Deutscher Gewerkschaftsbund

18.01.2021
Sonderauswertung des DGB-Index Gute Arbeit

Homeoffice im öffentlichen Dienst besser gestalten!

Im öffentlichen Dienst ist die Arbeit von zu Hause nicht erst seit der Corona-Pandemie ein Thema. Das zeigt die Sonderauswertung „Homeoffice im öffentlichen Dienst“ des DGB-Index Gute Arbeit. Mehr als 20 Prozent der Befragten arbeiten demnach regelmäßig von zu Hause. Mobiles Arbeiten ist für die Beschäftigten reizvoll, birgt nach ihrer Meinung mit Blick auf den Gesundheitsschutz allerdings auch Risiken.

Weißer Tisch mit Laptop, Notizbuch, Kaffeetasse und Topfpflanze

DGB/Bongkarn Thanyakij/123rf.com

Befragt wurden zwischen Januar und Mai 2020 rund 1.400 Beschäftigte, die im öffentlichen Dienst tätig sind und bereits vor der Pandemie die Option Homeoffice nutzten. Die Angaben der Befragten beziehen sich daher nicht auf den Corona-Ausnahmezustand, sondern auf Homeoffice im Normalbetrieb.

Mehr als ein Fünftel der Befragten (22 %) arbeitet regelmäßig von zu Hause, damit ist Homeoffice im öffentlichen Dienst stärker verbreitet als in der Privatwirtschaft (17 %). Das ist vor allem auf die BeamtInnen zurückzuführen, bei denen der Anteil mit 43 Prozent sehr hoch ist. Bei den ArbeitnehmerInnen im öffentlichen Dienst ist kein bedeutsamer Unterschied zur Privatwirtschaft festzustellen.

Balkendiagramm: Verbreitung Homeoffice

Homeoffice beeinflusst laut Befragung dabei die Handlungs- und Gestaltungsspielräume wie auch die Arbeitszeitsouveränität positiv. Beschäftigte, die von zu Hause arbeiten, können demnach ihre Arbeit häufiger selbständig planen und einteilen. 82 Prozent der Befragten gaben an, die eigene Arbeit in (sehr) hohem Maße selber planen zu können (in hohem Maß 50 %, in sehr hohem 32 %). Zum Vergleich: Einen hohen oder sehr hohen Einfluss auf die Planung der eigenen Arbeit geben im öffentlichen Dienst 68 Prozent aller Beschäftigten an. Der Wert wird von Beschäftigten im Homeoffice also deutlich übertroffen.

Grafik Gestaltungsspielräume: Können Sie Ihre Arbeit selbstständig planen und einteilen?

Bezogen auf alle Befragten aus dem öffentlichen Dienst besteht laut Sonderauswertung bei 30 Prozent der Beschäftigten ein unerfüllter Wunsch nach Homeoffice. Dieser Wunsch wird umso häufiger genannt, je höher das Anforderungsniveau der Tätigkeit ist. Klar wird aber auch, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Beschäftigten kein Homeoffice wünscht.

Kreisdiagramm: Wunsch nach Homeoffice

Hier gibt es Handlungsbedarf

Vor allem mit Blick auf zwei Aspekte zeigen die Befunde aber auch dringenden Handlungsbedarf auf: Zum einen wird der Support durch Arbeitgeber und Dienstherren häufig als schlecht bewertet. Ein Drittel gibt an, von Vorgesetzten gar keine oder sehr wenig Unterstützung zu erhalten, um zu Hause arbeiten zu können. Die Befragten geben außerdem an, dass die Nutzung privater Arbeitsmittel im Homeoffice eher die Regel als die Ausnahme ist: Nur 21 Prozent nutzen hier gar keine privaten Arbeitsmittel. Dagegen nutzt mehr als die Hälfte (51 %) ausschließlich private Arbeitsmittel.

Außerdem zeigen sich im Homeoffice deutlich höheren Belastungen durch Entgrenzung und verkürzte Erholungszeiten.

  • Problem: Verkürzte Pausen- und Ruhezeiten

    Von den Befragten im öffentlichen Dienst geben zusammengerechnet 36 Prozent an, dass sie sehr häufig (16 %) oder oft (20 %) Erholungspausen verkürzen oder ganz ausfallen lassen. Das Problem ist hier ausgeprägter als in der Privatwirtschaft. Und wenn (unter anderem) im Homeoffice gearbeitet wird, berichten Beschäftigte des öffentlichen Dienstes noch weitaus häufiger davon, Pausen zu verkürzen oder ausfallen zu lassen (sehr häufig 25 %, oft 34 %).

    Grafik: Verkürzung oder Ausfallen von Ruhepause

    Wenn im Homeoffice gearbeitet wird, häufen sich zudem die Unterschreitungen der Ruhezeit von 11 Stunden massiv. Unter den Beschäftigten im öffentlichen Dienst, die zumindest gelegentlich Arbeit von zu Hause erledigen, geben 34 Prozent an, sehr häufig (14 %) oder oft (20 %) eine Ruhezeit von 11 Stunden bis zum nächsten Arbeitstag zu unterschreiten.

  • Problem: Abschalten nach der Arbeit

    Ausreichende Ruhezeiten sind eine notwendige Grundvoraussetzung für den langfristigen Erhalt der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit. Allerdings ist fraglich, ob dies hinreichend ist, wenn in der Ruhezeit nicht „abgeschaltet“ werden kann, weil die Arbeit nicht aus dem Kopf geht. Aufgrund der Vermischung von Arbeitsplatz und Wohnort besteht im Homeoffice die Gefahr, dass die Grenze von Arbeit und Privatleben verschwimmt. Dass dies kein seltenes Problem ist, zeigen die Ergebnisse der Sonderauswertung: Im öffentlichen Dienst geben Beschäftigte im Homeoffice zu einem Anteil von rund 62 Prozent an, in der arbeitsfreien Zeit oft nicht abschalten zu können (26 % sehr häufig, 36 % oft).

    Grafik: Schwierigkeiten, in der arbeitsfreien Zeit abzuschalten

Die Sonderauswertung weist also auf einen Widerspruch hin. Homeoffice im öffentlichen Dienst bringt den Beschäftigten einen größeren Einfluss auf die Gestaltung der eigenen Arbeit, aber auch höhere Belastungen und Gesundheitsrisiken. Die entscheidende Frage ist also, wie Homeoffice gestaltet wird.

„Unser Ziel als DGB ist ein gutes Zusammenspiel von individuellen Gestaltungsrechten und verlässlichen kollektiven Regelungen. Es braucht mehr Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte für Personalräte und Gewerkschaften, etwa bei der Personalplanung oder der Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle. Es braucht klare Vorgaben zum Schutz vor Überlastung und Selbstausbeutung. Die tatsächlich geleistete Arbeitszeit muss erfasst werden“, lautet vor diesem Hintergrund das Fazit von DGB-Vize Elke Hannack.

Cover Sonderauswertung DGB-Index Gute Arbeit: Homeoffice im Öffentlichen Dienst

HOMEOFFICE IM ÖFFENTLICHEN DIENST

Sonderauswertung des DGB-Index Gute Arbeit

Aus dem Inhalt:

  • HOMEOFFICE SCHAFFT GESTALTUNGSSPIELRÄUME
  • SUPPORT DURCH ARBEITGEBER UND DIENSTSTELLE
  • VERKÜRZTE PAUSEN UND RUHEZEITEN
  • ARBEIT AM ABEND
  • VEREINBARKEIT VON ARBEIT UND PRIVATLEBEN

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Dieser Artikel gehört zum Dossier:

Gute Arbeit im öffentlichen Dienst

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