DGB/Simone M. Neumann
Sind Sie von den Mindestlohn-Ausnahmen betroffen? Gibt's den Mindestlohn auch für einen Minijob oder ein Ehrenamt? Was passiert, wenn der Chef den Mindestlohn nicht zahlt? Wer kontrolliert das überhaupt? Wir beantworten die häufigsten und wichtigsten Fragen.
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Der Mindestlohn gilt auch für Arbeitsverhältnisse in Vereinen, sofern die beschäftigten Personen nicht unter eine der Ausnahmeregelungen fallen oder es sich um ehrenamtliche Tätigkeit handelt. Das Ehrenamt ist vom Mindestlohn nicht erfasst (siehe Frage: Erhalte ich bei ehrenamtlicher Tätigkeit Mindestlohn?). Vielfach meldeten sich Sportvereine zu Wort, die sich Sorgen machen, was die Einführung des Mindestlohns nun für ihre Angestelltenverhältnisse, etwa von Fußballspielern, bedeutet. Ein anderes Bespiel sind Tierheime, die neben Ehrenamtlichen auch geringfügig Beschäftigte haben.
Vereine sind ein wichtiger Teil zivilgesellschaftlichen Engagements. Bürgerinnen und Bürger können sich hier aktiv in die Gestaltung gesellschaftlichen Zusammenlebens einbringen. Vereine tragen sich zu weiten Teilen durch ehrenamtliche Tätigkeiten, die vom Mindestlohn ausgenommen sind. Dass sich für viele mit Einführung des Mindestlohns die Frage nach der Finanzierung von Angestellten neu stellt, ist nachvollziehbar. Ist ihre finanzielle Ausstattung doch mit erheblicher Unsicherheit verbunden. Jedoch ist auch geringfügige Beschäftigung (Minijob) ein ganz normales Arbeitsverhältnis, das nur im Hinblick auf die Sozialabgaben privilegiert ist. Angestellte in Vereinen dürfen deshalb arbeitsrechtlich nicht anders behandelt werden als andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Auch für Wartezeiten für das Be- und Entladen des LKW, für den Zugang zum Werksgelände eines zu beliefernden Kunden oder für das Tanken, Fahrzeugkontrollen oder Wartungsarbeiten ist der Mindestlohn zu zahlen. Diese Zeiten sind keine Pausen, da der Fahrer verfügbar sein muss. Er behält die Verantwortung für das Fahrzeug und die Ladung. Er kann sich nicht frei bewegen bzw. seinen Aufenthaltsort frei wählen.
Das Mindestlohngesetz gilt für jede Arbeitnehmerin und jeden Arbeitnehmer. Vom Mindestlohn werden diejenigen erfasst, die aufgrund von privatrechtlichen Verträgen für einen Anderen in persönlicher Abhängigkeit gegen Entgelt tätig werden. Dies gilt auch für Leiharbeitskräfte. Also sind in Deutschland auch nur vorübergehend beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Ausland anspruchsberechtigt. Darauf, ob der Sitz des Arbeitgebers im In- oder Ausland liegt, kommt es nicht an. Eine Ausnahme hat das Ministerium nur für ArbeitnehmerInnen vorgesehen, die Deutschland nur durchqueren, um in einem anderen Land Fracht zu entladen.
Beschäftigte, die befristet in einer Saison zum Beispiel im Hotel und Gaststättengewerbe oder in der Landwirtschaft arbeiten, erhalten den Mindestlohn. Allerdings gibt es fürdie Land- und Forstwirtschaft, den Gartenbau einen Tarifvertrag, der noch bis Oktober 2017 8,60 Euro vorsieht und ab November 2017 9,10 Euro beträgt und damit den Mindestlohn überschreitet.
Wenn diese Beschäftigung weniger als 70 Tage im Jahr ausgeübt wird, muss für diese Tätigkeit keine Sozialversicherung gezahlt werden. Dies gilt aber nur, wenn die Beschäftigung nur gelegentlich und nicht berufsmäßig ausgeübt wird oder das Entgelt 450 Euro im Monat nicht übersteigt. Das heißt, diese Tätigkeit darf nicht für die Sicherung des Lebensunterhaltes bestimmend sein. Deswegen können z.B. Personen, die arbeitslos sind, diese Ausnahme nicht in Anspruch nehmen. Die 70-Tage-Regelung gilt nur bis Ende 2018, danach gilt wieder die Begrenzung auf 50 Tage.
