Deutscher Gewerkschaftsbund

09.09.2019
Handwerk

Zurück zur Meisterpflicht

Drei Fragen an Stefan Körzell

Mit der Reform der Handwerksordnung war es Handwerkern auch ohne Meisterpflicht erlaubt, sich selbständig zu machen. Das hat sich nicht nur negativ auf die Qualität der Arbeit sondern auch auf die Preise ausgewirkt. DGB-Vorstand Stefan Körzell fordert daher die Wiedereinführung der Meisterpflicht, damit wieder Qualität und Leistung im Mittelpunkt des Handwerks stehen.

Portrait Stefan Körzell

DGB/Simone M. Neumann

Wiedereinführung der Meisterpflicht – welche Hoffnungen sind damit verbunden?

Körzell: Mit der Wiedereinführung der Meisterpflicht sollen, in einer Zeit, in der das Handwerk händeringend Fachkräfte sucht,  Fehler der Vergangenheit korrigiert werden. Seinerzeit war die Hoffnung, dass sich ohne Meisterpflicht mehr Menschen selbständig machen und Unternehmen gründen. Dies ist auch geschehen und es ist eingetreten, wovor wir seinerzeit schon gewarnt haben:  Es wurden hauptsächlich Klein- und Kleinstunternehmen gegründet, in denen Soloselbstständige, oft ohne das nötige Know-how und ohne weitere Absicherung zu prekären Bedingungen arbeiten. Dies hatte Auswirkungen auf die Qualität der ausgeführten Arbeiten, aber auch auf die Preise. Die Betriebe, die mit gut ausgebildeten und tariflich bezahlten Gesellinnen und Gesellen, qualitativ hochwertige Arbeit leisten,  haben heute mit unqualifizierter Billigkonkurrenz zu kämpfen und kommen, weil sie teurer sind oft nicht mehr zum Zug. Werden nur einzelne Gewerke wieder in die Meisterpflicht zurück geführt, wird sich daran nichts ändern.

Unsere Hoffnung ist deshalb, dass der Gesetzgeber diese Gelegenheit nutzt, die Handwerksordnung zukunftsfest zu machen und eine umfassende Reform anzugehen. Die Handwerksordnung sollte einen Rahmen bilden, indem statt Dumpingpreisen wieder die Leistung und ihre Qualität die Grundlage des Wettbewerbs bilden.

Warum ist es wichtig, die Meisterpflicht nach Kriterien wieder einzuführen?

Körzell: Es darf hier kein „Wünsch-Dir-was“ geben. Nur die 12 genannten Gewerke in die Meisterpflicht zurückzuführen ist zu wenig.  Ein klares Kriterium muss hier die Gefahrengeneigtheit und der Schutz von Leben und Gesundheit sein. Bei den Elektrikern stellt niemand in Frage, dass es eine Meisterpflicht gibt. Niemand möchte einen Stromschlag riskieren, weil Arbeiten nicht sachgemäß ausgeführt werden.  Aber auch eine unsachgemäß befestigte Leuchtreklame stellt eine Gefahr dar, bisher braucht es zur Gründung eines Unternehmens als Schilder- und Lichtreklamehersteller/in keinen Meisterbrief. Ebenso wenig, wie zur Gründung eines Unternehmens in der Gebäudereinigung. Gebäudereiniger gehen mit gefährlichen Chemikalien um, in Krankenhäusern reinigen sie unter anderem OP-Säle. Hier ist mangelnde Fachkenntnis nicht nur gefährlich für die Beschäftigten, sondern auch für alle anderen.

Was müsste darüber hinaus passieren?

Körzell: Um Fachkräfte gut auszubilden und hinterher auch im Handwerk zu halten, braucht es gute Arbeits- und Ausbildungsbedingungen. Diese werden am besten durch Tarifverträge sicher gestellt. Im Handwerk arbeiten 70 Prozent der Beschäftigten ohne Tarifvertrag. Die Innungen und Innungsverbände müssen wieder vermehrt dazu gebracht werden, Tarifverträge abzuschließen. Ein Hebel hierfür könnte es sein, in der Handwerksordnung die Leistungsfähigkeit der Innungen zu definieren und als Kriterium einzuführen, ob die Aufgabe als Sozialpartner Tarifverträge abzuschließen erfüllt wird. Würde sich eine Innung dann als nicht leistungsfähig erweisen, könnte ihr der Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts entzogen werden. Dann könnte sie keine Prüfungen mehr abnehmen. Die Abnahme von Prüfungen würde an die Handwerkskammern zurück fallen.

Auch muss insgesamt die Sozialpartnerschaft gestärkt werden. Die Wiederaufnahme des ausgesetzten Branchendialogs Handwerk könnte dafür ein erster Schritt sein. Das Handwerk boomt, wann, wenn nicht jetzt, ist es Zeit auch die Beschäftigten daran teilhaben zu lassen?


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