Die Wirtschaftsweisen raten - mal wieder - dazu, das Rentenalter zu erhöhen. Wir lehnen das ab - weil diese Forderung vollkommen die Lebensrealität und die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt ignoriert.
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In ihrem Frühjahrsgutachten haben die Wirtschaftsinstitute ihre Prognose für das Wachstum der deutschen Wirtschaft 2021 deutlich nach unten korrigiert. Sie rechnen nur noch mit einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 3,7 Prozent. Angesichts der Corona-Krise raten sie zu einem höheren Rentenalter.
Anja Piel aus dem DGB-Bundesvorstand lehnt eine Erhöhung des Rentenalters ab: "Ewig die gleiche Leier der sogenannten Wirtschaftsweisen: Der Staat ächzt unter seiner Schuldenlast; Schuld daran ist die zu teure Rente und der einzige Ausweg die Erhöhung des Rentenalters. Das ignoriert vollkommen die Lebensrealität und die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt. Die Agentur für Arbeit weist statistisch rund fünf Millionen Menschen als unterbeschäftigt aus; das heißt, sie haben entweder gar keine Arbeit oder wollen mehr Stunden arbeiten. Jede und jeder dieser fünf Millionen Menschen ist von Armut und unzureichenden Renten bedroht. Höhere Altersgrenzen lösen ihre Probleme ganz sicher nicht."
"Auch wird unterschlagen, dass der Bundesfinanzminister derzeit an den Staatsschulden verdient. Gleichzeitig suggerieren die verbeamteten Professoren jüngeren Generationen, dass die Anhebung des Rentenalters gut für sie sei, die Rente 'billiger' und die Belastung für den Staat geringer. Die Wahrheit ist: Junge Menschen sollen länger arbeiten, länger einzahlen und bekommen dafür aber weniger Rente raus. Von solchen Vorschlägen profitieren ausschließlich Unternehmer. Die Ökonomen haben eine seltsame Vorstellung von gerechter Verteilung des Wohlstands.
Klar ist: In einer älter werdenden Gesellschaft wird der Anteil am BIP für die Altersversorgung steigen müssen. Die Gesellschaft wird dauerhaft mehr Geld für die Rente aufwenden müssen. Die zentrale Frage dabei lautet: Wer wird dafür zur Kasse gebeten? Zahlen es Menschen privat aus eigener Tasche oder werden Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Steuerzahler an den Kosten beteiligt und der Staat organisiert es solidarisch über die gesetzliche Rentenversicherung? Und wie sorgen wir dafür, dass die wenigen großen Vermögen ihren Teil beitragen zur sozialen Sicherung für die vielen Erwerbstätigen, die unser Land am Laufen halten und den Wohlstand aller erarbeiten? Die Anhebung des Rentenalters auf 69, die die Lasten alleine auf die Arbeitnehmer abwälzt, ist da gewiss die falsche Antwort!"