Deutscher Gewerkschaftsbund

Von Arbeitszeit bis Vereinbarkeit

20.05.2014
Beamtenmagazin 05/2014 - Kommentar

Elke Hannack: Verlässliche öffentliche Dienstleistungen für die Menschen – nur mit einer verlässlichen Politik!

Damit die Dienstleistungsqualität im öffentlichen Sektor stimmt, brauchen die Beschäftigten gute Arbeitsbedingungen. Doch Deregulierung und Privatisierung haben diese spürbar verschlechtert. Die Politik muss endlich gegensteuern. Ein Kommentar von Elke Hannack im Magazin für Beamtinnen und Beamte.

Teaser Elke Hannack

DGB/Simone M. Neumann

Von Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende

Die Politik sorgt sich allenthalben öffentlich darum, dass die zukünftigen Generationen nicht die Staatsschulden der heutigen erben. Aber sorgt sie sich auch, dass die zukünftigen Generationen eine gute Kinderbetreuung, Ausbildung, Gesundheitsversorgung, Sicherheit, Infrastruktur, Arbeitsschutzverwaltung, Sport- und Kulturangebote erben? Zu einer verlässlichen Kindertagesbetreuung passt nicht, dass Leiharbeiterinnen in öffentlichen Kitas eingesetzt werden, die den Kindern von einem auf den anderen Tag plötzlich wieder fehlen. Zu einer verlässlichen Gewährleistung öffentlicher Sicherheit passt nicht, dass Polizeiwachen auf dem Land abends geschlossen werden. Zu einer verlässlichen Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland passt nicht, dass Genehmigungen in Folge von Krankheitsausfällen lange auf sich warten lassen.

Zu verlässlicher öffentlich finanzierter Sozialarbeit passt nicht, dass befristete Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter im Dumpingwettbewerb selbst nicht wissen, wie sie morgen noch über die Runden kommen sollen.

Die Politik muss ihre Verantwortung wahrnehmen, verlässliche Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger zu sichern. Doch bisher existiert nicht einmal eine positive Beschreibung dessen, was die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland an öffentlichen Dienstleistungen überhaupt (noch) erwarten können und in welcher Qualität. Wir brauchen diesen Maßstab, auch für die Politik selber. Die öffentlichen Haushalte bluten aus, die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an ihre öffentlichen Dienstleisterinnen und Dienstleister bleiben mit gutem Grund hoch. Dazwischen werden die Beschäftigten im öffentlichen Sektor zerrieben. Die Zersplitterung der öffentlichen Tariflandschaft, die Föderalisierung des Dienstrechts, die Ausgliederungen und Privatisierungen, Befristungen und Leiharbeit: Der öffentliche Sektor ist geprägt von problematischen und ungleichen Beschäftigungsbedingungen.

Wir tun gut daran, uns über die Grenzen der Beschäftigtengruppen sowie die Grenzen von unmittelbarer und mittelbarer Verwaltung, ausgegliederten oder privatisierten Einrichtungen hinweg solidarisch dem Abbau der öffentlichen Dienstleistungen entgegen zu stellen. Denn längst ist klar: Die Prekarisierung am Rande des öffentlichen Sektors hat auch die „Kernbelegschaft“ des öffentlichen Dienstes getroffen, denn sie wurde durch die Drohkulisse des Outsourcing erpressbar. Und die Politik täte gut daran, Versuche zu unterlassen, die Beschäftigten im öffentlichen Sektor gegeneinander auszuspielen. Fehlende Neueinstellungen, Arbeitsverdichtung und dadurch gestiegene Krankenstände, wechselndes Leiharbeitspersonal usw.: Die Auszehrung der Beschäftigten im öffentlichen Sektor und die sinkende Qualität der Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger sind zwei Seiten derselben unrühmlichen Medaille. Das erkennen auch immer mehr Wählerinnen und Wähler.

Reihe „Zukunft öffentlicher Dienstleistungen“ Demografische Entwicklung, digitale Revolution, vielfältige Gesellschaft: Die Erwartungen der Bevölkerung an ihren öffentlichen Dienst wandeln sich. Dessen Beschäftigte stellen sich den Veränderungen. Doch das wird ihnen nicht leicht gemacht. Längst ist die öffentliche Hand kein Musterarbeitgeber mehr. Wir fragen daher ab der nächsten Ausgabe die Bundestagsfraktionen: Wie können bedarfsgerechte, verlässliche öffentliche Dienstleistungen für die Menschen sichergestellt werden? Die Antwort fällt umso schwerer, als wir nicht von dem einen öffentlichen Dienst sprechen. Deregulierungen und Privatisierungen der letzten Jahrzehnte haben Spuren hinterlassen. Zum Auftakt unserer Reihe plädiert Elke Hannack, durch den Bundeskongress bestätigte stellvertretende DGB-Vorsitzende, für einen umfassenden Blick auf die Arbeit im öffentlichen Sektor und erläutert Anforderungen des DGB an die Politik.


