Die voranschreitende Digitalisierung in der Wirtschaft verändert den Wettbewerb. Neue gesetzliche Regelungen sollen dem nun Rechnung tragen. Doch Arbeitnehmerrechte, Tarifbindung und Beschäftigungserhalt spielen dabei aktuell keine Rolle. Das muss sich ändern, fordert der DGB-klartext.
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Die Digitalisierung und die Transformation der Wirtschaft schreiten voran, die Wirtschaft ist im Wandel. Auch das Wettbewerbsrecht, welches die ökonomischen Spielregeln auf den Märkten festlegt, muss sich deshalb den aktuellen Mega-Trends stellen. Mit der Novellierung des Wettbewerbsrechts („GWB-Digitalisierungsgesetz“), das in Deutschland jetzt auf den Weg gebracht wird, will der Gesetzgeber nun die Spielregeln modernisieren - vor allem mit Blick auf die digitale Welt. Die neuen Regelungen, insbesondere beim Marktmissbrauch, sind richtige und wichtige Schritte, wenngleich nicht ausreichend.
Der entsprechende Gesetzesentwurf hält verschiedene Änderungen parat. Das Bundeskartellamt, als oberste Wettbewerbsbehörde und Hüterin des Rechts, soll zukünftig stärker und gezielter gegen Unternehmen in der Digitalwirtschaft vorgehen können. Im Fokus sind dabei die sogenannten Tech-Giganten, wie Google, Facebook, Amazon und Co. Denn deren Macht ist enorm und sie kontrollieren wichtige Märkte (siehe Abbildung). Aufstrebende Wettbewerber werden einfach geschluckt, bevor sie ernstzunehmende Konkurrenten werden. Die Großen diktieren die ökonomischen Spielregeln in der digitalen Welt. Marktkonzentration gefährdet überdies die Demokratie, da übermächtige Unternehmen auch politische Macht haben und ihren Einfluss geltend machen.
Das Gesetz will auch die Befugnisse des Kartellamtes erweitern, zudem soll die Behörde nun bei Fehlverhalten von Unternehmen früher eingreifen können. Auch bei Bußgeldern, Kronzeugen und beim Schadenersatz sieht der Entwurf Änderungen vor. In anderen Bereichen hingegen machen es die globalen Transformationsprozesse nötig, dass Unternehmen besser kooperieren. Deshalb ist zu begrüßen, dass Unternehmen nun Anspruch auf eine rechtliche Überprüfung ihrer Zusammenarbeit haben.
Quelle: Fostec & Company; Statista
Dennoch: Damit das Gesetz seine disziplinierende Wirkung entfalten kann, müssen einige Stellschrauben kräftig nachgezogen werden. Das Herzstück des Gesetzes, Paragraf 19a, muss zwingend in eine Verbotsnorm umgeschrieben werden, anderenfalls bliebe missbräuchliches Verhalten solange straffrei und de facto erlaubt, bis das Kartellamt dieses durch eine oftmals langwierige Verfügung untersagt.
Angesichts dessen, dass Fusionen maßgeblich zum Entstehen der enormen Macht der Tech-Giganten geführt haben, sind die geplanten Lockerungen in diesem Bereich nicht nachvollziehbar. Durch die geplanten Änderungen ist zudem zu befürchten, dass vor allem institutionelle Investoren, wie Private-Equity-Gesellschaften, davon profitieren werden. Unerwünschte Effekte für die heimische Unternehmenslandschaft und-kultur wären die Folge. Von der Lockerung der Fusionskontrolle sollte daher im Gesetz abgesehen werden.
Grundsätzlich braucht es ein neues wettbewerbsrechtliches Leitbild. Derzeit fokussiert sich das Wettbewerbsrecht einzig und allein auf die Geltung des günstigsten Preises. Aspekte wie Arbeitnehmerrechte, Tarifbindung oder der Beschäftigungserhalt spielen aktuell keine Rolle. Doch klar muss sein: Soziale, gesellschaftliche oder auch ökologische Aspekte müssen gleichrangige Zielparameter des Wettbewerbsrechts werden!