Die nächste Bundesregierung muss die Energiewende sozial und ökologisch gestalten. Dabei müssen die Beschäftigten im Mittelpunkt stehen. Gute Arbeit auf der Grundlage von Tarifverträgen sowie Mitbestimmung im Betrieb und Unternehmen stehen für die Gewerkschaften dabei im Mittelpunkt. Die Forderungen an die nächste Bundesregierung sind in der gemeinsamen Erklärung von BEE (Bundesverband Erneuerbare Energie) und DGB nachzulesen.
DGB/Nikolay Litov/123rf.com
Die kommenden Jahre werden den Wirtschaftsstandort Deutschland und die nächste Bundesregierung vor strukturelle Herausforderungen stellen. Während zur Bewältigung der ökonomischen Auswirkungen der Corona-Pandemie enorme Anstrengungen erforderlich sind, manifestieren sich die mit der Bekämpfung des menschengemachten Klimawandels verbunden Aufgaben. Dabei bleiben die Aus- und Nachwirkungen dieser beiden Krisen, insbesondere auf Beschäftigungsperspektiven und die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land und in Europa nur schwer absehbar.
Doch jede Krise birgt Chancen. Daher gilt es jetzt, sich in Deutschland und Europa auf den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Neustart vorzubereiten. Die volkswirtschaftliche Transformation in Richtung Nachhaltigkeit adressiert nicht nur den Klimaschutz, sondern fördert gleichermaßen Innovation, Wachstum sowie Beschäftigung und damit schlussendlich Zukunftssicherheit für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Eine beschleunigte Energiewende ist das zentrale Projekt auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Voraussetzung, um der ökologischen Modernisierung unserer Industrie und Gesellschaft einen Schub zu verleihen.
Damit dies gelingt, braucht es für Deutschland ein ganzheitliches Konzept, das ambitionierte Ziele des Klimaschutzes in konkrete Maßnahmen übersetzt und so die notwendige Transformation ermöglicht. Nie war die Chance größer das Zusammenspiel von Nachhaltigkeit und wirtschaftlichem Aufschwung zu nutzen, um den Wohlstand von Morgen sicherzustellen und damit den Erhalt unserer Sozialsysteme und guter Arbeit zu gewährleisten. Das wird die zentrale Aufgabe in der nächsten Legislaturperiode sein.
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts und die damit verbundenen Auswirkungen auf Deutschlands Klimaschutzambitionen sind ein historischer Wendepunkt. Nie wurde eine künftige Bundesregierung deutlicher in die Verantwortung genommen nun auch konkrete Maßnahmen folgen zu lassen. Anspruchsvolle Klimaziele haben Folgen auf Beschäftigung und die Wirtschaftsstruktur. Doch die Sicherung natürlicher Lebensgrundlagen und der Erhalt von Wohlstand und Beschäftigung sind kein Gegensatz. Politisches Handeln muss deshalb nachvollziehbare Wege zur Realisierung dieser Ziele aufzeigen und vor allem durch eine tragfähige Industrie-, und Energiepolitik den erforderlichen Wandel unterstützen. Die nächsten vier Jahre sind entscheidend.
Der globale Wettlauf um die Technologieführerschaft beim Klimaschutz und in den dekarbonisierten Märkten der Zukunft hat bereits begonnen. Doch den deutschen Industrieunternehmen fehlen weiterhin verlässliche Rahmenbedingungen, um in großem Maßstab in klimaneutrale Technologien zu investieren. Was es in der kommenden Legislaturperiode braucht ist ein Maßnahmenprogramm, das die Wirtschaft bei der ökologischen Transformation unterstützt. Die unterzeichnenden Verbände unterstreichen, dass ein solches Programm für den Wirtschaftsstandort Deutschland allem voran den Ausbau der Erneuerbaren Energien massiv beschleunigen muss. Der schnellere Ausbau der Erneuerbaren Energien ist nicht nur der Schlüssel zur Erreichung der klimapolitischen Ziele, er ist Voraussetzung für das notwendige Modernisierungsprogramm des Industrie-Standorts Deutschland. Die Unternehmen in Deutschland stehen nicht nur hinter der Energiewende, sondern sie brauchen die Erneuerbaren Energien schnell, verlässlich und investitionssicher.
