Nach zähem Ringen hat das Europäische Parlament neue Regeln für Banken beschlossen. Das Ziel: mehr Stabilität schaffen und neuen Finanzkrisen vorbeugen. Klingt gut - doch ein großer Wurf ist nicht gelungen. Der DGB-klartext hat das Banking Package analysiert.
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Mitte April hat das Europäische Parlament neue Regeln für Banken beschlossen. Nach zähem Ringen um die Ausgestaltung gelten zukünftig mit dem sogenannten Banking Package für alle europäischen Geldhäuser verbindliche und weiterführende Regeln. Das Paket soll den Bankensektor stärken, Finanzstabilität gewährleisten und somit Krisen vorbeugen. Kernpunkte des Regelwerkes sind neue Verschuldungsgrenzen, zusätzliche Verlustpuffer, eine neue Behandlung bestimmter Risiken und Offenlegungs- und Meldepflichten für Banken. So weit, so gut. Aber kann die Regulierung auch für einen sicheren und stabilen Finanzmarkt sorgen?
Verdächtig war bereits, dass die sonst stets vor „Überregulierung“ warnende Finanzbranche diesmal kaum meckerte. Und tatsächlich: Die Anforderungen an die Finanzinstitute sind überschaubar. Zudem werden den Banken bei der Umsetzung großzügige Übergangsfristen eingeräumt. Das neue Regelwerk ist zwar ein nächster Schritt zur Vollendung der Bankenunion, aber unterm Strich eher ein Schrittchen statt ein Meilenstein.
So müssen Banken fortan jede Geschäftsaktivität unabhängig vom Risiko mit eigenen Mitteln im Wert von 3 Prozent des jeweiligen Geschäfts für mögliche Verluste hinterlegen. Aber bereits vor der Finanzkrise hatten europäische Banken eine solche ungewichtete Eigenkapitalquote (Leverage Ratio) von durchschnittlich 3,2 Prozent. Das hat die Krise nicht verhindert. Seitdem haben Banken ihre Kapitalpolster, auch regulatorisch verordnet, schrittweise weiter aufgebaut.
Quelle: Geschäftsberichte der Banken, eigene Berechnungen
Damit bleibt die neue verbindliche Eigenkapitalquote von 3 Prozent ein stumpfes Schwert. Um Finanzstabilität zu gewährleisten müsste die Quote bei mindestens 10 Prozent liegen. Es gibt zwar zusätzlich noch eine „risikogewichtete Eigenkapitalquote“, aber auch diese ist zu niedrig. Außerdem können Banken ihre Risiken mit internen Bewertungsmodellen schönrechnen. Weniger Risiko bedeutet, weniger Eigenkapital vorhalten zu müssen. Das steigert den Gewinn im Verhältnis zum Kapital - die Eigenkapitalrendite, die eine entscheidende Kennziffer des Erfolges für Aktionäre und Manager ist. Schön für die Banken, schlecht für die Finanzstabilität. Darüber hinaus sind Großkredite zu anderen Banken auch zukünftig im umfangreichen Maße möglich. Das systemische Ansteckungsrisiko im Falle eines Zusammenbruchs einer Bank auf den ganzen Markt wurde damit nicht gebannt.
Positiv hervorzuheben sind die neuen Regelungen für Liquiditätsrisiken. Dass nachhaltige Geschäfte regulatorisch bessergestellt und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit intensiviert werden soll, sind ebenfalls begrüßenswerte Punkte. Dennoch: Ein großer Wurf ist mit dem Banking Package nicht gelungen. Es braucht ambitioniertere Kapitalquoten und einen stringenten Umgang mit Großkrediten. Zudem muss der Schattenbankensektor angemessen reguliert und ein Finanz-TÜV eingeführt werden, der den volkswirtschaftlichen Nutzen von Finanzprodukten überprüft. Außerdem brauchen wir endlich eine Finanztransaktionssteuer, die die Zockerei auf den Kapitalmärkten bremst. Es bleibt viel zu tun, bis das Finanzsystem wirklich sicher und stabil wird.