Da weder Arbeitgeber noch Beschäftigte nach dieser 70-Tage-Regelung die Sozialversicherungsbeiträge zahlen, stellt sich die Frage, wer die soziale Sicherung übernimmt. Es sollte in jedem Fall sichergestellt sein, dass eine Krankenversicherung besteht. Diese Frage muss ggf. mit dem Arbeitgeber geklärt werden. Eine Unfallversicherung besteht jedoch nach dem SGB VII.
Zudem können Arbeitgeber Kosten für Essen und Unterkunft in angemessenem Rahmen vom Mindestlohn abziehen. Was „angemessen“ genau bedeutet, soll durch die zuständigen Bundesministerien auf der Grundlage von § 107 Gewerbeordnung und der Sozialversicherungsentgeltverordnung noch näher geregelt werden.
Ja, alle Beschäftigte, die in Deutschland arbeiten, haben ab 2017 grundsätzlich Anspruch auf den Mindestlohn von 8,84 Euro. Das gilt auch, wenn die Beschäftigten oder ihre Unternehmen, bei denen sie angestellt sind, aus dem Ausland kommen.
Ja, auch Volljährige mit geringfügiger Beschäftigung (bis zu 450 Euro im Monat) haben Anspruch auf 8,84 Euro pro Stunde. Wenn Beschäftigte sich von der Versicherungsplicht haben freistellen lassen, wird das Gehalt bei Minijobbern ohne Abzüge (brutto gleich netto) ausgezahlt.
Minijobber mit Mindestlohn müssen ab 2017 pro Monat höchstens 50,90 Stunden arbeiten. Mehr Infos in unserer Arbeitszeit-Tabelle für den Minijob für 2016 und 2017.
Das gilt auch bei einem höheren Stundenlohn als 8,84 Euro. Die Sozialversicherungsbeiträge und die pauschale Steuer trägt der Arbeitgeber. Dies ist gesetzlich eindeutig geregelt und gilt auch dann, wenn die Minijobber netto ein höheres Entgelt haben als die übrigen Beschäftigten, die Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Den Sozialversicherungsbeiträgen stehen Leistungen entgegen, die die Minijobber nicht erhalten. Deswegen ist in diesem Fall die Ungleichbehandlung gerechtfertigt.
Beschäftigte, die sich nicht von der Rentenversicherungspflicht haben befreien lassen, zahlen einen Beitragsanteil von 3,7 Prozent bzw. 13,7 Prozent (bei Minijobs in Privathaushalten) von ihrem Einkommen.
Minijobber dürfen also in Zukunft maximal 50,9 Stunden im Monat arbeiten. Wenn sie länger arbeiten, wird die Beschäftigung sozialversicherungspflichtig. Die Sonderbestimmungen zu Minijobs entfallen. Auch so genannte Kleinunternehmer (die im Rahmen der Steuergesetze von der Zahlung der Umsatzsteuer befreit sind) müssen ihren Beschäftigten Mindestlohn zahlen.
Ja, alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten haben Anspruch auf Mindestlohn. Anders sieht es natürlich bei Selbstständigen aus – egal in welcher Branche.
Ja, der Mindestlohn wird nicht nach Regionen differenziert.
Nein, auch sie erhalten mindestens 8,84 Euro pro Stunde.
Ja, er gilt grundsätzlich für alle ArbeitnehmerInnen. Für Kirchen gibt es keine Ausnahmen.
In der Regel sind Tagesmütter selbstständig, also keine sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmerinnen. Hier gilt der Mindestlohn nicht.
Selbstverständlich müssen sich auch Tankstellenbetreiber an das Mindestlohngesetz halten. Der Mindestlohn gilt grundsätzlich für alle ArbeitnehmerInnen, also auch für Sie. Es gibt zum Beispiel keine Ausnahmen für Mini-Jobber.
ZeitarbeiterInnen der unstersten Entgeltgruppe haben Anspruch auf den Mindestlohn nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Er beträgt im Westen derzeit 9,23 Euro pro Stunde und im Osten (einschließlich Berlin) 8,91 Euro.Ab April 2018 steigt er im Westen auf 9,49 und im Osten auf 9,27 Euro pro Stunde.
