Neben dem gesetzlichen Mindestlohn gibt es etliche Branchenmindestlöhne. Ein Branchenmindestlohn wird von Gewerkschaften und Arbeitgebern in einem Tarifvertrag ausgehandelt und von der Politik für allgemein verbindlich erklärt. Wir geben eine Übersicht über alle Branchenmindestlöhne 2021 und beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema Branchenmindestlohn.
Wie hoch sind die Branchenmindestlöhne 2021?
Branchenmindestlöhne gelten für alle Betriebe der Branche – auch für die, die nicht tarifgebunden sind. Aktuelle Branchenmindestlöhne im Überblick:
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Ein Branchenmindestlohn ist eine verbindliche unterste Lohngrenze für eine Branche, die in Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelt und anschließend für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Das Ergebnis der Tarifverhandlungen (also der entsprechende Tarifvertrag) kann durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemeinsam mit einem Ausschuss aus Gewerkschafts- und Arbeitgebervertretern für allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn dies die Tarifvertragsparteien (also Gewerkschaften und Arbeitgeber) gemeinsam beantragt haben.
Durch diese so genannte Allgemeinverbindlicherklärung gilt der Tarifvertrag mit dem Branchenmindestlohn nicht nur in Unternehmen, die Mitglieder des Arbeitgeberverbandes sind, der den Tarifvertrag abgeschlossen hat. Ein allgemeinverbindlicher Branchenmindestlohn gilt für alle Beschäftigten in der entsprechenden Branche - ganz gleich, ob ihr Arbeitgeber einen Tarifvertrag abgeschlossen hat und tarifgebunden ist.
Der gesetzliche Mindestlohn wird in Deutschland durch das Mindestlohngesetz geregelt. Es ist ein allgemeiner, flächendeckender, gesetzlicher Mindestlohn und gilt als unterste Lohngrenze für alle Beschäftigten in Deutschland (mit bestimmten Ausnahmen; die Ausnahmen sind hier erklärt). Ein Branchenmindestlohn gilt nur für die Beschäftigten einer bestimmten Branche, für die er für allgemeinverbindlich erklärt wurde.
Wenn ein Branchenmindestlohn höher ist als der gesetzliche Mindestlohn, gilt für die Beschäftigten dieser entsprechenden Branche der Branchenmindestlohn. Kein Arbeitgeber dieser Branche darf in diesem Fall den allgemeinverbindlichen Branchenmindestlohn mit Hinweis auf den (niedrigeren) gesetzlichen Mindestlohn kürzen.
Nein. Die Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn (zum Beispiel für minderjährige Beschäftigte oder Langzeitarbeitslose) gelten nur für den vom Gesetzgeber beschlossenen Mindestlohn. Der gesetzliche Mindestlohn und die tariflich ausgehandelten Branchenmindestlöhne sind zwei Paar Schuhe. Was von den Tarifpartnern in den Branchenmindestlöhnen ausgehandelt wurde, hat auch weiterhin Bestand – unabhängig davon, welche Ausnahmen es für den gesetzlichen Mindestlohn gibt.
Selbstverständlich. Ein Branchenmindestlohn ist lediglich die in einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag festgelegte unterste Lohngrenze / unterste Lohngruppe. In der Regel sehen die Tarifverträge für eine Branche (z.B. je nach Qualifikation und Tätigkeit) weitere, höhere Lohngruppen/Entgeltgruppen vor. Wer die Voraussetzungen für diese höheren Lohngruppen/Entgeltgruppen erfüllt, der/dem stehen nach dem Tarifvertrag in der Regel auch diese höheren Löhne/Entgelte zu.
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Der Branchenmindestlohn in der Abfallwirtschaft gilt zum Beispiel für "Müllmänner" und "Müllfrauen", die Müllwerker bzw. Müllwerkerinnen der Müllabuhr, in der Abfallwirtschaft.
Für die rund 175.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt seit dem 1. Oktober 2020 ein allgemeinverbindlicher Tariflohn von mindestens 10,25 pro Stunde.
Im Oktober 2021 steigt der Branchenmindestlohn in der Abfallwirtschaft auf 10,45 Euro.
