Schon vor Corona kämpften Städte und Gemeinden mit hohen Altschulden und knappen Finanzen. Der Investitionsstau ist enorm: Rund 149 Milliarden Euro Investitionen z. B. in Klimaschutz, Digitalisierung oder Infrastruktur wurden nicht getätigt. Drei konkrete Maßnahmen würden den Kommunen aus der Klemme helfen.
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Wo spüren Bürgerinnen und Bürger die Ergebnisse von Politik hautnah? Im Internet? In den 20-Uhr-Nachrichten? Nein: Morgens im Bus zur Arbeit, tagsüber in der Schule und abends im Schwimmbad! Der eigene Wohnort ist der Platz, an dem die Menschen die Auswirkungen politischer Entscheidungen direkt erfahren. Und leider sind diese Erfahrungen nicht immer positiv. Denn viele der rund 11.000 Kommunen in Deutschland schieben seit Jahren Probleme vor sich her.
Zwar kamen viele Städte und Gemeinden finanziell vergleichsweise glimpflich durch das Corona-Jahr 2020. Das lag an der Hilfe von Bund und Ländern, die in diesem Zeitraum u. a. Wohnkosten für Hartz-IV-Empfänger*innen übernahmen und Gewerbesteuerausfälle kompensierten. Doch mittelfristig bleibt die Corona-Krise nicht ohne Folgen für die Kommunalfinanzen. Schon im Jahr 2021 werden Mindereinnahmen von 8 Milliarden Euro entstehen, schätzte jüngst die Bertelsmann Stiftung. Bis 2024 summieren sich die Mindereinnahmen auf 23 Milliarden Euro (siehe Grafik).
Quelle: Bertelsmann Stiftung, Kommunaler Finanzreport 2021; Eigene Darstellung
Welche konkreten Auswirkungen das hat, zeigt das KfW-Kommunalpanel: 57 Prozent der befragten Kommunen stimmen in der Tendenz zu, dass aufgrund der geringeren finanziellen Mittel das Investitionsvolumen reduziert wird. Betroffen sind davon vor allem Kultur-, Sport- und Sozialangebote. Bereiche also, die die Qualität unseres Zusammenlebens maßgeblich beeinflussen. Um das Ziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse zu erreichen, muss hier nachgesteuert werden. Der DGB warnt ausdrücklich davor, jetzt einen Sparkurs zu fahren. Die Folgen für unsere Gesellschaft wären fatal, das Vertrauen in die Politik würde womöglich noch mehr schwinden. Der kommunale Rettungsschirm muss deshalb aufgespannt bleiben. Coronabedingte Ausfälle müssen weiterhin von Bund und Ländern kompensiert werden. Reichen wird das aber nicht. Vielmehr müssen die Kommunen langfristig auf ein stabiles finanzielles Fundament gestellt werden.
Denn schon vor der Krise haben viele Städte und Gemeinden mit hohen Altschulden und engen finanziellen Spielräumen zu kämpfen gehabt und wichtige Zukunftsinvestitionen nicht getätigt. Der kommunale Investitionsstau wird laut KfW-Kommunalpanel auf rund 149 Milliarden Euro geschätzt. Investitionen in Klimaschutz, Digitalisierung oder Anpassungen an den demografischen Wandel kommen noch hinzu. Wie dringend aber genau diese Investitionen sind, haben die verheerende Flutkatastrophe und der aktuelle Bericht des Weltklimarats deutlich gemacht.
Deshalb braucht es erstens eine solidarische Entschuldung der besonders hoch verschuldeten Kommunen, zweitens eine Reform der Gewerbesteuer hin zu einer Gemeindewirtschaftssteuer mit einer breiteren Einnahmebasis und drittens eine volle Übernahme der Kosten durch Bund und Länder, wenn Kommunen deren Aufgaben übernehmen müssen.
Anlässlich der Bundestagswahl diskutiert der DGB am 7. September von 17 Uhr bis 19 Uhr gemeinsam mit Vertreter*innen der demokratischen Parteien im Bundestag über die Frage, was getan werden muss, um „Kommunen mit Zukunft“ zu schaffen.