Ab Januar 2017 erhalten alle Beschäftigten grundsätzlich mindestens 8,84 Euro brutto pro Stunde. Es gelten jedoch Übergangsfristen für manche Branchen bis Ende 2017. In Branchen, für die Übergangs-Tarifverträge gelten, müssen ab dem 1.1.2017 ebenfalls 8,50 Euro gezahlt werden.
Zu beachten ist, dass für tarifgebundene Arbeitgeber und Beschäftigte die tarifvertraglichen Entgeltregelungen vorgehen, sofern sie ein höheres Entgelt als 8,84 € vorsehen.
Auch im Urlaub haben Beschäftige Anspruch auf ihren vollen Lohn. Dabei darf der Mindestlohn – wie auch an Feiertagen und bei Krankheit – nicht unterschritten werden. Entsprechende vertragliche Regelungen sind ungültig, hat jetzt das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Keine Bezahlung unter dem Mindestlohn – dieser Grundsatz gilt auch für die Lohnfortzahlung während des gesetzlichen Jahresurlaubs. Die Bezahlung für die freien Tage berechnet sich dabei laut Bundesurlaubsgesetz nach dem durchschnittlichen Gehalt der letzten 13 Wochen.
BAG: Vertragliche Regelungen ungültig
Auch per Vertrag kann der Arbeitgeber für Urlaub, gesetzliche Feiertage und Krankheit keine Bezahlung unter dem Mindestlohn vereinbaren. In einem Urteil vom Mai 2015 verweist das Bundesarbeitsgericht dabei auf das Entgeltfortzahlungsgesetz: Demnach muss eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer für Feiertage und Krankheit das Arbeitsentgelt erhalten, das ohne den Arbeitsausfall gezahlt worden wäre. Beim Anspruch für das Urlaubsentgelt kommt das BAG zum gleichen Schluss: Auch hier gelte für die Berechnung des Entgeltes das Durchschnittsgehalt der vergangenen 13-Wochen (BAG-Urteil vom 13.05.2015, Aktenzeichen 10 AZR 191/14). In der Entscheidung des BAG ging es um den Branchenmindestlohn in der Weiterbildung, das Urteil lässt sich jedoch grundsätzlich auf den allgemeinen Mindestlohn übertragen.
Urlaubsgeld darf nicht angerechnet werden
Urlaubsgeld ist eine Sonderleistung, die zusätzlich zum Gehalt bezahlt wird und darf deshalb nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden. Denn das Urlaubsgeld ist keine Entlohnung für geleistete Arbeit. Sie soll Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Kosten für den Urlaub ausgleichen und sie damit bei unterstützen, ihre Arbeitskraft wiederherzustellen.
Während einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben, deren Kosten durch einen Sozialleistungsträger übernommen werden, befindet sich der Leistungsempfänger nicht in einem Beschäftigungsverhältnis. Ein Anspruch auf den Mindestlohn besteht während dieser Förderungsmaßnahme nicht.
Praktikanten sind grundsätzlich anspruchsberechtigt. Ausnahmen bestehen, wenn es sich um ein Pflichtpraktikum aufgrund (hoch-)schulrechtlicher Vorschriften handelt oder freiwillig zur Orientierung für eine Berufsausbildung aufgenommen wird. Hierbei muss das Praktikum allerdings auf höchstens 3 Monate angelegt sein. Wird von vornherein eine längere Praktikumszeit vereinbart, dürfte ab dem ersten Tag des Praktikums der Mindestlohn geschuldet sein. Der Ausschluss für sechs Monate vom Mindestlohn für Langzeitarbeitslose greift, wenn unmittelbar vor dem Beschäftigungsbeginn eine Arbeitslosigkeit von mindestens einem Jahr vorliegt.
Grundsätzlich haben Arbeitslose ab dem ersten Tag des beruflichen Wiedereinstiegs Anspruch auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns. Für so genannte Langzeitarbeitslose beinhaltet das Mindestlohngesetz einen zeitlich befristeten Ausschluss vom Mindestlohn. Für die ersten sechs Monate nach Aufnahme der Tätigkeit besteht eine Ausnahme von der Vergütungspflicht von 8,84 EUR für jede Zeitstunde. Voraussetzung für diese Ausnahme ist, dass die Beschäftigten ein Jahr oder länger arbeitslos sind. Die Jahresfrist beginnt mit dem Tag der Arbeitslosmeldung und muss in der Regel ununterbrochen vorliegen. Das bedeutet, dass bei jeder Unterbrechung der Jahresfrist – und sei es nur ein Tag der Beschäftigung – diese neu beginnt. Sobald eine Beschäftigung vor Ablauf der Jahresfrist aufgenommen wird, ist der Mindestlohn zu zahlen.
