Der Geschäftsführende DGB-Bundesvorstand hat wenige Tage vor dem 75. Jahrestag des Kriegsendes und des Tags der Befreiung mit einer Kranzniederlegung in der Gedenkstätte Sachsenhausen der Opfer des Nationalsozialismus gedacht.
DGB
"Vor 75 Jahre endete mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht die selbst verschuldete Unmündigkeit der Deutschen – und mit ihr die soziale und kulturelle Unterdrückung, die von der nationalsozialistischen Diktatur über die Welt gebracht worden ist", sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann anlässlich der Kranzniederlegung.
"Vor 75 Jahre endete mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht die selbst verschuldete Unmündigkeit der Deutschen – und mit ihr die soziale und kulturelle Unterdrückung, die von der nationalsozialistischen Diktatur über die Welt gebracht worden ist.
Vor allem aber bedeutet der 8. Mai 1945 das Ende eines sechsjährigen Angriff- und Vernichtungskrieges mit über 60 Millionen Toten, einer zwölfjährigen Gewalt- und Terrorherrschaft und des in der Menschheitsgeschichte einmaligen industriellen Massenmordes an den europäischen Juden. Am 8. Mai 1945 endete auch die Verfolgung und Ermordung von Sinti und Roma, Zwangsarbeiterinnen und -arbeitern, Kriegsgefangenen, politisch und religiös Andersdenkenden, von Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung, und von als Asoziale, psychisch oder physisch krank stigmatisierten Menschen sowie sogenannten „Berufsverbrechern“.
Auch in einer Zeit wie dieser, in der es tagtäglich um die aktuellsten Infektions- und Todeszahlen geht, in einer Zeit, in der es tagtäglich um die wachsenden existentiellen Sorgen vieler Menschen in unserem Land geht, gilt es inne zu halten und zu erinnern. Inne zu erhalten und zu erinnern an diejenigen Menschen, die auf vielfältige Weise versucht haben, Widerstand gegen ein totalitäres Regime zu leisten, und dies mit Verfolgung, Folter, Ermordung oder Exil bezahlen mussten.
Es gilt inne zu halten und zu erinnern an die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die ihren Einsatz für eine soziale Demokratie und gegen die menschenverachtende, mörderische Politik des national-sozialistischen Terrorstaates mit ihrem Leben bezahlen mussten.
Hier in der Gedenkstätte Sachsenhausen erinnern wir daran, dass während der nationalsozialistischen Diktatur tausende Gewerkschaftsmitglieder in Zuchthäuser und Konzentrationslager gesperrt, gefoltert, ermordet, in den Tod und in die Emigration getrieben worden sind.
Ihr Leben ist uns Zeugnis einer demokratisch ethischen Grundhaltung, die uns mit Achtung und Demut erfüllt. Auch mehrfache Verhaftungen, Gewalterfahrungen, Schikanen und ständige Todesdrohungen konnten sie nicht davon abhalten, für ihre Überzeugungen und Werte einzutreten. Für Werte, die auch heute noch für uns handlungsleitend sind: Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Solidarität.
Das widerständige Handeln dieser Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter ist für uns nicht nur Mahnung, nicht nur Vermächtnis. Es ist für uns vor allem auch Verpflichtung, gegen rechtsextremistisches Denken und Handeln aufzustehen – gerade in einer politischen Situation, in der Rechtspopulisten und -extremisten in den Parlamenten sitzen und Rechtsradikale Morde begehen, Anschläge verüben und Todesdrohungen gegen Politikerinnen und Politiker aussprechen. Es ist für uns Verpflichtung, dass die Erinnerung an sie und an ihren aufrechten Gang auch in den kommenden Generationen weiterlebt.
Es ist für uns Verpflichtung, daran zu erinnern, dass die Frauen und Männer, die wegen ihrer gewerkschaftspolitischen Überzeugungen von den Nationalsozialisten gefoltert und umgebracht worden sind, die Grundlagen für unser heutiges Selbstverständnis als Gewerkschaften und für die Gestaltung einer sozialen Demokratie geschaffen haben. Ihnen haben wir die Gründung der Einheitsgewerkschaft und mit ihr die Säulen des Sozialstaates zu verdanken: die sozialen Sicherungssysteme, die Tarifautonomie und die Mitbestimmung.
In diesem Sinne lasst uns nun schweigend an sie gedenken!"