Deutscher Gewerkschaftsbund

Der Weg zum ersten „Bündnis für Arbeit“

Statt blühender Landschaften brachte die Wiedervereinigung dem Osten einen beispiellosen Arbeitsplatzabbau. 1995 waren bundesweit durchschnittlich fast 3,4 Millionen Menschen ohne Beschäftigung. In dieser Situation holte der DGB seine Mitgliedsgewerkschaften, Arbeitgeber und die Bundesregierung an einen Tisch. Dieser Beschäftigungsgipfel war der Beginn des ersten „Bündnis für Arbeit“ – das bald am Wortbruch der Bundesregierung von Kanzler Helmut Kohl scheiterte.

Die Vereinigung der beiden deutschen Staaten erforderte ungeheure Anstrengungen aller Beteiligten. Der Zusammenbruch der ostdeutschen Wirtschaft machte aus der Massenarbeitslosigkeit auf einen Schlag eine gesamtdeutsche Realität. Die Arbeitslosenquote lag in den alten Bundesländern 1991 noch bei 6,3, in den neuen Bundesländern bei 10,3 Prozent. Bis 1993 stieg die Quote im Westen auf 8,2, in Ostdeutschland auf 15,8 Prozent.

Struktur– und industriepolitische Initiativen des DGB und seiner Gewerkschaften in den neuen Bundesländern trugen mit dazu bei, die völlige Deindustrialisierung Ostdeutschlands zu verhindern. Im Winter 1993/94 überschritt die Zahl der Arbeitslosen in der Bundesrepublik erstmals die vier–Millionen–Grenze. Im Folgejahr zählte die Bundesanstalt für Arbeit durchschnittlich über 3,6 Millionen Menschen ohne Arbeit.

Vom Bildungsgipfel zum Bündnis für Arbeit

Besondere Sorge machte der steigende Anteil der Langzeitarbeitslosigkeit. Zugleich verschärften sich die Ausbildungsprobleme: Wirtschaft und Staat meldeten 1994 allein in den alten Bundesländern 106.000 Ausbildungsplätze weniger als im Jahr zuvor.

Dieter Schulte, 1994 neu gewählter Vorsitzender des DGB, suchte einen Weg, wie die dramatische Arbeitslosigkeit bekämpft werden könnte. Er regte einen Beschäftigungsgipfel mit Beteiligung von Bundesregierung, Arbeitgeber und Gewerkschaften an. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften wollten wirksame Maßnahmen, um die immense Beschäftigungslosigkeit zu senken, der Wirtschaft ging es vorrangig um niedrigere Kosten.

Erster Erfolg war ein Sonderprogramm zur Integration Langzeitarbeitsloser in Höhe von drei Milliarden Mark Die Arbeitgeber wollten auch über die Themen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Kündigungsschutz, Lohnnebenkosten und Niedriglöhne verhandeln. Es gab keine Einigung.

Den Landtagswahlen folgt der Wortbruch

1996 – Nach dem Ende des Bündnisses für Arbeit riefen der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften zu Protesten auf. 350.000 Menschen kamen nach Bonn.

Weitere Gesprächsrunden folgten, bis im Herbst 1995 IG Metall–Chef Klaus Zwickel den Arbeitgebern und der Bundesregierung ein „Bündnis für Arbeit“ vorschlug. Lohnforderungen sollten sich nur mehr an der Preissteigerung und nicht mehr an der Produktivitätsentwicklung orientieren. Die Voraussetzungen: Arbeitgeber und Regierung sollten im Gegenzug jährlich 100.000 neue Arbeitsplätze schaffen – über einen Zeitraum von drei Jahren, 10.000 Langzeitarbeitslose einstellen und den Sozialabbau beenden.

Der DGB nahm die Anregung auf und unterbreitete einen ähnlich lautenden Vorschlag im Namen aller Mitgliedsgewerkschaften und für die gesamte deutsche Wirtschaft. Bundeskanzler Helmut Kohl ging auf die gewerkschaftlichen Angebote ein. In kurzer Zeit wurde eine verbindliche Absprache über ein „Bündnis für Arbeit und Standortsicherung“ getroffen.

Als jedoch die Landtagswahlen in Baden–Württemberg im Frühjahr 1996 für die Regierungskoalition erfolgreich verlaufen waren, provozierte die Bundesregierung mit der Vorstellung eines Sparpaketes den Bruch des Bündnisses. Sie wollte das Renteneintrittsalter ab 2001 auf 65 anheben, die Lohnfortzahlung bei Krankheit auf 80 Prozent senken. Zudem sollte der Kündigungsschutz in Betrieben mit bis zu zehn Beschäftigten ganz aufgehoben und soziale Leistungen für Arbeitslose und Familien mit Kindern eingeschränkt werden.

Heißer Sommer in Bonn – Rote Karte für das Sparpaket

Auf diesen Wortbruch reagierten DGB und Gewerkschaften mit einer Welle des Protestes. Im Mai 1996 wurde zusammen mit Wohlfahrtsverbänden und Kirchen ein Sozialgipfel in Köln veranstaltet. Der Protest sollte gebündelt, der Sozialstaat verteidigt werden. Der „heiße Sommer“ erreichte seinen Höhepunkt im Juni, als es den Gewerkschaften gelang, gemeinsam mit anderen Verbänden, der SPD und den Grünen über 350.000 Menschen zu einer Großdemonstration in Bonn zu mobilisieren. Es war eine der größten Kundgebungen in der Geschichte der Bundesrepublik. Am 7. September folgten weitere Demonstrationen in Berlin, Hamburg, Leipzig, Ludwigshafen und Stuttgart. Die christlich–liberale Regierung konnte sich nur in Teilen durchsetzen, die Einschränkung des Kündigungsschutzes war vom Tisch.


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