Der Gesetzgeber hat eine Ausnahme für ZeitungszustellerInnen festgelegt. Sie hatten ab 1. Januar 2015 mindestens Anspruch auf 75 Prozent des Mindestlohns (6,38 Euro), ab 1. Januar 2016 auf 85 Prozent von 8,50 Euro (7,23 Euro). In 2017 haben sie Anspruch auf mindestens 8,50 Euro pro Stunde.
Erst ab 2018 bekommen die ZeitungszustellerInnen den Mindestlohn, der von der Mindestlohnkommission beschlossen und von der Regierung der Rechtsverordnung in Kraft gesetztwurde, also 8,84 Euro.
Gerade ZeitungszustellerInnen werden häufig nach Stücklohn bezahlt. Dieser muss so gestaltet sein, dass pro Stunde mindestens der Mindestlohn erreicht wird. Dafür müssen die Arbeitgeber eine angemessene Anzahl der ausgetragenen Zeitungen pro Stunde definieren.
Vielfach wird (z.B. in Vereinen) Personen, die sich stark engagieren, über den Minijob eine Vergütung ausgezahlt. In diesem Fall handelt es sich nicht mehr um ehrenamtliche Arbeit, sondern ein Minijob ist Erwerbsarbeit. Deswegen muss bei einem Minijob der Mindestlohn gezahlt werden, wenn nicht andere Ausnahmen vom Mindestlohn gelten. Das ist so lange kein Problem, wie die Arbeitszeit 50,9 Stunden im Monat nicht überschreitet. In diesem Fall kann der Mindestlohn gezahlt werden, ohne dass die Minijobgrenze überschritten wird.
Allerdings gibt es für Vereine zahlreiche Möglichkeiten ehrenamtlich tätigen Personen eine Vergütung für ihren Aufwand zukommen zu lassen. So ist z.B. die Erstattung von tatsächlichen Auslagen von der Steuer befreit.
Der Aufwand kann auch pauschal erstattet werden. Gemäß § 3 Nr. 26 a EStG gibt es einen Steuerfreibetrag von 2400 Euro im Jahr, wenn es sich um Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit handelt, die im gemeinnützigen, kirchlichen oder mildtätigen Bereich liegt. Es handelt sich hierbei um eine Pauschale für Aufwendungen, die mit dem Ehrenamt verbunden sind. Alle Betriebsausgaben und Werbungskosten sollen unter diesen Tatbestand fallen. Von dieser Regelung können etwa Vereinsvorsitzende, Kassenprüfer oder andere Personen, die in einem gemeinnützigen Verein tätig sind, profitieren.
Anders als bei unseren europäischen Nachbarn, wo prozentuale Abstufungen für einen Jugendmindestlohn gelten, sind Minderjährige in Deutschland komplett vom Mindestlohn ausgenommen.
Auch für Auszubildende, junge Leute in Einstiegsqualifizierungen (egal, ob öffentlich gefördert oder tariflich vereinbart) oder Pflichtpraktikanten im Rahmen einer Ausbildung oder eines Studiums gilt der Mindestlohn nicht, da es sich hierbei um ein Bildungs- und kein Arbeitsverhältnis handelt. Azubis erhalten tariflich ausgehandelte Ausbildungsvergütungen. Auch wenn ein Auszubildender über 18 Jahre alt sein sollte, besteht im Ausbildungsverhältnis kein Anspruch auf Mindestlohn, wohl aber für einen Nebenjob.
Menschen, die ein freiwilliges Orientierungs-Praktikum machen (vor Ausbildung oder Studium) haben einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, wenn deren Praktikum länger als drei Monate dauert – und zwar vom ersten Tag des Praktikums an. Vom Mindestlohn nicht erfasst sind dagegen freiwillige Orientierungs-Praktika bis zu einer Dauer von drei Monaten sowie Pflichtpraktika im Rahmen eines Studiums oder einer Ausbildung. Für alle Praktika gilt aber, dass die Vertragsinhalte vom Arbeitgeber schriftlich mitgeteilt werden müssen, insbesondere die Lern- und Ausbildungsziele.
