Marode Straßen, langsames Internet, fehlende Bildungsausgaben: 10 Jahre nach der Einführung der Schuldenbremse leidet die Bundesrepublik flächendeckend unter den fehlenden Investitionen. Damit Deutschland zukunftsfähig bleiben kann, muss die Schuldenbremse abgeschafft und durch eine nachhaltige Finanzpolitik ersetzt werden, fordert der DGB-klartext.
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Pünktlich zum 10. Geburtstag der Schuldenbremse ist eine neue Diskussion über Sinn und Unsinn der Regel entbrannt: Auf Twitter, in Blogs und großen Tageszeitungen kritisieren Ökonominnen und Ökonomen das staatliche Schuldenverbot. Das Besondere: Mittlerweile sind es auch eher konservativ-wirtschaftsliberale Ökonomen, wie Michael Hüther vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW), die die Schuldenbremse als nicht mehr „zeitgemäß“ bezeichnen.
Progressive Wirtschaftswissenschaftler und Gewerkschaften waren schon immer gegen die Schuldenbremse. Trotzdem verankerte sie die große Koalition 2009 im Grundgesetz. Die Neuverschuldung des Bundes wurde auf 0,35 Prozent begrenzt. Die Bundesländer müssen ab 2020 sogar einen komplett ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Getrieben vom populistischen und ideologischen Gedanken, dass Sparen grundsätzlich gut ist, Schulden grundsätzlich schlecht seien, wurde der Staat eines wichtigen Instrumentes beraubt: Jedes Unternehmen kann schließlich seine Investitionen, jeder Privatmensch seinen Hausbau über Kredite finanzieren. So werden neue Werte geschaffen, die sich langfristig lohnen.
Doch die Schuldenbremser in der Politik sahen nur eine „Belastung künftiger Generationen“ durch Staatsschulden. Sie wollten nicht erkennen, dass fehlende Investitionen in die Zukunft, Wohlstand und Arbeitsplätze von morgen viel mehr gefährden. Die Bilanz fällt heute dementsprechend desaströs aus. Marode Straßen, langsames Internet, fehlende Bildungsausgaben. Nach 10 Jahren Schuldenbremse leidet die Bundesrepublik flächendeckend unter fehlenden Investitionen. Allein die Kommunen sehen im Bereich Bildung einen Investitionsrückstand in Höhe von fast 50 Mrd. Euro. Bei Straßenbau und Verkehrsinfrastruktur sind es ca. 40 Mrd. Euro (s. Grafik).
Quelle: KfW Kommunalpanel
Trotzdem, und obwohl Kreditzinsen so niedrig sind wie nie, wird weiter gespart. Der Staat macht sogar Überschüsse und drückt die Staatsverschuldung unnötig unter jede festgesetzte Obergrenze. Denn selbst wenn man die in den EU-Regeln willkürlich festgelegte Schuldenstandsgrenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für sinnvoll hält, gilt: Deutschland könnte diesen Wert auch mit deutlichen Mehrausgaben erreichen und halten, weil die Wirtschaft, also das BIP, ja auch wächst.
Damit Deutschland zukunftsfähig bleibt, muss die Schuldenbremse durch eine nachhaltige Finanzpolitik ersetzt werden. Bislang setzt der Staat nur auf eine passive Zukunftsvorsorge in Form von Schuldentilgung. Wir brauchen eine aktive Zukunftsvorsorge durch öffentliche Investitionen, um Wohlstand und Arbeitsplätze zu sichern. Außerdem muss der Staat wieder mehr Personal einstellen. Die Kürzungen der vergangenen Jahre – beispielsweise in den Baubehörden – sind die heutige Ursache für Probleme und Verzögerungen bei Investitionsvorhaben.
10 Jahre nach Einführung wird immer klarer, dass die Schuldenbremse ein Fehler war. Es ist daher Zeit, sie abzuschaffen und mindestens die Investitionen von den Regeln auszunehmen.