Der Branchenmindestlohn für die Berufliche Aus- und Weiterbildung beträgt im Jahr 2021 16,68 Euro pro Stunde für Pädagogische Mitarbeiter/innen, bzw. 17,02 Euro für Pädagogische Mitarbeiter/innen mit Bachelorabschluss. 2020 betrug der Branchenmindestlohn 16,19 Euro, bzw. 16,39 Euro.
Der Branchenmindestlohn für das Bauhauptgewerbe beträgt seit 1. Januar 2021 bundesweit 12,85 Euro pro Stunde für "Werker" (Lohngruppe 1). Für "Fachwerker" in Berlin gilt ein Branchenmindestlohn von 15,55 Euro pro Stunde und in den westdeutschen Bundesländern gilt ein Branchenmindestlohn für "Fachwerker" von 15,70 Euro pro Stunde (Lohngruppe 2).
Im Bauhauptgewerbe gibt es eine Branchenmindestlohn für die Lohngruppe 1 ("Mindestlohn 1", Mindestlohn für Werker/Hilfsarbeiter am Bau). Dieser gilt bundesweit in Ostdeutschland und Westdeutschland.
Außerdem gibt es im Bauhauptgewerbe einen Branchenmindestlohn für die Lohngruppe 2 ("Mindestlohn 2", Mindestlohn für Fachwerker/Facharbeiter am Bau). Diesen gibt es lediglich in Berlin und den westdeutschen Bundesländern.
Das bedeutet: Der Branchenmindestlohn im Bauhauptgewerbe kann je nach Tätigkeit unterschiedlich hoch sein. Für die Lohngruppe 1 gilt ein anderer (niedrigerer) Branchenmindestloh als für die Lohngruppe 2 (die es so nur in Berlin und den Westdeutschen Bundesländern gibt und in Berlin niedriger liegt als in den übrigen westdeutschen Bundesländern).
Die Lohngruppe 1 und die Lohngruppe 2 im Bauhauptgewerbe sind im Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) definiert.
In Lohngruppe 1 sind demnach Beschäftigte im Bauhauptgewerbe, die
durchführen. Für Tätigkeiten der Lohngruppe 1 ist keine besondere Qualifikation ("keine Regelqualifikation") erforderlich. Als Beispiele für Tätigkeiten der Lohngruppe 1 nennt der BRTV unter anderem: Sortieren und Lagern von Baustoffen auf der Baustelle, Pflege und Instandhaltung von Arbeitsmitteln, Reinigungs- und Aufräumarbeiten, Mischen von Mörtel und Beton, Bedienen von einfachen Geräten (z. B. Kompressor, handgeführte Bohr- und Schlaghämmer, Verdichtungsmaschinen -Rüttler-, Presslufthammer) einschließlich einfacher Wartungs- und Pflegearbeiten, Helfen beim Einrichten/Sichern/Räumen von Baustellen, manuelle Erdarbeiten, manuelles Graben von Rohr- und Kabelgräben.
In Lohngruppe 2 ("Fachwerker/Maschinisten/Kraftfahrer") sind nach BRTV Beschäftigte im Bauhauptgewerbe, die
durchführen. Für Tätigkeiten der Lohngruppe 2 ist im Gegensatz zu Lohngruppe 1 eine "Regelqualifikation" erforderlich (laut BRTV eine der folgenden Qualifikationen: baugewerbliche Stufenausbildung in der ersten Stufe, anerkannte Ausbildung als Maler und Lackierer, Garten- und Landschaftsbauer, Tischler, anerkannte Ausbildung, deren Berufsbild keine Anwendung für eine baugewerbliche Tätigkeit findet, Baumaschinistenlehrgang, anderweitig erworbene gleichwertige Fertigkeiten.
Der Branchenmindestlohn im Dachdeckerhandwerk beträgt im Jahr 2021 12,60 Euro pro Stunde für ungelernte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, bzw. 14,10 Euro für Gesellinnen und Gesellen.
Von Februar 2020 bis Dezember 2020 betrugen die Branchenmindestlöhne im Dachdeckerhandwerk 12,40 Euro (Ungelernte), bzw. 13,60 Euro (Gesellinnen und Gesellen).