Langzeitarbeitslose, die seit mindestens einem Jahr bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet sind, haben erst sechs Monate nach Wiederaufnahme einer Tätigkeit das Recht auf einen Mindestlohn. Auch diese Regelung hat der DGB von Anfang an kritisiert, weil Drehtüreffekte zu befürchten sind: Nach dem Motto von Heuern und Feuern könnten Arbeitgeber alle sechs Monate einen neuen Langzeitarbeitslosen einstellen, um so die Zahlung des Mindestlohns zu vermeiden.
In den ersten sechs Monaten der Beschäftigung sind Langzeitarbeitslose vom Anspruch auf Zahlung eines Mindestlohnes ausgenommen. Dies haben die Gewerkschaften scharf kritisiert. In der Praxis ergeben sich viele Probleme.
Langzeitarbeitslos ist, wer unmittelbar vor Beginn der Arbeitsaufnahme mindestens ein Jahr ununterbrochen arbeitslos gemeldet ist. Zeiten bis zu sechs Wochen aufgrund einer Krankheit oder der Teilnahme an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (nach § 45 SGB III) unterbrechen die Arbeitslosigkeit nicht. Aufgrund des Verweises auf die Regelungen des SGB III gilt: Langzeitarbeitslos ist nur, wer bei einer deutschen Arbeitsagentur oder dem Jobcenter durch persönliche Meldung arbeitslos gemeldet ist. Aber Achtung: Hartz-IV-Leistungen kann man unter bestimmen Voraussetzungen auch erhalten, ohne formal arbeitslos zu sein. Diese Zeiten zählen dann nicht bei der Berechnung der Langzeitarbeitslosigkeit.
Langzeitarbeitslose müssen nicht jeden niedrigen Lohn akzeptieren. Auch hier gilt, der Lohn darf nicht sittenwidrig sein. Die Gerichte haben bisher angenommen, dass dies der Fall ist, wenn der Lohn zwei Drittel unter dem Tariflohn liegt. Das wären in diesem Fall 5,89 Euro. Diese Auffassung wird auch von den Arbeitsagenturen und Jobcentern übernommen. Von Seiten der Gewerkschaften gibt es Zweifel, ob diese niedrige Grenze tatsächlich gerechtfertigt ist. Hier muss eine weitere Klärung abgewartet werden. Ein Stundenlohn unter 5,89 Euro muss nicht akzeptiert werden. Bei einer Ablehnung dieses Stellenangebotes darf auch keine Sanktion verhängt werden.
Achtung: In 12 Branchen gibt es tarifliche Mindestlöhne, die zum Teil deutlich höher liegen, als der gesetzliche Mindestlohn. (z.B. Baugewerbe, Pflege, Fleischindustrie, Leiharbeit). Diese Löhne gelten auch für Langzeitarbeitslose.
Für welche Branchen dies zutrifft, finden Sie im Artikel "Branchen-Mindestlöhne im Überblick".
Kein Arbeitnehmer ist verpflichtet, von sich aus das Bestehen der Langzeitarbeitslosigkeit gegenüber dem Arbeitgeber offen zu legen. Bei Verhandlungen mit dem Arbeitgeber sollten deswegen zunächst mit Verweis auf den Mindestlohn 8,84 Euro gefordert werden.
Auch die Arbeitsagenturen dürfen nicht ohne Zustimmung des Arbeitnehmers den Status der Langzeitarbeitslosigkeit gegenüber dem potentiellen Arbeitgeber darlegen. Der Arbeitgeber kann ohne Zustimmung des Arbeitnehmers keine Bescheinigung von der Arbeitsagentur anfordern.
Allerdings kann sich z.B. aus dem Lebenslauf oder auf Nachfrage des Arbeitgebers ergeben, dass die Langzeitarbeitslosigkeit bekannt wird. In diesem Fall ist der Arbeitgeber – aber nur in den ersten sechs Monaten – nicht verpflichtet, den Mindestlohn zu zahlen.
Wenn der Arbeitgeber darauf besteht, dass eine Bescheinigung der Arbeitsagentur oder des Jobcenters vorlegt wird, kann der/die Arbeitssuchende diese anfordern und an den Arbeitgeber aushändigen. Dies dient der Rechtssicherheit, falls eine Überprüfung durch den Zoll oder die Rentenversicherung stattfindet. Die Bescheinigung wird nur dann ausgestellt, wenn eine Arbeitsaufnahme konkret bevorsteht. Die Bescheinigung wird also nicht „auf Vorrat“ ausgestellt und es gibt keinen Massenversand an alle Arbeitslosen, die länger als ein Jahr arbeitssuchend sind.