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  1. Digitalisierung im öffentlichen Dienst
  2. Gewalt im Dienst? Für viele Beschäftigte schon lange Alltag.
  3. Corona-Pandemie beeinflusst Kriminalität: Weniger Wohnungseinbrüche, mehr Internet-Straftaten
  4. Akuter Handlungsbedarf im öffentlichen Dienst
  5. Should I stay or should I go?
  6. Homeoffice im öffentlichen Dienst besser gestalten!
  7. Corona: Was ich als Beamt*in wissen muss
  8. „Den Gesundheitsschutz müssen wir natürlich auch im Homeoffice regeln“
  9. Wo hakt es beim Homeoffice?
  10. Bundeslaufbahnverordnung: Novellierung mit angezogener Handbremse
  11. Corona: Sonderurlaub unter Bezügefortzahlung für die Kinderbetreuung?
  12. Schichtarbeit im öffentlichen Dienst: Mindeststandards für Entlastung, Planbarkeit und Beteiligung
  13. Bund weiter mangelhaft
  14. Standards für Gute Arbeit in Wechselschichtdiensten
  15. Tagung: Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst und privatisierten Dienstleistungssektor
  16. Für Gute Arbeit im Schichtdienst
  17. Hannack: Schluss mit sachgrundlosen Befristungen!
  18. Schichtarbeit: Gegen den biologischen Rhythmus
  19. Zerrieben zwischen Idealismus und schlankem Staat
  20. Bundesbeamte: Maßnahmen gegen den steigenden Krankenstand
  21. Hoher Krankenstand: Bundes-Beschäftigte werden "aufgerieben"
  22. Bundespolizei: Verkürzter Aufstieg – verkürzte Chancen?
  23. Stellungnahme zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf für BeamtInnen
  24. Öffentlicher Dienst: Starke Belastung und hoher Krankenstand
  25. Gewerkschaften erkämpfen Praxisaufstieg in gehobenen Dienst
  26. Gesundheitsmanagement: Ministerien greifen DGB-Vorschläge auf
  27. Praxisaufstieg: Innenministerium gesprächsbereit
  28. Flüchtlingspolitik: Mehr Personal dringend erforderlich
  29. Beamte: Qualifikationen aus Berufspraxis anerkennen!
  30. Ernstes Problem: Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst
  31. Was gibt´s Neues im Urlaubsrecht?
  32. Familienpflege: Was gilt wo für Beamtinnen und Beamte?
  33. Spitzengespräch des DGB mit Bundesinnenminister de Maizière
  34. Whistleblowing: Risiko für Beamte
  35. Bund und Länder: Befristungen nehmen zu
  36. Beschäftigte im öffentlichen Sektor: Gleich wichtig – ungleich behandelt
  37. Elke Hannack: Verlässliche öffentliche Dienstleistungen für die Menschen – nur mit einer verlässlichen Politik!
  38. Bundesverwaltung: Personalabbau und steigender Krankenstand
  39. Öffentlicher Dienst: Gute Arbeit trotz Schuldenbremse?
  40. Demografischer Wandel im öffentlichen Dienst: Befristungsquote verringern, Leistung sichern
  41. Demografiestrategie im öffentlichen Dienst: Am Sparzwang orientiert
  42. Öffentlicher Dienst: Fachkräfte sichern
  43. Fragen und Antworten zum Streikrecht für Beamte
  44. Krankenstand in der Bundesverwaltung auf Rekordhoch
  45. Der öffentliche Dienst: Kein Musterarbeitgeber
  46. Index Gute Arbeit: Sonderauswertung Öffentlicher Dienst 2011
  47. Gemeinsame Initiative zur Förderung des Gesundheitsmanagements in der Bundesverwaltung
  48. Schöneberger Forum: Reiche sollen zahlen
  49. Öffentlicher Dienst: Sparen um jeden Preis ist nicht akzeptabel
  50. Sparpolitik im öffentlichen Dienst führt in die Bredouille
  51. Preis für Personalräte mit Einsatz und Köpfchen
  52. DGB: Personellen Kahlschlag im öffentlichen Dienst verhindern!
  53. DGB-Stellungnahme zum Gesetzentwurf Familienpflegezeit und flexiblerer Ruhestand für Beamte des Bundes vom 1.12.2012

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