Deutscher Gewerkschaftsbund

20.10.2020
eGovernment MONITOR 2020

Deutschland gewinnt beim Thema eGovernment an Boden

Der eGovernment Monitor der Initiative D21 untersucht jährlich die eGovernment-Entwicklung, sprich die Nutzung und Akzeptanz staatlicher Digitalangebote in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In den vergangenen Jahren gaben die Studienergebnisse in Deutschland aber wenig Grund zur Freude: Zu unbekannt, zu unbequem und zu unpassend waren die E-Government-Angebote hierzulande, vor allem im Vergleich zu seinen Nachbarn.

Nahaufnahme: Finger berührt ein Smart-Tablet (Symbolbild für digitale Arbeit / Digitalisierung)

DGB/123rf.com/kantver

Daran hat sich auch laut der aktuellen Erhebung nichts Wesentliches geändert, wenngleich ein leichter Aufwärtstrend bei der Nutzung und der Akzeptanz zu erkennen ist. In der Studie selbst, an der sich in diesem Jahr erstmals der DGB als Partner beteiligte, zeigt sich Bewegung auf verschiedenen Feldern. Im Folgenden die zentralen Ergebnisse aus dem eGovernment MONITOR 2020 auf einen Blick:

Bekanntheit

E-Government setzt sich aus einer Vielzahl verschiedenster Verwaltungsdienste zusammen. Das spiegelt sich auch in ganz unterschiedlichen Bekanntheitsniveaus der einzelnen Angebote wider. Für viele Dienste besteht noch erheblicher Aufklärungsbedarf. So ist die Online-Suche nach Informationen zu Verwaltungsdienstleistungen in Deutschland knapp 90 Prozent der Online-Bevölkerung geläufig (ähnlich wie in Österreich und der Schweiz). Immerhin drei von vier BürgerInnen kennen Online-Formulare oder die Online-Terminvereinbarung bei Behörden. Im Gegensatz dazu erreicht selbst zu Coronazeiten die Möglichkeit, staatliche Unterstützungsleistungen online zu beantragen, weniger als ein Drittel, für das Kindergeld sind es noch weniger. Hier muss dringend nachgebessert werden.

Nutzung

Die Nutzung von E-Government-Angeboten ist in allen drei Untersuchungsländern dennoch insgesamt angestiegen, besonders stark dabei in Deutschland von 48 auf 54 Prozentpunkte. Mit 54 Prozent überwiegen erstmals die NutzerInnen gegenüber den Nicht-NutzerInnen.

 Diagramm Anstieg der E-Government-Nutzung in der DACH-Region

eGovernment MONITOR 2020 der Initiative D21 und TUM(CC-BY SA 4.0)

Hinweis – Nutzung und Corona:

Diese Steigerung legt auf den ersten Blick den Schluss nahe, dass die Corona-Pandemie starken Einfluss hat. Die BürgerInnen mussten aufgrund der Einschränkung persönlicher Kontaktmöglichkeiten und zeitweise geschlossener Ämter auf den digitalen Pfad ausweichen. Bei genauerer Betrachtung sprechen jedoch laut Bericht mehrere Faktoren für eine allgemein positive Entwicklung, d.h. einen generellen Trend hin zur digitalen Nutzung. Zum einen zielt die Abfrage auf eine Nutzung der Verwaltungsangebote „innerhalb der vergangenen zwölf Monate“, von denen zum Abfragezeitpunkt nur vier in den Zeitraum der Pandemie fallen. Zum anderen wurden die BürgerInnen explizit danach gefragt, wie sie während der Pandemie mit ihren Behördenanliegen umgegangen sind. Die Ergebnisse auf einen Blick:

eGovernment MONITOR 2020 der Initiative D21 und TUM(CC-BY SA 4.0)

Zufriedenheit und Usability

Was die Zufriedenheit und Nutzerfreundlichkeit angeht, liegt Deutschland bei digitalen Behördendiensten nach wie vor mit deutlichem Abstand hinter der Schweiz und Österreich. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich alle drei Länder verbessert. Betrachtet man jedoch die langfristige Entwicklung, dann hat sich seit 2012 eigentlich nicht viel verändert. Während in Österreich und in der Schweiz das Niveau nahezu stabil bleibt, verzeichnet Deutschland über die Jahre einen leicht positiven Trend. Die Zufriedenheit stieg demnach von 2012 bis heute um fünf Prozentpunkte, kann jedoch noch immer nicht zum konstant höheren Niveau der Nachbarländer aufschließen. In allen drei Ländern ist zu beobachten, dass die Zufriedenheit mit digitalen Behördendiensten mit dem Bildungsniveau zunimmt.

