Deutscher Gewerkschaftsbund

09.10.2020

Rente und Steuer: endlich gerechter und einfacher gestalten

Seit 2005 wird die gesetzliche Rente zunehmend steuerpflichtig. In den kommenden Jahren droht daher eine Zweifachbesteuerung. Und gleichzeitig überfordert es viele Rentnerinnen und Rentner, wenn sie eine Steuererklärung abgeben und Abschlagszahlungen leisten müssen. In einem Fachgespräch in Bautzen hat der DGB Möglichkeiten erörtert, wie diese Probleme vermieden werden können.

Miniatur Rentnerpaar steht auf Goldmünzen

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Der DGB-Bezirk Sachsen, der DGB-Seniorenarbeitskreis Sachsen sowie die DGB-Region Ostsachsen  haben zu diesem Thema eine Fach-Veranstaltung in Bautzen durchgeführt. Neben der Frage der Besteuerung war auch die Beitragspflicht auf die gesetzliche Renten und die Betriebsrenten Thema. Einmütig wurde die Umstellung als grundsätzlich akzeptabel wahrgenommen. Allerdings werden viele Umsetzungsprobleme gesehen.

Das erste große Thema ist die Frage der zunehmenden Wahrscheinlichkeit einer Zweifachbesteuerung. Dies bedeutet, dass zu besteuernde Teile der Rente aus bereits versteuertem Beitrag stammen. Eine zweifache Besteuerung ist aber verfassungsrechtlich untersagt. Die Beweisführung an dieser Stelle jedoch schwierig. Politisch ist dies ebenfalls sehr umstritten, zumal unterschiedliche Auffassungen darüber vertreten werden, wie genau eine zweifache Besteuerung zu berechnen ist. Für den DGB und alle Expertinnen und Experten ist jedoch klar, dass die Gefahr einer Zweifachbesteuerung mit jedem Jahr weiter ansteigt. Es bestand Einigkeit darin, dass der Gesetzgeber und die Politik nicht abwarten dürfen, bis die Gerichte die bestehenden Regeln für verfassungswidrig erklären, sondern jetzt von sich aus handeln und eine zweifache Besteuerung ausschließen müssen. Leider wird hier gerade der gegenteilige Eindruck erweckt, wenn die Regierung wiederholt darlegt, dass bisher keine Zweifachbesteuerung vorläge, und den Blick in die Zukunft vermeidet. Der DGB fordert den Bundestag und die Bundesregierung auf, einen Vorschlag zu erarbeiten und vorzulegen, wie eine zweifach Besteuerung künftig und dauerhaft ausgeschlossen ist.

Der zweite Aspekt der zunehmenden Besteuerung ist, dass die Steuern für Rentnerinnen und Rentner nicht von der Rentenversicherung automatisch abgeführt werden. Vielmehr muss die Rentnerin bzw. der Rentner von sich eine Steuererklärung einreichen. Soweit eine nicht nur geringe Steuerpflicht entsteht, sind außerdem noch unterjährige Vorauszahlungen zu leisten. Für den DGB ist klar, dass wir hier zu einem besseren Verfahren kommen müssen. Ziel muss sein, dass auch hier die Steuern von der Rentenversicherung abgeführt werden.

 

Hintergrund:

Infolge eines Verfassungsgerichtsurteils hat der Gesetzgeber beschlossen, für die gesetzlichen Renten ab 2005 bis 2040 schrittweise die nachgelagerte Besteuerung einzuführen. Im Gegenzug werden die Beiträge der Beschäftigten ab 2005 bis 2025 schrittweise voll steuerfrei gestellt. Zunächst ist diese Umstellung dem Grunde nach vorteilhaft für Beschäftigte, da in der Rente regelmäßig vergleichsweise geringere Steuern fällig werden als während des Arbeitslebens. Der Übergang ab 2005 ist jedoch mit zusätzlichen Belastungen verbunden. Einerseits, da zunehmend eine zweifache Besteuerung droht. Zweifache Besteuerung heißt, dass Teile der Rente nochmal besteuert werden, die bereits auf versteuertem Einkommen beruhen. Zum zweiten sinkt dadurch die Nettorente nach Steuern noch stärker, als es durch das Absenken des Rentenniveaus bereits vorgesehen ist. Hierfür wurde nie ein Ausgleich geschaffen. Das Nettorentenniveau nach Steuern sinkt daher bis 2040 noch stärker als das Sicherungsniveau vor Steuern.

Ebenfalls zur Sprache kam die Frage der Verbeitragung von gesetzlicher und betrieblicher Rente zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Der zum 1.1.2020 für die Krankenkassenbeiträge eingeführte Freibetrag von aktuell 159 Euro (1/20 der monatlichen Bezugsgröße) wird hier ausdrücklich begrüßt. Zwar schließt dieser eine zweifache Verbeitragung nicht systematisch aus, mindert aber die Belastungen ganz erheblich; für einen Großteil liegen diese jetzt nicht mal mehr halb so hoch wie vorher. Allerdings bestehen weiterhin Probleme mit einer Mehrfachbesteuerung – dies gilt insbesondere für die gesetzliche Renten, aber beispielsweise auch für die Zusatzversorgungen im öffentlichen Dienst. Als ungerecht und unangemessen wird dabei empfunden, dass auf Renten der allgemeine Beitragssatz von 14,6 % erhoben wird, obwohl eigentlich der ermäßigte Satz von 14,0 Prozent zu erheben wäre, da auf Beiträge aus der Rente kein Krankengeldanspruch gewährt wird. Dies gilt erst Recht, weil der Gesundheitsminister Jens Spahn letztes Jahr das Gesetz so verändert hat, dass die Krankenkassen erwerbstätigen Rentnerinnen und Rentnern sogar ihren Krankengeldanspruch auf die Lohnbeiträge wegnehmen darf, indem die Krankenkassen die Rentnerinnen und Rentner zwingen dürfen, statt der Teilrente ein Vollrente zu beziehen – auch wenn dies mit zusätzlichen Abschlägen verbunden ist. Der Gesundheitsminister greift den Rentnerinnen und Rentnern also munter in die Tasche, ohne ihnen gleichzeitig die mit diesen Beiträgen finanzierten Leistungen tatsächlich zu gewähren – schlimmer noch: Erwerbstätige Rentnerinnen und Rentner, die krank werden, sollen aus Sicht von Jens Spahn in Vollrente gehen und die entsprechenden Abschläge hinnehmen, statt das ihnen zustehende Krankengeld zu bekommen. Hier besteht dringende Korrekturbedarf. Für den DGB ist klar: Erwerbstätige Rentnerinnen und Rentner haben den gleichen sozialen Schutz verdient wie Beschäftigte, die noch nicht in Rente sind. Alles andere ist nicht zu rechtfertigen und dient nur den Interessen der Arbeitgeber.


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