Die Arbeitsagentur kann Langzeitarbeitslose an Arbeitgeber vermitteln, die einen niedrigeren Lohn zahlen als den Mindestlohn. Bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit (also 5,89 Euro) ist dieser Lohn zumutbar. Das bedeutet, wenn Arbeitssuchende das Stellenangebot ablehnen, können Sanktionen (Leistungskürzungen) verhängt werden.
Außerdem wurde durch den Gesetzgeber klargestellt, dass:
Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle freiwilligen Praktika, die nach einem Studienabschluss oder nach einer Berufsausbildung geleistet werden.
Außerdem wurden Praktika im Gesetz das erste Mal außerhalb des Berufsbildungsgesetzes definiert:
„Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.“
Damit wurde der Lerncharakter eines Praktikums betont und es wird die Möglichkeit von Missbrauch eingegrenzt.
Außerdem gilt für Praktika in Zukunft auch das Nachweisgesetz. Das bedeutet, dass es ein zwingendes Recht auf einen schriftlichen Praktikumsvertrag, ähnlich dem Arbeits- oder Ausbildungsvertrag, gibt. Dieser muss vor Beginn des Praktikumsverhältnisses vorliegen und dem Praktikant ausgehändigt werden. In diesem Vertrag müssen insbesondere folgende Dinge geregelt werden:
Mit dieser Maßnahme verbessern sich die Klagemöglichkeiten des Praktikanten im Streitfall und es wird die Transparenz des Anstellungsverhältnisses erhöht.
Ich habe während der Betriebsphase meines Dualen Studiums eine 40-Stunden-Woche und bekomme je nach Ausbildungsjahr zwischen 800-1000€ im Monat (auch während der Schulzeiten).
Ausnahmen vom Mindestlohn gelten teilweise für Praktikanten und Auszubildende. Das Gesetz definiert Praktikanten über einen Verweis auf das Berufsbildungsgesetz. Im § 26 Berufsbildungsgesetz sind Praktikanten wie folgt beschrieben: Soweit nicht ein Arbeitsverhältnis vereinbart ist, gelten für Personen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes handelt, die §§ 10 bis 23 und 25 mit der Maßgabe, dass die gesetzliche Probezeit abgekürzt, auf die Vertragsniederschrift verzichtet und bei vorzeitiger Lösung des Vertragsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit abweichend von § 23 Abs. 1 Satz 1 Schadensersatz nicht verlangt werden kann.
Sie müssten daher aufgrund ihrer konkreten Situation beurteilen, ob sie Praktikant im Sinne von § 26 Berufsbildungsgesetz sind.
In einen zweiten Schritt ist Folgendes zu prüfen: Absolvieren Sie ein so genanntes Pflichtpraktikum nach einer hochschulrechtlichen Bestimmung, dann sieht das neue Gesetz vor, dass der Mindestlohn nicht gilt. Wenn sie ein Praktikum begleitend zum Hochschulstudium absolvieren, gilt der Mindestlohn bis zu drei Monate nicht. (siehe Frage: Für welche Praktika gilt der Mindestlohn und für welche nicht?)
Der DGB hält es für akzeptabel, Praktika, die studien- oder ausbildungsbegleitend sind, d.h. in den Ausbildungs- bzw. Hochschul-Bestimmungen vorgesehen sind, vom Mindestlohn auszunehmen. Der Schwerpunkt liegt hier darauf etwas zu lernen und nicht vorrangig zu arbeiten. Allerdings lehnt der DGB weitere Ausnahmen für Praktikanten im neuen Gesetz ab. So ist nun leider festgelegt worden, dass kein Mindestlohn zu zahlen ist, wenn Praktika bis zu drei Monaten zur Berufsorientierung oder zur Studienwahl sowie Praktika begleitend zur Berufs- oder Studienausbildung absolviert werden. Hier sieht der DGB eine hohe Missbrauchsgefahr.
Die gesetzliche Mindestlohn-Ausnahme gilt nur für Zeitungsboten, die ausschließlich Zeitungen oder Anzeigenblätter in Briefkästen werfen.
