Es zeigt sich bereits heute deutlich, dass mit der COVID-19-Pandemie eine Wirtschaftskrise einhergehen wird. Viele Menschen treibt die Sorge um, wie sie für ihr Zuhause aufkommen sollen, wie sie Miete oder Immobilienkredite bezahlen können. Eine Sicherung der Einkommen könnte diesen Sorgen am besten begegnen.
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Doch vom Kurzarbeitergeld, das 60 bzw. 67 Prozent des Nettolohns umfasst, können vor allem Geringverdiener*innen, Alleinerziehende und Familien kaum über die Runden kommen. Viele von ihnen werden deswegen auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sein. Hier hat der Gesetzgeber immerhin beschlossen, die Vermögensprüfung befristet auszusetzen und die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung voll zu übernehmen.
Offen ist, wie schnell die 1,2 Millionen erwarteten Anträge bearbeitet werden können und die Wohnkosten übernommen werden. Offen ist auch, wie viele Menschen nicht in die Grundsicherung fallen und dennoch Schwierigkeiten haben werden, ihre Wohnkosten aufzubringen.
Deswegen hat der Bundestag ein umfangreiches Maßnahmenpaket verabschiedet, mit dem Signal: „Das Zuhause ist sicher“ – zumindest für ein paar Monate.
* Das Gesetz wurde mit heißer Nadel gestrickt und wird ggf. noch nachgebessert. Die nachfolgenden Informationen geben die Inhalte des Gesetzes wieder, sind aber nicht rechtsverbindlich *
Sollten Mieter*innen zwischen dem 1. April und 30. Juni 2020 ihre Miete aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht bezahlen können, darf ihnen nicht gekündigt werden. Sie müssen die ausstehenden Mietzahlungen bis spätestens 30. Juni 2022 nachholen, um einer fristlosen Kündigung zu entgehen. Die ausstehenden Mieten werden mit ca. 4 Prozent verzinst. Auf Schwachstellen der beschlossenen Regelungen hat der Juraprofessor Markus Artz in einem Interview verwiesen. Die genannten Regelungen gelten sowohl für Wohn- als auch für Gewerbemietverträge. Nachbesserungen sind nicht ausgeschlossen.
Im gleichen Gesetz hat der Bundestag entschieden, dass Kreditnehmer*innen ihre Zahlungen für die Monate April, Mai und Juni stunden können. In der Zwischenzeit haben die Vertragsparteien die Möglichkeit, die Zahlungsmodalitäten den veränderten Umständen anzupassen. Diese Regelungen sind durch einen Kündigungsschutz flankiert, sodass Kreditnehmer*innen aufgrund der Stundung der Kreditvertrag nicht gekündigt werden kann. Dies entlastet – zumindest für drei Monate – vor allem private Immobilienbesitzer*innen von der Sorge, durch Einnahmeausfälle ihre Immobilienkredite nicht begleichen zu können.
Als dritten Baustein zur Sicherung des Zuhauses wurde Verbraucher*innen und Kleinstunternehmen für drei Monate ein Leistungsverweigerungsrecht für laufende Zahlung zur Deckung der Daseinsvorsorge eingeräumt. Das bedeutet, dass trotz nicht geleisteter Zahlungen für Gas, Strom, Wasser oder Telefon, diese Versorgungsleistungen nicht gekappt werden können. Das Leistungsverweigerungsrecht können nur jene in Anspruch nehmen, die ansonsten ihren Lebensunterhalt nicht mehr decken könnten. Es kann außer Kraft gesetzt werden, wenn den Gläubigern aufgrund der Nichtleistung die wirtschaftliche Grundlage entzogen würde.
Es ist in erster Linie Aufgabe der Kommune, Menschen in Not mit einer Wohnung zu versorgen. Einige Städte haben rasch reagiert und ihre Unterbringungskapazitäten ausgeweitet. Bspw. hat Berlin dafür eine Jugendherberge angemietet und Flensburg bringt Quarantänefälle in angemieteten Ferienwohnungen unter. Bereits angeordnete Zwangsräumungen werden in Einzelfällen auch während der gegenwärtigen Krise vollstreckt. Schleswig-Holstein und Berlin haben sich dafür eingesetzt, die Zwangsvollstreckungen auf ein Minimum zurückzufahren bzw. auszusetzen. Einige Amtsgerichte und Gerichtsvollzieher*innen sind diesen Apellen bereits nachgekommen.
Es ist absehbar, dass die wirtschaftlichen Folgen der Krise über den Juni hinaus zu spüren sein werden. Aufgrund der unterbrochenen Lieferketten wird es auch nach der Krise noch länger dauern bis die Produktion wieder auf Vorkrisenniveau läuft, Kurzarbeit zurückgefahren wird, Soloselbstständige wieder Aufträge bekommen und die Menschen ihr volles Einkommen auf dem Konto haben. Deswegen ist es geboten, die bisherigen Maßnahmen mindestens auf sechs Monate, bis zum 30. September, zu verlängern.
Vor allem Geringverdiener*innen und Familien werden Schwierigkeiten haben, die auflaufenden Mietschulden bis zum Juni 2022 abzustottern. Hier muss die öffentliche Hand in Form eines Solidarfonds eingreifen und unbürokratische Mietzuschüsse gewähren. So wird auch verhindert, dass private Vermieter*innen durch länger andauernde Ausfälle in finanzielle Schwierigkeiten geraten.
Für viele Menschen ist es nicht möglich, den vorgeschriebenen Kontaktsperren und Aufrufen zu Hause zu bleiben nachzukommen. Vor allem Wohnungslose, Obdachlose und Menschen in Sammelunterkünften sind einem besonders hohen Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Hier sind vor allem die Kommunen, aber auch Bund und Länder gefordert, dafür zu sorgen, die Menschen angemessen unterzubringen und notwendigen Wohnraum zu akquirieren.