Deutscher Gewerkschaftsbund

29.01.2016
Digitale Verwaltung

Smart, bürgernah und barrierefrei

einblick 02/2016

Eine digitale öffentliche Verwaltung bietet riesige Chancen für alle BürgerInnen, aber auch für eine faire und sichere Arbeitswelt. Der DGB will eine gewerkschaftliche Debatte zum Thema E-Government anschieben.

Männerhand bedient Laptop Tastatur, Taschenrechner Briefumschlag, Symbolbild für Clickworker Crowdworker, Crowdworking, Cloudworker, Cloudworking

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Deutsche sind eher skeptisch, wenn es darum geht, Verwaltungsangelegenheiten online abzuwickeln. Gerade einmal 39 Prozent haben 2015 ihre Meldebestätigung oder die Steuererklärung online bearbeitet – viel Luft nach oben für E-Government-Angebote. Zum Vergleich: Drei Viertel der Schweden nutzen bereits die digitalen Angebote ihrer Behörden. Die Ursachen für das gespaltene Verhältnis der BürgerInnen zu digitaler Verwaltung sind zahlreich, wie der DGB in seiner aktuellen Stellungnahme zum E-Government-Aktionsplan 2016 bis 2020 der EU-Kommission feststellt: Geringe Nutzerfreundlichkeit, Defizite beim Datenschutz und mangelnde Barrierefreiheit sind nur einige Gründe, warum die Onlinedienste des Staates nicht ankommen.

Bürgernah und barrierefrei

„Die öffentliche Verwaltung muss smarter werden. Es reicht im Jahr 2016 nicht mehr aus, schwerverständliche Formulare und Anträge auf eine Homepage zu stellen und zu hoffen, dass die Bürger damit klarkommen“, kritisiert die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. So gelte es, die Angebote auf die Lebens- und Arbeitsrealität der Menschen auszurichten. Alle öffentlichen Internetseiten, Formulare, Anträge und Co. sollen in einer leicht verständlichen Sprache verfasst sein. Auch Menschen mit einer Sehbehinderung müssen uneingeschränkten Zugang zu den Inhalten haben. Vor allem beim Datenschutz muss aus Sicht des DGB nachgearbeitet werden. „Klar ist, wenn Menschen ihre persönlichen Angaben online an Behörden weitergeben, müssen diese Daten geschützt sein. Die Bürger müssen zudem wissen, was mit den Daten in der Zukunft passiert und wer darauf Zugriff hat“, fordert Hannack.

Grafik Digitale Verwaltung

Die BürgerInnen in Deutschland sind im Vergleich zu Menschen in Schweden, Österreich und der Schweiz eher E-Government-Muffel. Gerade einmal 39 Prozent nutzten 2015 digitale Dienste, um Verwaltungsangelegenheiten zu erledigen. DGB einblick 02/2016

Mit dem Papier will der DGB auch in den Gewerkschaften eine Debatte über E-Government anstoßen. Bisher haben vor allem UnternehmerInnen ihre Sicht auf die digitalen Behördendienste öffentlich gemacht. Sie versprechen sich davon vor allem weniger Bürokratie. Dabei könnte E-Government auch viele Möglichkeiten für eine faire und sichere Arbeitswelt bieten, meint der DGB – zum Beispiel im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping. Bei Gewerbeanmeldungen könnte etwa sehr einfach geprüft werden, ob es sich um legale Betriebe oder um Scheinselbstständige handelt. Letzteres ist häufig der Fall, wenn unter einer Adresse mehrere Gewerbe angemeldet werden.

Jobportale mit fairen Angeboten

Vorstellbar ist, dass öffentliche Datenbestände (Big Government Data) ausgewertet werden, um Betriebe zu kontrollieren, in denen auffallend viele Unfälle passieren. Auch wenn aus einem Unternehmen ungewöhnlich viele Beschäftigte in Erwerbsminderungsrente gehen, könnte das zum Anlass genommen werden, um automatisch Kontrollen durchzuführen. Ebenso hat der DGB die Stellenvermittlung im Fokus: Öffentliche Jobportale sollen künftig darauf getrimmt werden, nur Stellen zu vermitteln, bei den Tarifstandards eingehalten werden. Die BewerberInnen sollen per Suchfunktion die Möglichkeiten haben, nur Angebote mit Tariflöhnen herauszufiltern.

Faire Mobilität

„Die digitalen Dienste müssen berücksichtigen, dass viele Menschen aus europäischen Ländern hier arbeiten. Sie benötigen gezielte Informationen über Regeln, die auf dem deutschen Arbeitsmarkt gelten“, so Hannack. Gerade Beschäftigte aus osteuropäischen Ländern sind häufig Opfer von Ausbeutung. Sie brauchen Rat und Hinweise in ihrer Muttersprache. Zudem müsse es Möglichkeiten geben, um Ausbeutung oder Betrug zu melden. Da diese Beschäftigten häufig nur mit einem Mobiltelefon ausgestattet sind, sollen die Inhalte nicht nur auf dem PC gut lesbar sein, sondern auch auf dem Handy.

Zugriff für alle

Generell setzt der DGB beim Ausbau der digitalen Verwaltung auf „offene Standards“. „Die staatliche IT darf weder Geräte noch Anwendungen von speziellen Anbietern bevorzugen. Auch Menschen mit älteren internetfähigen Mobiltelefonen müssen Zugang zu den digitalen Diensten haben“, fordert die stellvertretende DGB-Vorsitzende. Und erfolgreich können E-Government-Lösungen nur dann sein, wenn nicht nur in Technik, sondern auch in die Qualifizierung des Personals investiert wird.


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Erschienen in: einblick 2/2016 vom 1. Februar 2016


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