Da Sie aber neben dem Hauptprodukt Zeitung auch Werbeprospekte (Gleiches gilt übrigens für Briefe) austragen, fallen Sie nicht unter den gekürzten Mindestlohn von 8,50 Euro im Jahr 2017, sondern müssen den vollen Mindestlohn (8,84) erhalten.
Sollte Ihnen das verwehrt werden, bekommen Sie als ver.di-Mitglied Rechtsschutz zur Durchsetzung Ihres Mindestlohnanspruchs.
Leider nein. Der Gesetzgeber hat klargestellt, dass der gesetzliche Mindestlohn nicht für HeimarbeiterInnen gelten soll. Diese seien nach dem Gesetz keine ArbeitnehmerInnen. Der Mindestlohn gelte nach seinem Anwendungsbereich aber nur für ArbeitnehmerInnen.
Die Pflicht, sowohl Beginn und Ende als auch Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzuzeichnen, trifft grundsätzlich den jeweiligen Arbeitgeber. Er kann diese Pflicht jedoch auf die betroffenen ArbeitnehmerInnen übertragen. Welche ArbeitnehmerInnen dann Stundennachweise führen müssen, hängt grundsätzlich nicht von der Höhe des gezahlten Lohns, sondern vielmehr von der Branche ab, in der sie tätig sind. Zu diesen Branchen gehören nach § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG):
Die Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung lässt die Aufzeichnungspflicht oberhalb von 2.958 Euro aber entfallen, wenn der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nachkommt, die Arbeitszeiten aufzuzeichnen, die über acht Stunden täglich hinausgehen. Leider wurde diese Aufzeichnungspflicht auf Druck der Union und einiger Wirtschaftsvertreter 2015 weiter verwässert.
So wurde die Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung, die seit dem 1. August 2015 gilt, die Einkommensschwelle von 2.958,- Euro dahingehend ergänzt, dass die Aufzeichnungspflicht nach dem Mindestlohngesetz bereits dann entfällt, wenn das verstetigte regelmäßige Monatsentgelt mehr als 2.000,- Euro brutto beträgt und dieses Monatsentgelt jeweils für die letzten tatsächlich abgerechneten 12 Monate nachweislich gezahlt wurde. Zudem sind bei der Beschäftigung von engen Familienangehörigen (Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern des Arbeitgebers) die Aufzeichnungspflichten nicht mehr anzuwenden.
Außerdem müssen Arbeitgeber, die „Minijobber“ mit einem Lohn von bis zu 450 Euro pro Monat beschäftigten, Stundennachweise führen. Es besteht also für diese Berufsgruppen eine Aufzeichnungspflicht unabhängig davon, ob sie mehr als den Mindestlohn erhalten.
Ab einer ununterbrochenen Beschäftigung von vier Wochen haben ArbeitnehmerInnen einen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Der Arbeitgeber muss also den Lohn während der Arbeitsunfähigkeit für die Dauer von sechs Wochen weiterzahlen, ab dem 01.01.2015 in Höhe des Mindestlohns. Im Anschluss daran ist die Krankenkasse für die Zahlung von Krankengeld zuständig. Die Höhe des Krankengeldes richtet sich nach dem Arbeitseinkommen des Versicherten. Es beträgt in der Regel 70 Prozent des Arbeitslohns des letzten Abrechnungszeitraums vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. Die Abrechnung des Arbeitgebers unter Berücksichtigung des Mindestlohns dient also als Grundlage für die zuständige Krankenkasse.
Zu der Frage, was alles auf den Mindestlohn angerechnet werden kann, bleibt das Gesetz recht vage. Aber es gibt erste Auslegungen des Mindestlohngesetzes durch Juristen und Mindestlohnexperten.
Es gilt folgender durch das Bundesarbeitsgericht und den Europäischen Gerichtshof bestätigter Grundsatz: Es dürfen nur solche Leistungen in die Kalkulation des Mindestlohns einbezogen werden, die eine Gegenleistung für die vertraglich vereinbarte Normalleistung des Arbeitsnehmers darstellen. Zulagen, die für Sonder-Leistungen des Arbeitnehmers bezahlt werden, dürfen nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden, sondern müssen extra gezahlt werden.
Diese Tarifverträge gelten für alle Beschäftigten in der Branche, unabhängig davon, ob der einzelne Betrieb selbst einen Tarifvertrag abgeschlossen hat. Allgemeinverbindliche Branchen-Mindestlöhne, die bereits existieren und höher als als der Gesetzliche Mindestlohn liegen (wie zum Beispiel im Bauhauptgewerbe) haben natürlich weiterhin Bestand.
