Deutscher Gewerkschaftsbund

TTIP, CETA und TiSA

22.06.2016
Freihandelsabkommen zwischen EU und Kanada

DGB fordert Regierung auf: "CETA in derzeitiger Form ablehnen"

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann und der Vorsitzende des kanadischen Gewerkschaftsbundes CLC, Hassan Yussuff, lehnen in einer gemeinsamen Erklärung die vorliegende Fassung des Freihandelsabkommens CETA zwischen der EU und Kanada ab.

Hoffmann / Yussuff

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann (l.) und der CLC-Vorsitzende Hassan Yussuff DGB/Simone M. Neumann; CLC

ZEIT ONLINE: Gewerkschaften mobilisieren gegen CETA

In der Erklärung heißt es unter anderem: "Marktzugang für ausländische Unternehmen darf sich nicht nachteilig auf die Beschäftigten auswirken! Daher fordern wir die Regierungen von Kanada und Deutschland auf, das EU-Kanada-Abkommen CETA in seiner derzeitigen Form abzulehnen" und "darauf hinzuwirken, dass die Verhandlungen zwischen Kanada und der EU wieder aufgenommen werden mit dem Ziel, CETA zu einem fairen Handelsabkommen zu machen".

Die Erklärung im Wortlaut

Gemeinsame Erklärung der Vorsitzenden des Canadian Labour Congress (CLC), Hassan Yussuff, und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, zum finalen Text des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kanada (CETA)

Angesichts des Abschlusses der Rechtsförmlichkeitsprüfung des CETA-Abkommens unterstreichen wir, die Vorsitzenden des CLC und des DGB, erneut unseren Standpunkt, dass Handelsabkommen fair gestaltet sein müssen, um den Menschen beiderseits des Atlantiks zu dienen. Marktzugang für ausländische Unternehmen darf sich nicht nachteilig auf die Beschäftigten auswirken!

Daher fordern wir die Regierungen von Kanada und Deutschland auf:

  • das EU-Kanada-Abkommen CETA in seiner derzeitigen Form abzulehnen;
  • darauf hinzuwirken, dass die Verhandlungen zwischen Kanada und der EU wieder aufgenommen werden mit dem Ziel, CETA zu einem fairen Handelsabkommen zu machen, das die Rechte der Beschäftigten und ihren Ansprüche auf gute Arbeit und ein anständiges Leben respektiert und fördert; das die Umwelt und das globale Klima schützt und das Verbraucherinteressen über Konzerninteressen stellt.

In seiner jetzigen Form erfüllt CETA nicht eine der genannten Anforderungen. Dies ist umso problematischer, weil CETA als Blaupause für das transatlantische Abkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) dient.

In unserer Position als Gewerkschaftsvorsitzende kritisieren wir besonders, dass:

  • CETA Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht ausreichend schützt. Unsere Forderungen nach einer umfangreichen Ausnahme, die öffentliche Dienstleistungen auch von den Investitionsschutzbestimmungen ausnimmt, wurden nicht erfüllt. Darüber hinaus verfolgen die Verhandlungspartner mit CETA die weitere Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte unter Anwendung der Negativliste und der Sperrklinkenklausel (ratchet clause) – Prinzipien, die den Weg für eine umfangreiche Liberalisierung zahlreicher Dienstleistungssektoren bereiten, ohne die Option, diese zukünftig wieder in die öffentliche Hand zu überführen. Dieses Vorgehen muss abgelehnt und stattdessen der Positivlistenansatz verfolgt werden, der eindeutig die Bereich definiert, deren weitere Öffnung sinnvoll ist;
  • CETA ein problematisches Investitionsschutzkapitel beinhaltet, das Investoren Sonderklagerechte gegenüber Staaten einräumt (Investment Court System – ICS). Dieses Kapitel muss gestrichen werden;
  • die Bestimmungen zum Regulierungsrecht (right to regulate) wenig Substanz haben. Der Schutz gemeinwohlorientierter Regulierungen vor Investorenklagen ist nicht ausreichend gewährleistet;
  • CETA keine effektiv umsetzbaren Regeln zum Schutz und zur Verbesserung von ArbeitnehmerInnenrechten und Beschäftigten beinhaltet und das Kapitel zu Handel und Arbeit keine Sanktionen bei Verstößen gegen ArbeitnehmerInnenrechte vorsieht;
  • CETA keine Bestimmungen bezüglich grenzüberschreitender öffentlicher Auftragsvergabe enthält, die die Einhaltung von Tarifverträgen vorschreiben oder die Auftragsvergabe an Leistungsvorgaben binden – z.B. an die Anforderung, lokale Arbeitsplätze zu schaffen. Solche Vorgaben müssen aufgenommen werden.

Die Erklärung in Englisch

Joint statement by the Presidents of the Canadian Labour Congress (CLC), Hassan Yussuff, and the German Confederation of Trade Unions (DGB), Reiner Hoffmann, on the Final Text of the EU-Canada Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA)

In the light of the legal scrubbing process of the CETA text being completed, we, the presidents of the CLC and DGB, want to again reinforce our firm believe that what people on both sides of the Atlantic need are fair trade agreements. Market access for foreign businesses must not be achieved at the detriment of workers!

We therefore call on the federal governments of our respective countries, Canada and Germany:

  • to repeal the EU-Canada Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) as it currently stands;
  • to work for the resumption of negotiations between Canada and the EU, aiming at transforming CETA into a fair trade agreement that fully respects and promotes the rights of workers and their aspirations to decent work and decent lives; protecting the environment and the global climate, and which puts the interests of consumers before those of corporations.

In its current scope, CETA does not comply with any of the above, on the contrary. CETA is all the more important since it serves as a blueprint for the Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) between the US and the EU.

We trade union leaders are particularly concerned that:

  • CETA does not adequately protect public services. Our demands for including a comprehensive exemption that excludes public services also from investment protection rules have not been met. What is more, in the liberalization of services, CETA pursues a negative list approach and contains a ‘ratchet clause’, that both pave the way for more sectors to be liberalized without an option to return them to the public hand. This must be rejected and replaced by a positive list that clearly defines areas and sectors which are open to liberalization;
  • CETA contains a problematical chapter on investment protection as well as special rights for investors to sue states (Investment Court System - ICS), which must be scrapped;
  • the right to regulate provision in CETA has not much substance. It does not sufficiently guarantee for regulations in the public interest to be protected from investors’ complaints;
  • CETA does not include effectively enforceable rules to protect and improve the rights of workers and employees, the chapter on Trade and Labor containing no sanctions against violations of workers’ rights;
  • CETA does not include any rules on making cross-border public procurement conditional on collective bargaining agreements or performance standards such as the requirement for local job creation: such allowances should be included.

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