Deutscher Gewerkschaftsbund

17.01.2019
Europäisches GewerkschafterInnen-Seminar zu Strategien gegen Rechts

„Die extreme Rechte in Europa entlarven - Gewerkschaftsmacht stärken“

Die extreme Rechte schien in Europa jahrelang auf dem Rückzug zu sein, feierte in jüngster Vergangenheit jedoch einen Erfolg nach dem anderen. Die Gewerkschaften reagieren auf dieses Erstarken mit unterschiedlichen Strategien. Was bisher fehlte, war ein europäischer Erfahrungsaustausch – ein im Oktober 2018 vom „Europäischen Gewerkschaftsinstitut“ (ETUI) organisiertes Seminar mit GewerkschafterInnen aus zehn EU-Staaten bot dazu nun die Gelegenheit.

Europa-Flagge auf Holz

DGB/Alessandro Bianco/123rf.com

Wie sollte man  mit einer extremen Rechten umgehen, die nicht mehr nur auf die Stimmen vieler abhängig Beschäftigter zählen kann, sondern auch versucht, Einfluss auf betrieblicher Ebene zu gewinnen? Diese Frage stand im Zentrum des Seminars “Debunk the far-right. Reinforce trade union power” („Die extreme Rechte entlarven. Gewerkschaftsmacht stärken“), das im französischen Courcelles stattfand und von VertreterInnen des französischen Gewerkschaftsbundes „Confédération Générale du Travail“ (CGT), des belgischen Gewerkschaftsverbandes „Fédération Générale du Travail de Belgique“ (FGTB) und des „Österreichischen Gewerkschaftsbundes“ (ÖGB) vorbereitet worden war. Über die genannten Verbände hinaus nahmen ArbeitnehmervertreterInnen aus Italien, England, Schweden, Polen, Ungarn, Slowenien und Deutschland teil. Der Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), Luca Visentini, warnte zu Beginn der Veranstaltung in einer Video-Botschaft vor einer extremen Rechten, die im Jahr 2019 versuchen werde, die demokratischen Institutionen in der EU zu schwächen.

Professor Dr. Joachim Becker (Universität Wien) stellte die Ergebnisse seiner Studie „Neo-Nationalismus in der EU: sozio-ökonomische Programmatik und Praxis“ vor. Die im Auftrag der Österreichischen Arbeiterkammer vorgenommene Untersuchung widmet sich dem Verhältnis der extremen Rechten zu Gewerkschaften, u.a. in Ungarn, Belgien und Italien. Viele Programmpunkte der neo-nationalistischen Parteien zielten auf die Schwächung der institutionellen Macht von ArbeitnehmerInnenorganisationen ab.

Ursachen und Gegenstrategien

Die Teilnehmenden arbeiteten Gemeinsamkeiten und Unterschiede der extremen Rechten in ihren Ländern und sich daraus ergebende notwendige Gegenstrategien für Gewerkschaften heraus. Einigkeit bestand darin, dass die gewerkschaftlichen Werte von Solidarität und Vertretung von Klasseninteressen dem Prinzip der exklusiven, nationalen Solidarität und der Suche nach Sündenböcken für soziale Missstände, wie sie die extreme Rechte praktiziert, diametral widersprechen. Gerade mit Blick auf die Politik der Ethnisierung sozialer Konflikte (racialized economics) der extremen Rechten stehen die Gewerkschaften vor der Herausforderung, adäquate Angebote zu entwickeln, um nachhaltige politische Lösungen für die sozialen Probleme aller Menschen zu entwickeln. Nachfolgend diskutierte Richard Detje, Co-Autor des Buches „Rechtspopulismus und Gewerkschaften“ (VSA-Verlag), mit den Teilnehmenden die Gründe für die Zuwendung abhängig Beschäftigter zur extremen Rechten. Als wesentliche Ursachen nannte Detje den Kontrollverlust über die eigenen Arbeits- und Lebensbedingungen sowie den Verlust von Anerkennung und Perspektiven in einer sich ständig verändernden Welt. Es gelte die Kritik an Kapitalismus und Globalisierung nicht der extremen Rechten zu überlassen. Dazu gehöre auch eine verstärkte Zusammenarbeit über die Landesgrenzen hinweg.  

Die Teilnehmenden entwickelten schließlich grenzüberschreitende Aktionsvorschläge, die in den nächsten Monaten konkretisiert und umgesetzt werden sollen. Dazu gehören unter anderem Trainingskurse für Beschäftigte der Gewerkschaften, die Erstellung von Informationen über rechte Parteien und eine genauere Analyse der Versuche der extremen Rechten, stärkeren Einfluss in den Betrieben zu gewinnen. Die Initiative „More democracy at work” des EGB (etuc.org/en/article/more-democracy-work), bei der es um die Stärkung demokratischer Rechte auf betrieblicher Ebene europaweit geht, bietet dafür einen guten Rahmen. In Courcelles haben die SeminarteilnehmerInnen den Anfang gemacht. Ein Folgeseminar, bei dem die Aktivitäten ausgewertet werden sollen, findet im April 2019 in Ungarn statt.

Hermann Nehls, DGB-BVV


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