Deutscher Gewerkschaftsbund

28.07.2020
Was ist amtsangemessen?

Karlsruhe konkretisiert Rechtsprechung zur amtsangemessenen Besoldung

Die Besoldungsvorschriften des Landes Berlin sind nicht mit dem Alimentationsprinzip vereinbar, soweit sie die Besoldung der RichterInnen und StaatsanwältInnen der Besoldungsgruppen R 1 und R 2 in den Jahren 2009 bis 2015 sowie der Besoldungsgruppe R 3 im Jahr 2015 betreffen, so der am 28. Juli veröffentlichte Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). In der auch für die sog. A-Besoldung interessanten Entscheidung konkretisiert das Gericht seine Grundsatzentscheidung zur Frage der Amtsangemessenheit aus dem Jahr 2015 weiter.

Paragraphenzeichen Richter-Hammer Justiz

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Darin bekräftigt das Gericht u.a. seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2015, wonach bei der Prüfung der Amtsangemessenheit der Besoldung in einem ersten Schritt fünf Parameter – Vergleich der Besoldungsentwicklung mit der Entwicklung der Tarifentlohnung im öffentlichen Dienst, des Nominallohnindex sowie des Verbraucherpreisindex, systeminterner Besoldungsvergleich und Quervergleich mit der Besoldung des Bundes und anderer Länder – überprüft werden müssen. Im Zuge dessen konkretisierte das Gericht seine Maßgabe, dass die Höhe der Besoldung der niedrigsten Besoldungsgruppe (Eingangsamt) mindestens 15 Prozent über dem Grundsicherungsniveau liegen muss.

Das BVerfG geht bei der Berechnung des Grundsicherungsniveaus davon aus, dass – beispielsweise bei Miet- und Heizkosten – die tatsächlichen Bedürfnisse und nicht nur Pauschalierungen zu Grunde gelegt werden müssen: „Um der verfassungsrechtlichen Zielsetzung, das Grundsicherungsniveau als Ausgangspunkt für die Festlegung der Untergrenze der Beamtenbesoldung zu bestimmen, gerecht zu werden, muss der Bedarf für die Kosten der Unterkunft so erfasst werden, wie ihn das Sozialrecht definiert und die Grundsicherungsbehörden tatsächlich anerkennen. Auch muss der Ansatz so bemessen sein, dass er auch in den Kommunen mit höheren Kosten der Unterkunft das Grundsicherungsniveau nicht unterschreitet.“

Damit erteilt das Gericht den Gesetzgebern eine Absage, die lediglich auf die durchschnittliche Betrachtung im Existenzminimumbericht abstellen wollten. Die Karlsruher RichterInnen betonten zudem, dass der Besoldungsgesetzgeber sich seiner aus dem Alimentationsprinzip ergebenden Verpflichtung nicht mit Blick auf Sozialleistungsansprüche – etwa den Bezug von Wohngeld – entledigen kann. Die angemessene Alimentation müsse durch das Beamtengehalt selbst gewahrt werden.

Das Land Berlin muss nun bis zum 1. Juli 2021 eine verfassungskonforme Regelung treffen, seinen RichterInnen und StaatsanwältInnen einen nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung angemessenen Lebensunterhalt zu ermöglichen.

Der DGB Berlin Brandenburg fordert den Gesetzgeber angesichts der deutlichen Unterschreitung der Mindestalimentation auf, die gesamte Berliner Besoldung auf den Prüfstand zu stellen und signalisiert Gesprächsbereitschaft.

Zur Pressemitteilung des DGB-Bezirks Berlin-Brandenburg

Zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – 2 BvL 4/18

Link zum DGB-Artikel zur Entscheidung des BVerfG von 2015


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