Am 18. Oktober hat der Bundestag das Wohngeldstärkungsgesetz beschlossen. Damit sollen rund 660.000 Haushalte bei ihren Wohnkosten entlastet werden. Dennoch sind Mieter- und Sozialverbände und die Gewerkschaften wenig begeistert. Denn statt mehr Wohngeld brauchen wir ein umfangreiches Wohnungsbauprogramm, das bezahlbare Wohnungen schafft, fordert der DGB-klartext.
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Am 18. Oktober beschloss der Bundestag das Wohngeldstärkungsgesetz. Laut Bundesregierung werden 660.000 Haushalte von der Reform profitieren. Das Wohngeld soll um bis zu 30 Prozent steigen und die Bundesregierung stellt dafür im Jahr 2020 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Dennoch hält sich die Freude bei Mieter-, und Sozialverbänden und den Gewerkschaften in Grenzen.
Das Wohngeld wurde zuletzt zum 1. Januar 2016 angepasst. Seitdem sind ein Drittel der Empfänger*innen aus dem Bezug gefallen. Dies kann schon passieren, wenn das Einkommen der Betroffenen nur mit der Inflationsrate steigt, da die Einkommensgrenzen bislang nicht angepasst wurden. Die nun verabschiedete Erhöhungen der Mietzuschüsse und der Einkommensgrenzen stellen vor diesem Hintergrund keine Leistungsverbesserung des Wohngeldes gegenüber 2016 dar, sondern entsprechen lediglich einer Realwertsicherung.
Eine strukturelle (allerdings auch schon lange überfällige) Verbesserung ist hingegen die Dynamisierung des Wohngeldes. Es soll alle zwei Jahre entsprechend der Miet- und Einkommensentwicklung angepasst werden. Eine jährliche Anpassung wäre besser, denn sie würde verhindern, dass Menschen aufgrund der unterschiedlichen Anpassungszyklen zwischen Grundsicherung und Wohngeld wechseln müssen.
Ein weiterer Konstruktionsfehler im Wohngeld, der Menschen in die Grundsicherung drängt, wurde nicht behoben. Alleinstehende Vollzeitbeschäftigte, die den Mindestlohn bekommen, haben in Städten mit hohem Mietniveau in der Regel keinen Anspruch (mehr) auf Wohngeld, jedoch einen Anspruch auf ergänzende Hartz-IV-Leistungen. Ursächlich hierfür ist die unterschiedliche Anrechnung von Erwerbseinkommen in beiden Systemen. Während bei Hartz IV ein Erwerbstätigenfreibetrag in Höhe von bis zu 330 Euro monatlich gilt (3.960 Euro im Jahr), wird beim Wohngeld nur die steuerrechtliche Werbungskostenpauschale in Höhe 1.000 Euro im Jahr in Abzug gebracht.
Quelle: Holm, Horlitz und Jensen 2017 und Bundesregierung
Der DGB tritt dafür ein, dass niemand der Vollzeit arbeitet, Hartz-IV-Leistungen beziehen muss, nur weil sie oder er Kinder hat oder hohe Mietkosten. Eine Entschärfung der Anrechnung von Erwerbseinkommen beim Wohngeld könnte einen wichtigen Beitrag leisten, um unabhängig von Hartz IV leben zu können.
Gänzlich unterbelichtet in der Debatte ist, dass die Ausgaben für das Wohngeld alles andere als nachhaltig sind und die überhöhten Mietforderungen der Wohnungswirtschaft bedienen. Die öffentliche Hand gab 2017 17,5 Milliarden Euro für die sogenannte Subjektförderung in Form von Kosten der Unterkunft und Wohngeld aus (der Bund alleine rund 7,5 Milliarden – siehe Grafik). Unter gegebenen Bedingungen sind diese Ausgaben sozialpolitisch fraglos wichtig.
Ziel müsste allerdings sein, die Subjektförderung mittelfristig weniger notwendig zu machen, indem genug günstiger Wohnraum bereitgestellt wird. Das geschieht aber nicht: Im gleichen Jahr 2017 gaben Bund und Länder zusammen nur etwa 3 Mrd. Euro für die Objektförderung aus, indem sie den Bau von preisgebundenen Wohnungen förderten. Da die Anzahl der Sozialwohnungen seit 1990 fast um zwei Drittel abgenommen hat, muss die öffentliche Hand immer mehr direkte Wohnzuschüsse in Form von Subjektförderung zahlen. Langfristig würde ein breit aufgelegtes Wohnungsbauprogramm, das bezahlbare Wohnungen schafft, die öffentlichen Haushalte entlasten.