Der Branchenmindestlohn im Elektrohandwerk beträgt für alle Beschäftigten (soweit sie elektrotechnische und informationstechnische Tätigkeiten ausüben) im Jahr 2021 12,40 Euro. Zu diesen Tätigkeiten können z.B. gehören: Elektronikerinnen und Elektroniker für Energie und Gebäudetechnik, Elektronikerinnen und Elektroniker für Informations- und Telekommunikationstechnik, Elektronikerinnen und Elektroniker für Maschinen und Antriebstechnik, Elektronikerinnen und Elektroniker Automatisierungstechnik, Geräte- und Systemtechnik, Bürosystemtechnik sowie Systemelektronikerinnen und Systemelektroniker.
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Für die rund 700.000 Gebäudereinigerinnen und Gebäudereiniger galt ab dem 1. Januar 2020 für die Innen- und Unterhaltsreinigung einen Branchenmindestlohn von mindestens 10,80 Euro (West und Berlin), bzw. 10,55 Euro (Ost; der Branchenmindestlohn Ost für Innen- und Unterhaltsreinigung stieg im Dezember 2020 auf 10,80 Euro). Für die Glas- und Fassadenreinigung gab es im Jahr 2020 mindestens 14,10 Euro (West und Berlin), bzw. 13,50 (Ost; der Branchenmindestlohn Ost für Glas- und Fassadenreinigung stieg im Dezember 2020 auf 14,10 Euro).
Ab Dezember 2020 galten damit das erste Mal in Westdeutschland und in Ostdeutschland in der Gebäudereinigung der gleichen Mindestlöhne.
Ab Januar 2021 soll der Branchenmindestlohn in der Gebäudereinigung 11,11 Euro pro Stunde betragen, ab 2022 dann 11,55 Euro und ab 2023 dann 12,00 Euro pro Stunde. Das war im November 2020 das Ergebnis der Tarifverhandlungen für die Gebäudereinigung (mehr Informationen bei der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt IG BAU).
Dazu gehören z.B. die Geld- und Werttransporteure, die Mitarbeiterinnen und Mitarbier im Kurier- und Belegtransport und der Gelbearbeitung sowie Geldzählerinnen und Geldzähler.
Der Branchenmindestlohn für die Geld- und Wertdienste betrug im Jahr 2020 je nach Bundesland zwischen 12,16 Euro pro Stunde und 15,03 Euro für Geldbearbeitung, bzw. je nach Bundesland zwischen 14,42 Euro und 18,00 Euro für Geld- und Werttransport. Die Daten für 2021 werden wir sobald wie möglich veröffentlichen.
Der Branchenmindestlohn für das Gerüstbauerhandwerk beträgt von August 2020 bis inklusive September 2021 12,20 pro Stunde.*
Der Branchenmindestlohn im Maler- und Lackiererhandwerk beträgt von Mai 2020 bis inklusive April 2021 11,10 Euro für ungelernte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, bzw. 13,50 Euro für Gesellinnen und Gesellen.
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Der Branchenmindestlohn in der Pflegebranche unterscheidet sich nach Tätigkeit/Ausbildung und bei ungelernten Beschäftigten sowie Pflegekräften mit mindestens 1-jähriger Ausbildung zumindest bis September 2021 noch nach West- und Ostdeutschland:
In Westdeutschland und in Berlin betragen die Branchenmindestlöhne in der Pflege:
In Ostdeutschland (ohne Berlin) betragen die Branchenmindestlöhne in der Pflege:
Im Jahr 2020 betrug der Branchenmindestlohn im Schornsteinfegerhandwerk 13,20 pro Stunde. Die Daten für 2021 werden wir sobald wie möglich veröffentlichen.
Der Branchenmindestlohn im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk beträgt bis inklusive April 2021 12,20 Euro pro Stunde. Weitere Daten für 2021 werden wir sobald wie möglich veröffentlichen.
Quelle der Daten: WSI-Tarifarchiv
Alle Angaben ohne Gewähr.
*Allgemeinverbindlichkeit noch nicht erteilt.