Deutscher Gewerkschaftsbund

22.05.2019

Hoffmann bei EGB-Kongress: Das brauchen wir für ein soziales Europa

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann hat beim Kongress des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) klare Signale für ein soziales Europa gefordert. Dazu gehören stärkere Mitbestimmungsrechte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ein Marshallplan für Europa und Vorfahrt für soziale Grundrechte vor den Interessen der Wirtschaft.

DGB-Vorsitzender Reiner Hoffmann in Kongresshalle bei Rede an Rednerpult

DGB

DGB-Vorsitzender Reiner Hoffmann fordert auf dem EGB-Kongress am 21. Mai in Wien klare Botschaften für ein soziales Europa: 

  1. stärkere Mitbestimmungsrechte für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer überall in Europa.
  2. einen Marshall-Plan für Europa und
  3. Vorfahrt für soziale Grundrechte vor den wirtschaftlichen Freiheiten für Unternehmen

#etuc2019

"Wir brauchen einen verlässlichen Rahmen für die Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Mitbestimmungsrechte überall in Europa", sagte Hoffmann in seiner Rede vor dem EGB-Kongress.

Nach dem Juncker-Plan jetzt ein Marshall-Plan für Zukunftsinvestitionen

"Es war ein großer Erfolg für den Europäischen Gewerkschaftsbund, dass der Juncker-Plan – heute der Europäische Fond für strategische Investitionen – auf den Weg gebracht wurde. Das ist gut, reicht aber bei Weitem nicht. Wir brauchen ein ambitioniertes Zukunftsinvestitionsprogramm", so Hoffmann weiter. "Investitionen für den Ausbau unserer Infrastruktur, eine gesunde Umwelt, gute Bildung, bezahlbaren Wohnraum und vieles mehr. Wir brauchen einen europäischen Marshall-Plan, mit dem wir auch unseren Industriestandort sichern."

Der EGB-Kongress müsse "klare Botschaften für ein soziales und gerechteres Europa senden", forderte der DGB-Vorsitzende: "Die sozialen Grundrechte müssen endlich Vorfahrt vor den wirtschaftlichen Freiheiten der Unternehmen haben."


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Die komplette Rede des DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann auf dem EGB-Kongress in Wien (20. Mai 2019):

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Ihr habt den Tätigkeitsbericht vorliegen. Ich finde, das ist eine gute Gelegenheit auch einmal Danke zu sagen. Danke für die geleistete Arbeit des EGB Sekretariats in den letzten vier Jahren.

Es war nicht nur einfach in den letzten vier Jahren, aber immer dem gemeinsamen Interesse verpflichtet, die Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer überall in Europa zu verbessern.

Wir wissen sehr wohl: Europa – die EU – ist in keiner guten Verfassung.

Aber wir wissen auch: Europa ist für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer viel zu wichtig, als dass es scheitern darf.

Europa ist ein großartiges Projekt, das unserem Kontinent weitgehend Frieden und Wohlstand gesichert hat.

Die EU ist mehr, als nur ein neoliberales Freihandelsprojekt. Warum?

Es waren wir, die Gewerkschaften und der EGB – die dafür gekämpft haben – dass Europa eine soziale Dimension hat.

Aber die soziale Dimension ist nicht nur zum Stillstand gekommen. Durch eine völlig falsche Krisenpolitik sind in vielen Mitgliedsstaaten Arbeitnehmerrechte eingeschränkt, ja zum Teil regelrecht geschreddert worden.

Wir erleben seit Jahren, dass die Bindung von Tarifverträgen immer stärker zurückgeht. Warum?

Weil viel zu viele Arbeitgeber täglich Tarifflucht betreiben. Damit muss Schluss sein!

Deshalb war und ist es richtig, dass der EGB die Pay Rise Kampagne gestartet hat. Wir brauchen überall in Europa eine bessere Tarifbindung. In Deutschland ist sie im Durchschnitt von über 70% auf 54% gesunken. In anderen Mitgliedsstaaten ist sie unter 40 Prozent gesunken.

Öffentliche Aufträge dürfen zukünftig nur an solche Unternehmen vergeben werden, die auch ordentliche Tariflöhne zahlen.

Ein großer Erfolg für den EGB ist, dass die Entsende-Richtlinie nach jahrelangen Auseinandersetzungen endlich reformiert wurde. Zukünftig müssen entsendete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – egal aus welchem Mitgliedsstaat sie kommen – zu den jeweils gültigen Tariflöhnen vor Ort entlohnt werden. Damit sind wir dem Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ ein großes Stück näher gekommen.

Europa muss Gute Arbeit schützen und nicht, dass wir Gute Arbeit vor Europa schützen müssen.

Es war ein großer Erfolg für den EGB, dass der Juncker-Plan – heute der Europäische Fond für strategische Investitionen – auf den Weg gebracht wurde. Das ist gut, reicht aber bei Weitem nicht. Wir brauchen ein ambitioniertes Zukunftsinvestitionsprogramm.

Investitionen für den Ausbau unserer Infrastruktur, eine gesunde Umwelt, gute Bildung, bezahlbaren Wohnraum und vieles mehr. Wir brauchen einen europäischen Marschall-Plan, mit dem wir auch unseren Industriestandort sichern.

Der EGB hat sich dafür eingesetzt, dass die Stimme der Beschäftigten (workers voice), Beteiligung und Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gestärkt werden. Im Bereich des Europäischen Unternehmens- und Gesellschaftsrechts konnte verhindert werden, dass die Unternehmen nicht aus der Mitbestimmung fliehen. Aber auch das reicht nicht!

Wir brauchen einen verlässlichen Rahmen für die Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Mitbestimmungsrechte überall in Europa.

Lasst uns von unserem Kongress hier in Wien klare Botschaften für ein soziales und gerechteres Europa senden.

Die sozialen Grundrechte müssen endlich Vorfahrt vor den wirtschaftlichen Freiheiten der Unternehmen haben. Und lasst uns klare Kante zeigen! Gegen die Feinde Europas und die Feinde der Demokratie. Wir werden die Rechtspopulisten, radikalen Rechtsnationalen und Faschisten in ihre Grenzen verweisen.

Wir setzen uns ein für ein starkes, den Menschen und dem sozialen Europa verpflichtetes Europäisches Parlament. Und klar ist für uns auch, wenn es um die Zukunft des EGB geht: wir brauchen einen starken, handlungsfähigen und effizienten EGB.


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