Frauen verdienen durchschnittlich 21 Prozent weniger als Männer. Dort, wo Tarifverträge gelten, ist die Kluft zwischen den Gehältern deutlich kleiner. Die Politik sollte deshalb die Tarifbindung stärken und Maßnahmen ergreifen, die Männern und Frauen die gleiche Teilhabe an Erwerbs- und Sorgearbeit ermöglichen.
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Zehntausende waren vergangenen Sonntag in Deutschland auf den Straßen, um auf die strukturelle Benachteiligung und schlechtere Bezahlung von Frauen aufmerksam zu machen. Anlass war der „Internationale Frauentag“, der in Berlin mittlerweile ein gesetzlicher Feiertag ist.
In der kommenden Woche, am 17. März 2020 folgt jetzt der „Equal Pay Day“ – der Tag, bis zu dem Frauen im Vergleich zu Männern rechnerisch unentgeltlich arbeiten. Denn am 17. März 2020 sind 77 Tage, also 21 Prozent des Jahres 2020, vergangen und die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, auch Gender Pay Gap genannt, beträgt hierzulande ebenfalls knapp 21 Prozent.
Frauen erhalten also ein Fünftel weniger Lohn als Männer. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich in der Schlussgruppe. Nur in Estland ist der Gender Pay Gap noch größer. In Ländern wie Belgien, Italien und Luxemburg sind die Gehälter viel gleicher verteilt (siehe Abbildung). Die Verdienstunterschiede sind allerdings von Branche zu Branche recht unterschiedlich. Während die Lohnlücke im Gastgewerbe 7 Prozent beträgt, liegt sie im verarbeitenden Gewerbe oder im Handel bei 25 Prozent.
Gleiches Gehalt für Männer und Frauen – Tarifverträge tragen dazu bei. Denn dort, wo Tarifverträge gelten, ist die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern um durchschnittlich 10 Prozentpunkte geringer. Und Frauen, die nach Tarif bezahlt werden, erhalten fast ein Viertel mehr Gehalt als Frauen in nicht tarifgebundenen Unternehmen.
Auch deshalb sollte die Politik die Tarifbindung stärken, unter anderem indem öffentliche Aufträge in Zukunft nur noch an tarifgebundene Unternehmen vergeben werden. Auch müssen Tarifverträge für ganze Branchen einfacher für allgemeinverbindlich erklärt werden. Vor allem frauendominierte Berufe im Dienstleistungssektor würden davon profitieren.
Quelle: Eurostat
Die Gründe für die ungleiche Bezahlung sind vielfältig. Frauen unterscheiden sich in den Erwerbsbiografien und der Berufswahl. Das ist aber nicht immer auf individuelle Entscheidungen der Frauen zurückzuführen, sondern vielmehr strukturell bedingt. Frauen arbeiten öfter in Teilzeit oder in Minijobs sowie in schlecht bezahlten Berufen.
Zudem sind sie seltener in Führungspositionen. Ein weiterer Punkt ist die ungleiche Aufteilung der unbezahlten Sorgearbeit, etwa bei Kinderbetreuung, Pflege oder Hausarbeit. Knapp die Hälfte der Gesamtarbeitszeit der Frauen besteht aus dieser unbezahlten Arbeit, bei Männern ist es hingegen nur rund ein Viertel.
Wir brauchen endlich Rahmenbedingungen, die Männern und Frauen die gleiche Teilhabe an Erwerbs- und Sorgearbeit ermöglichen. Das Gesetz zur Brückenteilzeit ist ein erster Schritt, aber derzeit nicht ausreichend, da zu viele Frauen ausgeschlossen sind.
Das Entgelttransparenzgesetz muss zwingend verbindlicher ausgestaltet werden. Zudem benötigen wir bedarfsgerechte Betreuungsangebote für Kinder und Pflegebedürftige. Und soziale, personenbezogene und haushaltsnahe Dienstleistungen müssen durch Tarifverträge und Investitionen in kostenfreie Ausbildung, faire Ausbildungsvergütungen und eine angemessene Personalbemessung aufgewertet werden.