Wir fordern von der kommenden Bundesregierung:
Der Erfolg deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb und auf den Märkten der Zukunft stützt sich auf erstklassig ausgebildete und motivierte Beschäftigte. Ebenso wichtig ist ein gutes betriebliches Miteinander. Bedingt durch die Pandemie werden die ohnehin rasanten Veränderungen unserer Arbeitswelt sogar noch befeuert. Die Transformation betrifft die verschiedenen Branchen und Unternehmen in unterschiedlichem Maße. Während an einigen Stellen Arbeitsplätze wegfallen, werden an anderer Stelle neue Geschäftsmodelle mit neuen Produkten, Produktionsprozessen und Wertschöpfungsketten entstehen. Umso wichtiger ist die Ausrichtung des Arbeitsmarktes auf die Herausforderungen der Zukunft, um sichere und gute Arbeitsplätze zu schaffen, die ein selbstbestimmtes Leben und verlässliche Perspektiven ermöglichen. Die Energiewende eröffnet dabei viele Potenziale.
Innovative Entwicklungen im Bereich der CO2-freien Stromerzeugung, erneuerbarer Wärme und nachhaltiger Mobilität bilden schon heute ein stabiles Rückgrat der mittelständisch sowie industriell geprägten Arbeitsplatzstruktur in unserem Land. Doch klar ist: Die Anforderungen an Berufe und Tätigkeiten verändern sich, während der Fachkräftemangel die Unternehmen längst vor enorme Herausforderungen stellt. Die Transformation der weltweiten Energiesysteme erfordert neue Qualifikationsprofile und Investitionen in Forschung und Entwicklung. Um auch langfristig gut für die Transformation, die Arbeit und Aufgaben der Zukunft aufgestellt zu sein, braucht es nicht nur eine Weiterbildungsoffensive, sondern ebenso eine tragfähige Weiterentwicklung der universitären und betrieblichen Ausbildung, die dem Fachkräftemangel effektiv und nachhaltig entgegenwirkt. Dabei kommt es auch auf das bewährte Miteinander der Sozialpartner und Mitbestimmungsstrukturen in den Betrieben sowie investitions- und beschäftigungsfreundliche Rahmenbedingungen in Deutschland an.
Wir fordern von der nächsten Bundesregierung:
Die Erneuerbaren Energien haben sich in den vergangenen Jahren zu einem modernen und zuverlässigen Leistungsträger der Energiewirtschaft entwickelt. Als Innovationstreiber hat das EEG unsere Stromversorgung revolutioniert und durch Skaleneffekte bewirkt, dass die Erneuerbaren Energien mit einem Anteil von 50 Prozent an der Nettostromerzeugung heute die tragende Säule im Stromsektor bilden, deren Stromgestehungskosten insbesondere im Wind- und Solarbereich massiv gesunken sind. Heute sind sie die kostengünstigste Stromerzeugungstechnologie. Das aktuelle Abgaben- und Umlagensystem im Stromsektor ist den Herausforderungen der ökologischen Transformation jedoch nicht gewachsen und verhindert eine Weitergabe der Kostenvorteile Erneuerbare Energien an Anlagenbetreiber wie auch Endverbraucher.
Im Vergleich zu anderen Endenergieträgern ist Strom in Deutschland überproportional durch staatlich induzierte Preisbestandteile, wie Netzentgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen belastet. Auch haben kurzfristig die Folgen der Corona-Krise die bisher ungelösten Regulierungsaufgaben des aktuellen Marktdesigns aufgezeigt. Doch der Wandel hin zu klimafreundlichen Industrie- und Wirtschaftsprozessen bedarf großer Mengen CO2-freien Stroms. Daher gilt es rasch Lösungen zu finden, die international wettbewerbsfähige Strompreise durch niedrige Stromgestehungskosten Erneuerbarer Energien an die Industrie, den Mittelstand und den privaten Haushalten weitergeben und gleichzeitig einen weiteren stabilen Ausbau nicht gefährden.
Wir fordern von der nächsten Bundesregierung:
Den Bundesverband Erneuerbare Energie und den Deutschen Gewerkschaftsbund eint das Ziel, die Stärke der Erneuerbare-Energien-Branche zu nutzen, um die ökologische und soziale Transformation der Wirtschaft voranzubringen. Diese einmalige Chance für den Wirtschaftsstandort Deutschland sichert ein Wirtschaftswachstum, das allen zugutekommt, zukunftsfähige Arbeitsplätze und stärkt das Vertrauen in die Demokratie und Soziale Marktwirtschaft.
Deutschland kann zeigen, dass Wohlstand, Industrie, Klimaschutz und Nachhaltigkeit gemeinsam funktionieren. Die Politik muss jetzt handeln.
Die gemeinsame Erklärung als PDF-Download: