Die Situation von Alleinerziehenden am Arbeitsmarkt hat sich langfristig gesehen deutlich verbessert. Immer mehr sind erwerbstätig: 2019 waren es laut Statistiken der Bundesagentur für Arbeit (BA) 76 Prozent der alleinerziehenden Eltern – das ist Rekord. Allerdings hatte dies nicht zur Folge, dass ihr Armutsrisiko gesunken ist. Dieses stagniert seit Jahren auf sehr hohem Niveau.
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Ursache für die zunehmende Erwerbstätigkeit dürfte zum einen der Ausbau der Kinderbetreuung sein, zum anderen gab es auch diverse Maßnahmen, die das Ziel hatten, die Situation von Alleinerziehenden am Arbeitsmarkt zu verbessern. Auch der DGB hatte mehrfach auf das Potential alleinerziehender Eltern aufmerksam gemacht und eine bessere Unterstützung dieser Zielgruppe gefordert.
Laut des aktuellen Reports „Familie heute. Daten, Fakten, Trends“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) aus dem März diesen Jahres hat die Erwerbstätigkeit alleinerziehender Mütter (ohne Väter) mit 71 Prozent ebenfalls einen Rekordstand erreicht. Diese Statistik liefert auch Daten zum Arbeitszeitumfang. Fast die Hälfte arbeitet Vollzeit beziehungweise vollzeitnah: 24 Prozent arbeiteten Vollzeit mit mehr als 36 Wochenstunden, 22 Prozent arbeiteten vollzeitnah mit 28 bis 36 Wochenstunden, 17 Prozent arbeiteten in Teilzeit mit 20 bis 28 Wochenstunden und 9 Prozent arbeiteten bis zu 20 Wochenstunden.
Die positive Entwicklung hat jedoch auch eine Schattenseite. Trotz der besseren Integration in den Arbeitsmarkt ist das Armutsrisiko alleinerziehender Familien nicht spürbar gesunken. Armut von Alleinerziehenden bedeutet immer auch Kinderarmut. Der DGB fordert schon seit Jahren, dass Kinderarmut wirksamer bekämpft werden muss. Mit der Erhöhung des Kinderzuschlags ab 1. August 2019 – einer Leistung für einkommensarme Familien – wurde eine wichtige Forderung des DGB aufgegriffen. Der Kinderzuschlag kann den Bezug von Hartz IV verhindern. Erfreulicherweise ist die Quote der Alleinerziehenden-Haushalte, die auf Hartz IV angewiesen sind in 2019 tatsächlich deutlich gesunken.
So waren zwar weniger Ein-Eltern-Familien auf Hartz IV angewiesen, allerdings heißt das leider noch nicht, dass auch die Armutsschwelle übersprungen wurde. Die Armutsschwelle lag in 2019 für Alleinerziehende mit einem Kind bei 1396 Euro monatlichem Nettoeinkommen. Das Armutsrisiko Alleinerziehender stagniert auf hohem Niveau. Hier braucht es weitere Maßnahmen, um Eltern- und Kinderarmut zu bekämpfen. Der Großteil der Alleinerziehenden sind Frauen: 88 Prozent der Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 Jahren. Diese arbeiten oftmals zu niedrigen Löhnen im Einzelhandel, im Gesundheits- und Sozialwesen.
Durch die Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 von damals 8,50 Euro pro Stunde ist es dem DGB und den Gewerkschaften zwar gelungen, die Einkommenssituation von ca. 3,5 Millionen Beschäftigten – insbesondere von Frauen – zu verbessern, allerdings kann selbst der aktuelle Mindestlohn von 9,60 Euro pro Stunde kein armutsfestes Einkommen für einen Erwachsenen plus Kind(er) garantieren. Hier braucht es einen deutlich höheren Mindestlohn – der DGB fordert mindestens 12 Euro pro Stunde – sowie eine bessere Unterstützung von Familien mit Kindern durch eine Kindergrundsicherung, die leicht zugänglich ist und bedarfsgerechte Leistungen für Kinder vorsieht.
Quelle: Statistisches Bundesamt, Statistik der BA, Berechnungen des DGB