Deutscher Gewerkschaftsbund

27.09.2016
Plattform-Ökonomie

Wir müssen ein digitales Prekariat verhindern

Internetplattformen wie Airbnb und Helpling zahlen oft schlecht und bieten nur selten ausreichende soziale Sicherung. Dennoch wollen das Bundeswirtschaftsministerium und die EU-Kommission die Branche weiter deregulieren. Der DGB fordert: faire Regeln für die Plattform-Ökonomie.

Symbolbild Digitalisierung Crowdworking Arbeit 4.0; Mann und Frau vor Laptops an großem Tisch

Colourbox.de

Gut, fair und unschlagbar günstig: Das wollen Internet-Plattformen wie Uber, Airbnb und Helpling sein. Die Firmen bieten Kunden per Mausklick etwa Fahrdienste, Übernachtungen oder die Reinigung der Wohnung. Dabei arbeiten sie nicht mit Festangestellten, sondern mit Solo-Selbstständigen. Auf diese Weise sollen die Nutzer weniger zahlen als in der Offline-Wirtschaft. Und die Arbeitnehmer davon profitieren, dass alles ganz legal zugeht und keine Schwarzarbeit stattfindet.

Körzell: Qualifikationen wie Meisterbrief werden oft nicht beachtet

Doch die Beschäftigten der Plattformen arbeiten oft unter miserablen Bedingungen. „Clickworker hangeln sich von einem schlecht bezahlten Miniauftrag zum nächsten“, sagt DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Manche würden dabei zudem von ihren Arbeitgebern über das Internet intensiv überwacht. Zudem berücksichtigten die Firmen nicht genug, ob die Solo-Selbstständigen ausreichend qualifiziert seien. „Wichtige Standards wie der Meisterbrief werden oft nicht beachtet.“

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie arbeitet derzeit an einem Ordnungsrahmen für diese wachsende Branche. Nun hat das Ministerium ein Grünbuch vorgelegt. Auch die Europäische Kommission hat zum selben Thema eine Mitteilung verfasst. In einem entscheidenden Punkt stimmen das Bundeswirtschaftsministerium und die EU-Kommission überein: Um die Plattformen wettbewerbsfähig zu machen, sollen „überbordende Regulierungen“ gestrichen werden. Soziale Standards und Qualitätsstandards wie der Meisterbrief hingegen kommen im Grünbuch und in der Mitteilung der Europäischen Kommission – wenn überhaupt – nur unzureichend vor.

Crowdworking könnte etwa Mindestlöhne außer Kraft setzen

Diesen Ansatz hält der DGB für grundlegend falsch. Denn mit grenzüberschreitendem Crowdworking könnten Firmen Grundsicherheiten von Arbeitnehmern außer Kraft setzen – etwa Mindestlöhne, geregelte Arbeitszeiten und soziale Sicherung. Damit nicht genug: Mithilfe von Deregulierung könnten sich Plattformen auch nationalen Steuerregeln entziehen.

„Das ist nicht nur unsozial, sondern verzerrt auch den Wettbewerb mit Anbietern, die Tariflöhne zahlen, das Arbeitsrecht beachten und ihre Beschäftigten sozial absichern“, sagt DGB-Vorstandsmitglied Körzell. „Hier entsteht ein neues digitales Prekariat.“

DGB fordert verbindliche Regeln

Der DGB tritt für verbindliche Regeln auch für die Plattform-Ökonomie ein. Für Uber und Co. sollen dieselben arbeitsrechtlichen, sozialen und Verbraucherschutz-Standards gelten wie für die übrige Wirtschaft. Der DGB und der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) fordern deshalb eine europäische Initiative, um diese Standards durchzusetzen.

„Nur dann können die digitalen Plattformen ihr innovatives Potenzial für mehr Wohlstand der Gesellschaft nutzen“, sagt Körzell. „Das Bundeswirtschaftsministerium muss diese Aspekte berücksichtigen, wenn es nun aus seinem Grünbuch ein Weißbuch erarbeitet.“


DOWNLOAD

DGB-Stellungnahme zur Mitteilung der EU-Kommission (PDF, 243 kB)

„Europäische Agenda für die kollaborative Wirtschaft“ vom 2. Juni 2016

DGB-Stellungnahme zum Grünbuch des BMWi (PDF, 226 kB)

"Digitale Plattformen" vom 30. Mai 2016


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