Vor allem die Flucht der Arbeitgeber aus den Flächentarifverträgen sorgt im Handwerk für sinkende Löhne. Ein Gutachten beleuchtet nun die Rolle der Innungen.
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Die Zeiten, in denen das Handwerk seinen Beschäftigten einen goldenen Boden sichern konnte, sind längst vorbei. Vor allem die Flucht der Arbeitgeber aus den Flächentarifverträgen sorgt für sinkende Löhne. Ein Gutachten der Universität Halle-Wittenberg im Auftrag des Hugo-Sinzheimer-Instituts beleuchtet nun die Innungen und ihre vorgesehene Rolle als Sozialpartner: Laut Analyse nehmen sie die ihnen laut Handwerksordnung ausdrücklich zugedachte Aufgabe, Tarifverträge abzuschließen, kaum noch wahr.
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell kritisiert: „Seit Jahren klagen die Arbeitgeber über mangelnden Nachwuchs. Dabei haben sie es selbst in der Hand: Gerechte und faire Löhne, die in Tarifverträgen mit den DGB-Gewerkschaften im Handwerk ausgehandelt sind, sichern Qualität und Zufriedenheit – bei Beschäftigten und Kundschaft.“ Ohne Tarifbindung werde es im Wettbewerb mit Industrie und Dienstleistungen sehr schwer, junge Menschen für das Handwerk zu gewinnen, warnt Körzell. Als Beleg führt der Rechtswissenschaftler Winfried Kluth im Gutachten das Bäckerhandwerk an.
Seit Mitte der 1990er Jahre seien zahlreiche Mantel- und Lohntarifverträge gekündigt worden. Für Bäcker gelten in Ostdeutschland daher kaum noch Tarifverträge. „Wenn die Innungen sich zunehmend dem Abschluss von Tarifverträgen entziehen, muss der Gesetzgeber handeln“, fordert Körzell. So sollen die betreffenden Innungen ihren Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts verlieren. Damit dürften sie keine hoheitlichen Aufgaben wie Prüfungen mehr wahrnehmen.