Ja, die tariflich ausgehandelten Branchenmindestlöhne behalten weiterhin ihre Gültigkeit. Kein Arbeitgeber darf sie mit dem Hinweis auf den gesetzlichen Mindestlohn kürzen.
Die Mindestlohnkommission berät alle zwei Jahre über eine Anpassung des Mindestlohns und orientiert sich dabei insbesondere an der Tariflohnentwicklung der letzten zwei Jahre. Die Kommission besteht aus stimmberechtigten VertreterInnen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie – lediglich beratend - Sachverständigen aus der Wissenschaft. Am Ende befindet die Bundesregierung darüber, ob sie den gefundenen Kompromiss per Rechtsverordnung in Kraft setzt.
Über die Arbeit der Mindestlohnkommission siehe: www.mindestlohn-kommission.de
Zuständig ist dafür die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), die beim Zoll angesiedelt ist. Sie hat auch bisher schon die Branchenmindestlöhne auf Einhaltung kontrolliert. Um die neuen Aufgaben bewältigen zu können, hat die Große Koalition angekündigt, dass das Personal bei der FKS um 1600 Stellen aufgestockt werden soll. Allerdings waren bereits in der Vergangenheit hunderte Stellen nicht besetzt, viele Beamte wurden zu anderen Behörden wie dem BAMF abgeordnet und zudem werden die neuen Beschäftigten erst nach und nach ausgebildet. Also sind die nötigen Kontrollen leider noch nicht in vollem Umfang gewährleistet.
In Betrieben mit Betriebsräten werden auch diese nach Kräften auf die Einhaltung des Mindestlohns achten.
Jeder muss sich an das Gesetz halten, sonst drohen Strafen/Bußgelder. Zunächst sollte der Vorgesetzte auf das neue Gesetz hingewiesen werden. Telefonisch gibt das Bürgertelefon des BMAS montags bis donnerstags von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr unter 030/ 221911004 Auskunft.
Kommt es hart auf hart, muss leider jeder einzelne betroffene Beschäftigte den Arbeitgeber auf Zahlung des Mindestlohns verklagen. Gewerkschaftsmitglieder können sich bei ihrer Gewerkschaft kostenlos rechtlich beraten lassen und erhalten im Ernstfall Rechtsschutz. Wer noch nicht Mitglied ist, kann hier das Beitrittsformular ausfüllen.
Arbeitgeber, die sich nicht an das Mindestlohngesetz halten, müssen mit saftigen Sanktionen und Nachforderungen rechnen:
Nach SGB IV § 28 muss der Arbeitgeber bei einer Nachforderung der Sozialversicherungsbeiträge den so genannten Gesamtsozialversicherungsbeitrag zahlen - also nicht nur den Arbeitgeberanteil, sondern auch den Arbeitnehmeranteil. Das wird teuer!
Nein, eine Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebengewerbe gibt es beim neuen Mindestlohngesetz nicht.
Ja, davon gehen die Experten (z.B. Prof. Dr. Frank Bayreuther) aus. Als sittenwidrig gelten Löhne dann, wenn sie weniger als zwei Drittel des orts- und branchenüblichen Tariflohns betragen, auch wenn sie dabei über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen. Wenn etwa in einem Wirtschaftszweig ein Tariflohn von 14 Euro üblich ist, wären Arbeitslöhne unter 9,33 sittenwidrig und der Arbeitnehmer hätte laut Rechtsprechung Anspruch auf die 14 Euro (bei gleicher Tätigkeit). Andererseits darf der Lohn aber auch nicht unter dem aktuellen Mindeslohn rutschen: Wenn ein Tariflohn von 12 Euro ortsüblich ist – die Sittenwidrigkeit also bei weniger also 8 Euro beginnen würde - ist dennoch der gesetzliche Mindestlohn fällig.
Nein. In den Ländervergabegesetzen für Aufträge und Zuwendungen der öffentlichen Hand kann auch weiterhin ein Mindestlohn oberhalb des aktuellen gesetzlichen Mindestlohns geregelt werden. Das ist auch wünschenswert, denn der Staat sollte bei der Entlohnung mit gutem Beispiel vorangehen. Als Orientierungsmarke für den vergabespezifischen Mindestlohn könnte die sdunterste Entgeltgruppe des öffentlichen Dienstes gelten.