Deutscher Gewerkschaftsbund

14.12.2018
Rente

Viele Rentnerinnen und Rentner sind arm

Viele Erwerbstätige, Rentnerinnen und Rentner leben unterhalb der Armutsgrenze. Das ist ein Ergebnis des am Donnerstag veröffentlichten Armutsberichts des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Eine neue Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung zeigt auch: 20 Prozent der gesetzlich Versicherten haben nur geringe Rentenansprüche.

Hand von älterer Dame hält mehrere Münzen

DGB/Kaspars Grinvalds/123rf.com

Die Zahl der von Armut betroffenen Menschen in Deutschland ist gestiegen. Mit einer Armutsquote von 16,8 Prozent sei erneut eine „traurige Rekordmarke seit der Vereinigung“ erreicht, sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen anlässlich der Veröffentlichung des neuen Armutsberichts in Berlin. Das Bild von Armut müsse korrigiert werden, sagte Schneider weiter. Die öffentliche Wahrnehmung „Arme, das sind vor allem Arbeitslose, Alleinerziehende, Migranten und ungebildete und unqualifizierte Menschen“, sei falsch.

Arm trotz Arbeit

Wer also sind „die Armen“? Nach dem neuen Bericht „in der ganz überwiegenden Zahl" hier geborene Menschen mit „zumeist mittlerem oder höherem Qualifikationsniveau“, so Schneider. „Womit wir es also statistisch zu tun haben, ist echtes `working poor`. Armut trotz echter Arbeit.“

Die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) veröffentlichte just am Vortag die Ergebnisse einer neuen Studie, die zum Thema passt. Danach verfügen 20 Prozent der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung trotz langjähriger Versicherungszeiten nur über geringe Rentenansprüche. Davon sind 90 Prozent Frauen, viele von ihnen hätten lange in Teilzeit gearbeitet und ihre Erwerbstätigkeit unterbrochen, schreiben Martin Brussig und Lina Zink vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen in der von der HBS geförderten Untersuchung.

Zwar führten geringe Ansprüche nicht in jedem Fall zur Armut im Alter – etwa wenn der oder die Partnerin besser verdient oder Vermögen vorhanden ist. Doch die gesetzliche Rente sei nach wie vor für die große Mehrheit die finanzielle Basis der Altersvorsorge, heißt es weiter.

Altersvorsorge in der Diskussion

Wenn Menschen lange Jahre einzahlen und dann nur wenig bekommen, gerät das Rentensystem in eine Legitimationskrise, so die Forscher weiter. Schon lange wird in Politik und Wissenschaft erbittert um die vermeintlich besseren Konzepte gerungen – oft ideologisch verkürzt oder mit durchschaubaren Interessen. So forderte Friedrich Merz, CDU-Politiker und hoher Funktionär und Lobbyist für den weltweit größten Vermögensverwalter Blackrock, im Wahlkampf um den Parteivorsitz bei der Union unlängst die Einführung einer aktiengestützten Altersvorsorge. Und dass die Rente „nicht mehr bezahlbar“ sei, pfeifen konservative Spatzen seit Jahren von den Dächern.

Es sei nicht sinnvoll, kapitalgestützte Vorsorgeformen wie etwa Aktien zu fördern, schreiben dagegen Brussig und Zink. Denn diese erreichen schlicht und ergreifend nicht diejenigen, die es am Nötigsten bräuchten; nämlich diejenigen mit dem größten Risiko von Armutsrenten. Denn gerade die können sich die private, kapitalgestützte Vorsorge nicht leisten.

Die gesetzliche Rente stärken

Stattdessen muss die gesetzliche Rente gestärkt werden. Das fordert nicht nur der DGB seit Jahren. ,Anlässlich der Veröffentlichung des Armutsberichts sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach: „Fast ein Viertel der Gesamtheit der erwachsenen Armen sind Rentenrinnen und Rentner – diese Zahl des Armutsberichts ist ein Grund zur Scham angesichts des Wohlstands in Deutschland. Es ist jetzt Zeit für einen Kurswechsel, sonst wird sich die Zahl derjenigen, die im Alter von der Grundsicherung leben müssen und unter Armut leiden, weiter deutlich erhöhen.“

Das Netzwerk Gerechte Rente, bestehend aus DGB sowie den Sozialverbänden VdK, Paritätischer Wohlfahrtsverband, SoVD und Volkssolidarität, der Arbeiterwohlfahrt und der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB[2] ), stellte am Donnerstag einen Sechs-Punkte-Plan mit Sofortmaßnahmen für die gesetzliche Rente vor. Dazu zählt unter anderem, das Rentenniveau auch nach 2025 zu stabilisieren und wieder anzuheben. Das sei „die Basis einer guten Rentenpolitik“, hieß es in der gemeinsamen Mitteilung des Netzwerks.

„Würde der Gesetzgeber dieses Sofortprogramm konsequent umsetzen“, sagte Annelie Buntenbach weiter, „ergäbe sich nach langer Beitragszeit grundsätzlich eine Rente, die wenigstens die Höhe der Grundsicherung erreicht. Das sind wir nicht nur der jetzigen Generation an Rentnerinnen und Rentnern schuldig, sondern auch denjenigen, die 2030, 2040 oder 2050 in Rente gehen.“  

jme


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