5,7 Billionen Euro haben die Deutschen an Privatvermögen angehäuft - so viel wie noch nie. Doch wie ungleich der Reichtum verteilt ist, zeigt der neueste Armuts- und Reichtumsbericht. So besitzt das reichste Zehntel fast 60 Prozent der Vermögen. Um diese Zweiteilung der Gesellschaft zu bekämpfen muss die Politik die Reichen wieder stärker in die Pflicht nehmen, fordert der DGB-klartext.
Gigantische Managergehälter sind wieder in den Schlagzeilen. Forderungen nach einer stärkeren Begrenzung werden wieder lauter. Zu Recht! Denn Millionen-Boni bei der Deutschen Bank oder die Riesen-Rente für Ex-VW-Chef Martin Winterkorn zeigen, dass etwas schief läuft in Deutschland. Einerseits sind hierzulande mehrere Millionen Menschen arm oder von Armut bedroht. Andererseits werden in manchen Chefetagen Gehälter und Pensionen gezahlt, die fern jeder Realität sind.
Insgesamt wird Deutschland zwar reicher. So stiegen die privaten Geldvermögen im letzten Jahr auf einen Höchststand von 5,7 Billionen Euro. Doch dieser Reichtum ist höchst ungleich verteilt. Der deutlich gestiegene materielle Wohlstand der Gesellschaft wurde nicht genutzt, um den krassen Abstand der unteren Einkommen zur Mitte zu verkleinern. Das bittere Fazit: Deutschland ist ein zweigeteiltes Land.
Rund ein Viertel der Einkommen geht an das reichste Zehntel in Deutschland. Dieses besitzt außerdem fast 60 Prozent des Vermögens. Grafik DGB; Quelle: SOEP v30, Berechnungen IAW.
Der 5. Armuts- und Reichtumsbericht (ARB) der Bundesregierung belegt die enorme soziale Ungleichheit unserer Gesellschaft. Jeder Sechste ist von Armut bedroht. Besonders betroffen sind Alleinerziehende und Erwerbslose. Und der soziale Aufstieg wird zunehmend schwieriger. Die Einkommen und noch stärker die Vermögen sind hierzulande sehr ungleich verteilt. Nach aktuellen Zahlen erhalten die reichsten 10% etwa 24% der Einkommen und besitzen sogar fast 60% der Vermögen (siehe Abbildung).
Die Bundesregierung beschreibt die Probleme im ARB durchaus treffend – doch sie liefert keine Lösungen, um die Armut und die stetig wachsende Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen zu bekämpfen. Besonders pikant: Einige Passagen im ersten Berichtsentwurf, die eine stärkere Verantwortung der Reichen und Vermögenden an der Finanzierung des Gemeinwohls einfordern, wurden in der aktuellen Version gestrichen oder zumindest abgeschwächt. Eine ehrliche Debatte über Ungleichheit und Möglichkeiten zum Abbau der sozialen Schieflage sieht anders aus.
Es braucht endlich eine Politik, die Armut bekämpft und Reiche stärker in die Pflicht nimmt. Ansatzpunkte dafür gibt es viele: Prekäre Beschäftigung muss zurückgedrängt, die Tarifbindung gestärkt und der Mindestlohn ohne Ausnahmen durchgesetzt werden. Eine Stabilisierung und langfristige Erhöhung des Rentenniveaus beugt Altersarmut vor. Und steuerpolitisch hat der DGB jüngst ausführliche Vorschläge gemacht – inklusive fairer Vermögen- und Erbschaftsteuern und eines gerechteren Tarifverlaufs bei der Einkommensteuer.
Aber auch zu hohe Top-Gehälter können angegangen werden, wenn der politische Wille da ist. Transparenz über Verträge, eine Deckelung der Bezüge und eine Langfristorientierung der Vergütungssysteme können ausufernder Bezahlung einen Riegel vorschieben. Zudem dürfen Gehälter, Boni und Pensionen ab einer bestimmten Höhe nicht mehr steuerlich privilegiert werden.
Die Politik muss beides verhindern – die Armut und die Konzentration von Reichtum in wenigen Händen. Dann wächst die zweigeteilte Gesellschaft wieder zusammen.