Derzeit ist ein Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der Meisterpflicht für einige Gewerke in Arbeit. Die Hoffnung dabei ist, dem Dumpingwettbewerb, den die Abschaffung der Meisterpflicht in Gang gesetzt hat, Einhalt zu gebieten. Klar ist bereits jetzt: Das wird nicht reichen.
DGB/Simone M. Neumann
Stefan Körzell: "Der Wettbewerb findet dann nicht mehr über die angebotene handwerkliche Qualität statt, sondern allein über das Prinzip 'Wer-ist-der-Preiswerteste'."
Zur Vorbereitung eines Gesetzentwurfes sollten die betroffenen Gewerke beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) angehört werden. Das BMWi hat daraufhin im Mai und Juni ein zweistufiges Konsultationsverfahren durchgeführt, bei dem die betroffenen Gewerke und die Gewerkschaften im ersten Schritt schriftliche Stellungnahmen einreichen konnten. Hierzu hatte das BMWi einen umfangreichen Fragenbogen vorbereitet, um der Anforderung einen Rückführung nach festen Kriterien, wie etwa „Gefahrengeneigtheit“ zu erfüllen. Abgefragt wurden neben der Gefahrengeneigtheit und der Ausbildungsleistung auch wirtschaftliche Rahmendaten des Gewerkes: etwa wie sich die Zahl der Betriebsgründungen und die Zahl der Insolvenzen seit der Reform 2003 entwickelt haben, Veränderungen bei der Größe der Unternehmen (Soloselbstständige). Darüber hinaus wurde danach gefragt, welche Effekte von einer Wiedereinführung der Meisterpflicht im jeweiligen Gewerk erwartet werden.
Der schriftlichen Konsultation folgte im 2. Schritt am 4. und 5. Juni 2019 eine Anhörung des BMWi, zu der auch Stefan Körzell eingeladen war. Er betonte bei dieser Gelegenheit, dass es keineswegs ausreiche, lediglich für einzelne Gewerke die Meisterpflicht wieder einzuführen. „Für nur noch 30 Prozent der Beschäftigten im Handwerk gilt ein Tarifvertrag, sind also deren Arbeitsbedingungen tarifvertraglich geregelt. Damit werden auch immer seltener die Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb innerhalb der einzelnen Branchen gesteckt. Der Wettbewerb findet dann nicht mehr über die angebotene handwerkliche Qualität statt, sondern allein über das Prinzip „Wer-ist-der-Preiswerteste“. Der Wettbewerb wird damit auf dem Rücken der Beschäftigten über schlechtere Lohn- und Arbeitsbedingungen ausgetragen. Das hat Auswirkungen: Wenn Beschäftigte im Handwerk 20 Prozent weniger verdienen als Beschäftigte in anderen Branchen, ist es nicht verwunderlich, dass die ausgebildeten Gesellinnen und Gesellen in Industrie, Handel oder Dienstleistung abwandern“, so Körzell.
Eine weitere Gelegenheit, die gewerkschaftliche Sicht auf die Wiedereinführung des Meisterbriefs vorzustellen ergab sich bei der Anhörung des Wirtschaftsausschusses des Bundestags am 26. Juni 2019. Hier sagte Anna Dollinger, die als Sachverständige der Linken-Fraktion eingeladen war: „Wir brauchen eine homogene Betrachtung des Handwerks und der Handwerksordnung. Dazu gehört auch die Einbeziehung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Handwerk."
Helmut Dittke, IG Metall war als Sachverständiger der SPD-Fraktion eingeladen. Auch er betonte, dass die Wiedereinführung der Meisterpflicht alleine keine massive Änderung in Richtung eines fairen Wettbewerbs bringen werde. Vielmehr brauche es einen neuen Ordnungsrahmen, der auch die Soloselbstständigkeit regelt.
Der Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der Meisterpflicht soll bis September 2019 vorliegen und im Herbst das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Das Eckpunkte-Papier der Koalitionsarbeitsgruppe sieht ein In-Kraft-Treten zum 1. Januar 2020 vor. Bis dahin bleibt noch viel zu tun!