eGovernment MONITOR 2020 der Initiative D21 und TUM(CC-BY SA 4.0)

Barrieren und Einstellungen

Um nutzerzentrierte und bedarfsgerechte E-Government-Angebote gestalten zu können, muss die Perspektive der BürgerInnen eingenommen und deren Gewohnheiten, Bedürfnisse und Einstellungen berücksichtig werden. Das haben mittlerweile auch die Behörden in Deutschland verstanden und setzen im Rahmen der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) auf die Einbeziehung von NutzerInnen. Allerdings: Die Deutschen sehen wenig Veranlassung, bekannte Abläufe zu verändern – das gilt auch für E-Government. Über die Hälfte der Befragten, die Behördengänge vor Ort in Anspruch nehmen – sprich aktuell keine E-Government-Angebote nutzen – wollen den Gang zum Amt aus alter Gewohnheit beibehalten, anstatt auf digitale Möglichkeiten umzusteigen. Vier von zehn äußern explizit, es sei für sie mit Aufwand verbunden, an dieser Routine etwas zu ändern. Wer hingegen in den letzten zwölf Monaten in irgendeiner Form E-Government genutzt hat, ist eher bereit zu Veränderungen. Eine wichtige Rolle spielen hier die persönlichen (und positiven) digitalen Nutzungserfahrungen.

eGovernment MONITOR 2020 der Initiative D21 und TUM(CC-BY SA 4.0)

Nutzertypen E-Government

NutzerInnen von E-Government unterscheiden sich stark voneinander – eine reine Betrachtung des Durchschnitts reicht für eine bedarfsgerechte Gestaltung von E-Government in Deutschland nicht aus, denn, den „typischen“ bzw. die „typische“ E-Government-NutzerIn gibt es nicht. Je nach Nutzertyp spielen dabei andere Motivationsfaktoren und Barrieren eine zentrale Rolle. Diese Diversität erfordert unterschiedliche Mittel und Strategien, um die jeweiligen Typen zu einer vermehrten Nutzung von digitalen Verwaltungsdiensten zu motivieren bzw. auf ihre unterschiedlichen Bedürfnisse angemessen einzugehen. Der Bericht hat in diesem Jahr erstmals verschiedene Nutzertypen und deren Erwartungen gebildet. 

Der Bericht aus Perspektive des DGB

Für Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende, ist im Rahmen des aktuellen eGovernment MONITORs erneut deutlich geworden: „Um die Digitalisierung in Deutschland voranzutreiben, ist es nur folgerichtig, dass die neuen digitalen Prozesse und Fachverfahren stärker die Bürgerinnen und Bürger in den Fokus nehmen. Aber genauso richtig und wichtig ist es, die Interessen der Beschäftigten bei der Digitalisierung angemessen zu berücksichtigen. Digitalisierung kann nur funktionieren, wenn diese und ihre Interessenvertreter beteiligt werden. Gerade richtungsweisende Entscheidungen müssen gemeinsam getroffen und dann auch getragen werden. Nicht zuletzt müssen die Beschäftigten entsprechend qualifiziert werden. Die Digitalisierung erfordert neue, teils anders gelagerte Kompetenzen. Um auch die nötige Offenheit bei Beschäftigten zu stoßen, sind entsprechende Weiterbildungen unerlässlich und können zudem die Angst nehmen, durch die Veränderungen auf der Strecke zu bleiben.“

Mehr zum eGovernment MONITOR:

Der eGovernment MONITOR 2020 ist eine Studie der Initiative D21 und fortiss (Forschungsinstitut des Freistaats Bayern für softwareintensive Systeme und Services) und wird durchgeführt von Kantar sowie unterstützt durch zahlreiche Partner aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.

Der eGovernment MONITOR beleuchtet seit 2011 jährlich die aktuelle E-Government-Situation in Deutschland. Zentrale Untersuchungsgegenstände sind: Bekanntheit, (mobile) Nutzung, Nutzungsbarrieren, Zufriedenheit sowie die Identifikation im Zusammenhang mit digitalen Behördengängen. Seit 2012 werden Österreich und die Schweiz als Vergleichsländer herangezogen.


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Dieser Artikel gehört zum Dossier:

Digitalisierung im öffentlichen Dienst

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