Deutscher Gewerkschaftsbund

30.07.2009
Mindestlohn-Interview

Neues aus dem Bus: Im Gespräch mit Norbert Blüm (CDU)

Norbert Blüm

Norbert Blüm DGB/mindestlohn.de

Der ehemalige Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Norbert Blüm (CDU), macht im Mindestlohn-Interview deutlich, dass "Wohlstand für alle" das Programm der sozialen Marktwirtschaft sei und betont: "Marktwirtschaft ohne Mindeststandards ist nicht sozial." Das „Wirtschaftswunder“ sei "nicht das Ergebnis von Lohndumping gewesen, sondern von Qualitätswettbewerb à la ´Made in Germany`“, so der CDU-Politiker. 

Norbert Blüm ist seit 1950 Mitglied der CDU, war viele Jahre Mitglied im Bundesvorstand seiner Partei und von 1977 bis 1987 Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA). Das Amt des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung hatte er von 1982 bis 1998 inne.

Was sind die Gründe für die enorme Ausweitung des Niedriglohnsektors in Deutschland, der mittlerweile 22 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse umfasst?

Norbert Blüm: Globalisierung wird zur Kostensenkungsolympiade. Der Billigste gewinnt. Nach der Logik müssten wir die Kinderarbeit wieder einführen. Sie ist billiger.

Welche Auffassung vertreten Sie, wie dieser Entwicklung begegnet werden kann?

Norbert Blüm:

  1.   Stärkung der Tarifautonomie. Sie verbindet Schutz mit Differenzierung.
  2.   Wenn die Tarifpartner nicht Lohnsturz verhindern können, muss der Gesetzgeber mit Mindestlöhnen den Ersatzmann spielen.

Was muss die Politik unternehmen, damit Existenz sichernde Löhne gezahlt werden?

Norbert Blüm:
1. Tarifverträge unterstützen durch modernes Tarifvertragsrecht,
2. Mindestlöhne als letztes Netz. Je mehr Tarifvertrag , um so weniger Staat.

Welche Position sollte die CDU im Hinblick auf die Bundestagswahl 2009 bzgl. Existenz sichernder Mindestlöhne vertreten?

Norbert Blüm: Dem Mindestlohn als Untergrenze der Löhne zustimmen. So wird der Staat vor Ausnutzung geschützt und die Sozialhilfe vor Überforderung. Die Sozialhilfe ist nicht der Lückenbüßer für Hungerlöhne.

Verstoßen Niedriglöhne gegen die Garantie des Grundgesetzes, die Würde des Menschen sei unantastbar?

Norbert Blüm: Nein. Hungerlöhne gefährden die Würde des Menschen.

Ist die soziale Marktwirtschaft mit Niedriglöhnen vereinbar?

Norbert Blüm: Nein. Wohlstand für alle ist ihr Programm. Das „Wirtschaftswunder“ war nicht das Ergebnis von Lohndumping, sondern von Qualitätswettbewerb à la „Made in Germany“.

Würde die soziale Marktwirtschaft durch flächendeckende Lohnuntergrenzen unsozial?

Norbert Blüm: Nein. Wieso? Marktwirtschaft ohne Mindeststandards ist nicht sozial.

20 von 27 EU-Staaten sichern Lohnuntergrenzen über Mindestlöhne. Sind die alle schlecht beraten?

Norbert Blüm: Nein.

Kann der deutsche Arbeitsmarkt angesichts der bevorstehenden Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU ab Mai 2011 auf verbindliche Lohnuntergrenzen verzichten?

Norbert Blüm: Nein.

Sollte es für die Zeitarbeit auch einen Mindestlohn geben?

Norbert Blüm: Ja. Wieso eigentlich nicht? Sind Zeitarbeitnehmer keine Lohnempfänger?

Berücksichtigt die Politik bei ihren Konjunkturprogrammen die tatsächlich Bedürftigen, z.B. Niedriglohnbeschäftigte?

Norbert Blüm: Nicht ausreichend. Der stärkste Konjunkturstabilisator ist ein guter Sozialstaat.

Es werden Rettungsschirme für die Wirtschaft gespannt. Sind Lohnuntergrenzen nicht auch Rettungsschirme für die Betroffenen?

Norbert Blüm: Sie sind kein Rettungsschirm, sondern ein Notstopfen. Aber ein wichtiger.


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