Arbeitsminister Hubertus Heil will die Bundesagentur für Arbeit (BA) zu einer Weiterbildungsagentur für alle machen. Das ist eine gute Idee, reicht aber noch nicht aus, sagt DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Sie fordert unter anderem ein zusätzliches Weiterbildungsgeld für Beschäftigte und einen besseren Zugang zur Arbeitslosenversicherung.
DGB/Simone M. Neumann
Zu den Plänen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zum Umbau der Agentur für Arbeit sagt Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB):
"Die Weiterbildung von Beschäftigten und die Beratung werden mit dem Gesetz einen deutlichen Schub bekommen. Es geht vor allem um die Menschen, deren Arbeitsplatz gefährdet ist oder wenn der Arbeitsplatz sich z.B. durch Digitalisierung verändert. Es ist richtig, auch die Arbeitgeber finanziell zu beteiligen, weil es nicht darum geht, die Weiterbildungsaufgaben der Arbeitgeber zu ersetzen.
Gewerkschaften fordern seit langem, dass Beschäftigte gefördert werden und die Beratung ausgebaut wird. Diese Forderung wird hier aufgegriffen. Wir halten es aber für notwendig, auch Arbeitslose noch besser zu fördern, indem ein zusätzliches Weiterbildungsgeld bei der Teilnahme an Weiterbildung gezahlt wird. Hier gibt es oft noch Fachkräfte, die dringend gebraucht werden und lediglich besser gefördert werden müssen. Außerdem sollten Arbeitslose leichter Zugang zur Arbeitslosenversicherung erhalten, indem die Rahmenfrist – die Zeit, in der sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein müssen - nicht auf 30 Monate sondern auf 36 Monate ausgedehnt wird.
Die Ausweitung der sozialversicherungsfreien Beschäftigung auf 70 Tage lehnt der DGB entschieden ab. Diese Regelung ist ein Einfallstor für Schwarzarbeit."
DGB/georgerudy/123rf.com
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Zusammenfassung:
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber haben zukünftig einen Rechtsanspruch darauf, sich von den Arbeitsagenturen in Fragen der Weiterbildung und Qualifizierung beraten zu lassen.
Zudem wird die Förderung der beruflichen Weiterbildung von Beschäftigten bei Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses ausgeweitet. Zukünftig können mehr Beschäftigte gefördert werden, da die Fördervoraussetzungen weiter gefasst werden.
Diese beiden Neuerungen stellen einen bedeutsamen arbeitsmarktpolitischen Fortschritt dar.
Weiterbildungsberatung und die ausgeweiteten Qualifizierungsmöglichkeiten für Beschäftigte tragen dazu bei, dass Beschäftigte die neuen Anforderungen aufgrund der Digitalisierung und des Strukturwandels besser meistern können und Arbeitslosigkeit präventiv vermieden werden kann.
Der DGB fordert jedoch, die neue Weiterbildungsberatung und die neuen Fördermöglichkeiten der Weiterbildung auch mit Rechtsansprüchen auf Fördermaßnahmen zu verknüpfen: Ist eine Qualifizierung notwendig, um einen neuen Arbeitsplatz zu finden oder um Beschäftigung zu erhalten und Arbeitslosigkeit zu vermeiden, dann sollte auch ein Anspruch auf eine entsprechende Fördermaßnahme bestehen.
Arbeitslose und Beschäftigte ohne (verwertbaren) Berufsabschluss sollten auf jeden Fall das Angebot bekommen, einen Abschluss nachholen zu können.
Der geplante erleichterte Zugang zum Arbeitslosengeld ist eine wichtige Trendwende: Nachdem der Soziale Schutz bei Arbeitslosigkeit in der Vergangenheit immer löchriger gemacht wurde, ist jetzt ein Anfang gemacht, die Leistungen der Arbeitslosenversicherung wieder zu verbessern. Damit jedoch eine nennenswerte Zahl von Arbeitslosen profitieren kann, sollten die zu hohen Zugangshürden zum Arbeitslosengeld noch deutlicher gesenkt werden.
Der DGB fordert, den Zeitraum, in dem Beschäftigungszeiten gesammelt werden können (Rahmenfrist), auf drei Jahre auszuweiten und die geforderte Mindestbeschäftigungszeit auf 10 Monate abzusenken. Dadurch würden rund 100.000 Arbeitslose, die heute direkt ins Hartz-IV-System durchgereicht werden, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erhalten.
Der DGB hält die weitgehende und deutlich über die Vereinbarung im Koalitionsvertrag hinausgehende Absenkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung um 0,5 Prozentpunkte für überzogen. Neben der Sicherung einer ausreichenden Rücklage der BA für wirtschaftliche Krisenzeiten sind aus Sicht des DGB Verbesserungen der aktiven und passiven Leistungen, die immer auch dazu beitragen, Abstürze ins Hartz-IV-System zu vermeiden, Beitragssenkungen vorzuziehen.
Besonders kritikwürdig ist das Vorhaben, die Zeitgrenzen für kurzfristige, sozialversicherungsfreie Beschäftigung dauerhaft auf drei Monate bzw. 70 Tage ausweiten zu wollen.
Mit der 70-Tage-Regelung öffnet der Gesetzgeber (neben den Minijobs) erneut Tür und Tor, um die Sozialversicherungspflicht zu umgehen. Besonders problematisch ist, dass neben der 70-Tage-Regelung zusätzlich noch Minijobs ausgeübt werden können, so dass sich erhebliche Einkommen erzielen lassen, ohne dass ein Schutz in der Sozialversicherung besteht.
Stand: 05.09.2018