Zwischen Flügelkämpfen, Mitgliederschwund und Wahlniederlagen sucht die CGT auf ihrem Kongress einen Weg aus der Krise. Für Generalsekretär Philippe Martinez sind eine starke Sozialpartnerschaft sowie mehr Offenheit gegenüber der Klima-Bewegung und den Gelbwesten Teil der Lösung. Auch neue Ansätze zur Mobilisierung und Organisierung junger Arbeitnehmer*innen wurden diskutiert.
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Mitte Mai 2019 fand der Kongress des französischen Gewerkschaftsbundes Confédération Générale du Travail (CGT) statt. Er war nicht nur von der Spaltung der großen Gewerkschaftsverbände untereinander geprägt, die seit der Regierung Macron zugenommen hat, sondern auch von internen Flügelkämpfen bei der CGT. Während der linke Flügel radikale Aktionen fordert, unter denen sich auch der Austritt aus dem Europäischen Gewerkschaftsbund findet, plädiert der gemäßigte Flügel für einen sozialpartnerschaftlichen Kurs.
Ein wichtiges Element für die zukünftige Arbeit der CGT wird wohl die Frage sein, wie sie neue Mitglieder rekrutiert, insbesondere bei jungen Arbeitnehmer*innen. Der wiedergewählte Generalsekretär, Philippe Martinez, fasst die Aufgabe treffend zusammen: „Man unterhält keine Festung mitten in der Wüste.“ Gelingt dies nicht, so nimmt die gewerkschaftliche Gestaltungsmacht ab. Dazu gehört auch die Frage, wie neue Medien erfolgreich genutzt werden können. Mit den Gelbwesten ist zusätzlich zur gewerkschaftlichen Konkurrenz der großen Verbände ein neuer Akteur auf den Plan getreten.
Der Kongressbericht enthielt eine verlustreiche Bilanz: Der Verlust von 43.000 Mitgliedern in drei Jahren auf nunmehr rund 600.000 Mitglieder sowie Wahlniederlagen im öffentlichen Sektor führten dazu, dass die CGT erstmals in ihrer Geschichte nicht mehr der stärkste Gewerkschaftsverband Frankreichs ist. Daraus leiteten die radikalen Mitglieder die Notwendigkeit der Rückkehr zum Klassenkampf ab: Die Strategien umfassen die Konfrontation mit Präsident Macron und dem Kapitalismus bis hin zu einer Annäherung an die Gelbwesten. Sie kritisieren die gemeinsamen Aktionen mit den anderen großen Dachverbänden (CFDT, CFTC, UNSA) ebenso wie die „Sozialpartner-Komödie“ von Macron.
Generalsekretär Martinez jedoch ist ein Vertreter der Sozialpartnerschaft, der sich um Annäherung an die anderen Verbände bemüht, um wichtige Anliegen der CGT gemeinsam durchzusetzen: zum Beispiel die Rückkehr zur Rente ab 60 und die Ablehnung eines allgemeinen Pensionssystems – also eine Beibehaltung der Sondersysteme der großen Staatsunternehmen, wie SNCF (staatlicher Eisenbahnkonzern) und EDF (Strom- und Gasanbieter). Laut Martinez sind soziale und umweltpolitische Notstände mit gleichrangiger Priorität zu bekämpfen, womit er den Schulterschluss mit NGOs, vor allem mit den jungen Klimaaktivist*innen, sucht. Die Anhebung des Mindestlohns auf 1800€ gehört ebenso zu seinen Forderungen wie die 32-Stundenwoche und ein 0%-Mehrwertsteuersatz bei elementaren Produkten des Alltagslebens.
Ohne eine Stärkung der CGT werden diese Forderungen jedoch nicht durchsetzbar sein, weshalb nach neuen Methoden der Mobilisierung gesucht wird. Die Annäherung an die Gelbwesten ist für Philippe Martinez eine logische Konsequenz: Die Fusion der gelben und roten Westen führt zur Gewerkschaft der Massen.