen, die nicht mobil arbeiten. Mobile Beschäftigte arbeiten zudem deutlich häufiger unbezahlt für ihren Arbeitgeber und müssen auch außerhalb der Arbeitszeit oft erreichbar sein.

Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB): „Millionen Beschäftigte in Deutschland arbeiten auf ganz unterschiedliche Weise mobil: Vor Ort bei Kunden oder Patienten, auf dem Bau, auf Dienstreise oder am heimischen Schreibtisch. Leider ist dies häufig mit belastenden Arbeitsbedingungen verbunden. Einmal mehr zeigt sich: Der Arbeits- und Gesundheitsschutz muss auch bei mobiler Arbeit gelten, damit Beschäftigte vor Entgrenzung, Überlastung und gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen geschützt werden. In nur rund einem Drittel der Betriebe, die Home Office und mobile Arbeit anbieten, gibt es dazu Betriebsvereinbarungen. Dabei wissen wir, dass Mitbestimmung unerlässlich ist, wenn es darum geht, Arbeit zu gestalten und Beschäftigte ausreichend zu schützen. Das geplante „Mobile-Arbeit-Gesetz“ muss unbedingt um ein Mitbestimmungsrecht für die Einführung und Ausgestaltung von mobiler Arbeit erweitert werden. Das ist eine Voraussetzung dafür, dass mobile Arbeit tatsächlich zu besseren Arbeitsbedingungen und zu mehr Arbeitszeitsouveränität für die Beschäftigten führt.“

Francesco Grioli, Vorstandsmitglied der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE): „Von mobilen Beschäftigten wird deutlich häufiger erwartet, ständig erreichbar zu sein. Die Entgrenzung von Arbeit und Privatleben ist dadurch bei ihnen weit verbreitet. Viele haben zusätzlich Schwierigkeiten, nach der Arbeit gedanklich abzuschalten, können überdurchschnittlich oft die gesetzliche Ruhezeit nicht einhalten und verkürzen auch häufiger Erholungspausen. All das spiegelt sich im Verhältnis von Arbeit und Erholung wider: Die Arbeitszeitbelastungen mobiler Beschäftigte sind überdurchschnittlich stark. Sie müssen deshalb besser vor Entgrenzung geschützt werden. Das gelingt durch die Stärkung der Normen im Arbeitszeitgesetz: Der Achtstundentag und die elfstündige Ruhezeit sind Voraussetzung für ausreichende Erholung und Schutz der Gesundheit. Auch die Bundesregierung geht mit ihrem Gesetzentwurf den richtigen Weg, in dem sie die Arbeitgeber dazu verpflichtet, die tägliche Arbeitszeit zu erfassen. Tarifliche und betriebliche Regelungen müssen zudem klar die Zeiten der Nicht-Erreichbarkeit, die Erfassung der Arbeitszeit und den Schutz der Erholung von der Arbeit regeln.“

Frank Werneke, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di): „Mehr Angebote zur Arbeit im Homeoffice dürfen in keinem Fall dazu führen, dass Beschäftigte allein aus dem Grund, teure Büroflächen einzusparen, in die Heimarbeit gedrängt werden. Deswegen ist ein wirksames Mitbestimmungsrecht unerlässlich, um die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durchzusetzen. Dabei ist auch darauf zu achten, dass bei der Ausgestaltung eines angemessenen Arbeitsplatzes die Arbeitgeber nicht aus der Verantwortung gelassen werden. Ganz wichtig ist zudem, dass den Beschäftigten während ihrer mobilen Arbeit digitale Kommunikationsmittel zur Kontaktaufnahme mit ihren Interessenvertretungen bereitgestellt werden. Die Gewerkschaften benötigen – entsprechend zur analogen Welt – ein „digitales Zutrittsrecht“ etwa in Form eines betrieblichen Intranet-Auftritts, um mit den Beschäftigten in Kontakt treten zu können.“

Zum Index:

Mit dem DGB-Index Gute Arbeit werden seit 2007 einmal im Jahr abhängig Beschäftigte zur Qualität ihrer Arbeitsbedingungen befragt. Die Ergebnisse spiegeln die Sicht der Beschäftigten auf ihre Arbeitsbedingungen wider; auf dieser Basis beschreibt der DGB-Index Gute Arbeit die Arbeitsqualität in Deutschland. 2020 wurden bundesweit über 6.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aller Branchen, Berufe, Einkommens- und Altersgruppen, Regionen und Betriebsgrößen befragt.

Die Befragung fand im Zeitraum von Januar bis Mai 2020 statt. Die generelle Einschätzung der Arbeitsbedingungen durch die Beschäftigten hat sich im Verlauf der Befragung nicht wesentlich verändert. In der Studie zeigt sich also kein „Corona-Effekt“. Neben den jährlichen Fragen zur Arbeitsbelastung, dem Einkommen, dem Sinn der Arbeit und der Ressourcenausstattung lag der Schwerpunkt in diesem Jahr auf der mobilen Arbeit.


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