Mike Schwarz ist Betriebsrat, Vorsitzender des Europa-Forums und Mitglied des Aufsichtsrates beim Pharma- und Medizinbedarfs-Unternehmen B. Braun Melsungen AG. Der Betriebsrat hat bereits während der Sars-Epidemie 2002 Betriebsvereinbarungen geschlossen, um die Belegschaft abzusichern. Sein Betriebsrat hat einen Sonderpreis beim Betriebsrätepreis für die Corona-Arbeit erhalten.
B. Braun Melsungen
Wir sind 35 Betriebsräte und 7300 Beschäftigte, davon rund die Hälfte in der Produktion. Die Betriebsratsarbeit läuft größtenteils online ab, dazu gibt es eine Vereinbarung – die wir einseitig kündigen können, damit wir zurück in Präsenzveranstaltungen können. Wenn wir etwas intensiver diskutieren wollen, gehen wir in eine Großsporthalle.
Im Betrieb gingen die Lockerungen nie so weit wie draußen; wir sind systemrelevant, wir wollen und müssen die Produkte an die Krankenhäuser liefern. Im Verwaltungsbereich war es vergleichsweise einfach, Hygieneregeln umzusetzen. In der Produktion haben wir die Gruppen kleinteiliger gemacht; aus einem Team wurden zwei, aus zwei Teams drei – und sie sind sich beim Schichtwechsel nicht mehr begegnet. Hier ist uns der Arbeitgeber entgegengekommen, indem er trotz Übergangszeit acht Stunden bezahlt hat. Zudem gibt es jetzt im Betrieb auch eigene Schnelltests. Masken werden auch getragen, wo notwendig, allerdings keine selbst gefertigten und nicht in Reinraumbereichen.
Die dadurch entstandenen Produktionslücken haben wir so aufgefangen, dass zum Beispiel bei einer 5-Tage-Woche eine Sonderschicht am Samstag eingeführt wurde.
Wir haben schon früh Reservemannschaften gebildet und geschult; so haben sich z.B. viele aus dem Außendienst hier eingetragen, die dann in der Logistik gearbeitet haben und Päckchen packten. Die Bereitschaft dazu war groß und sehr beeindruckend! Die Reserve hat schon alle Schulungen durchlaufen, vom Sicherheitscheck bis zur Produktschulung und kann notfalls sofort eingesetzt werden. Ich bin auch dabei. Da ist schon der Spind mit Kleidung in der richtigen Größe reserviert.
Die Belegschaft hat ohne Zögern mitgezogen, obwohl so was wie Schichtänderungen immer das Leben der Menschen komplett umkrempelt. Wir haben sogar weniger Krankheitsfälle und mehr Produktivität – das hätte ich so nie gedacht.
Wir haben parallel die Vereinbarung zur Standortsicherung verhandelt, die wäre Ende des Jahres ausgelaufen. Da gab es schon erheblichen Druck seitens der Arbeitgeber in der Debatte um Arbeitsplätze und Qualifizierung, das war ärgerlich. Aber sie ist unter Dach und Fach, die nächsten sechs Jahre sind die Arbeitsplätze sicher und es wird investiert.
Den Preis verdienen eigentlich alle Betriebsräte, die sich gerade für die Belegschaften einsetzen – und die Menschen, die draußen ihren Kopf hinhalten, von der Verkäuferin bis zu Polizisten.
privat
Mike Schwarz
ist freigestellter Betriebsrat bei B. Braun Melsungen und vertritt die ArbeitnehmerInnen auch im Aufsichtsrat. Nebenbei ist er Mitglied im IG BCE-Bezirksvorstand und ehrenamtlicher Arbeitsrichter am Landesarbeitsgericht in Frankfurt Main.
Unter Corona-Schutzauflagen sind am 5. November die Gewinner-Innen des Deutschen Betriebsräte-Preises 2020 so feierlich wie möglich ausgezeichnet worden. Die Ehrung fiel pandemiebedingt kleiner aus als in den Vorjahren. Viele LaudatorInnen und nominierte Gremien waren per Video zugeschaltet. Viele hundert Zuschauer und TeilnehmerInnen des Deutschen Betriebsräte-Tags nutzten das digitale Format, um das Geschehen live zu verfolgen. Die PreisträgerInnen sind:
Mehr Informationen: www.deutscherbetriebsraete-preis.de