Deutscher Gewerkschaftsbund

30.11.2012
klartext 41/2012

Textilproduktion: Die Politik muss handeln

112 Menschen starben Ende November bei einem Brand in einer Textilfabrik in Bangladesh. Auch für den deutschen Markt wurde dort produziert – für Unternehmen wie C&A. Diese interessieren sich oft nicht für die Arbeitsbedingungen bei den Lieferanten. Das muss sich ändern.

Wut, Protest und tiefe Trauer. Auch Tage nach dem verheerenden Feuer in einer Textilfabrik in Bangladesh am 24. November 2012 sind die Menschen aufgebracht und protestieren gegen die Missstände am Produktionsstandort, die über hundert Menschenleben kosteten. Kürzlich waren in Pakistan bei einem ähnlichen Unglück über 300 Menschen ums Leben gekommen. Billig ist allzu oft riskant und gefährlich! Deutsche Textilketten wie KiK und C&A ließen in den besagten Fabriken für die westlichen Märkte produzieren. Wer ist für diese katastrophalen Unglücke verantwortlich? Vor Ort wurde auf Brandschutz und Notausgänge nicht ausreichend geachtet. Die Fabrik hatte neun Etagen, obwohl nur drei genehmigt wurden. Arbeits- und Gesundheitsschutz – Fehlanzeige!

OECD-Leitsätze für Unternehmensverantwortung

Aber nicht nur Behörden und Geschäftsleitungen in Bangladesh oder Pakistan stehen in der Kritik, auch ihre Auftraggeber hier­zulande – und die Politik. Die OECD-
Leitsätze für multinationale Unternehmen beschreiben präzise die Verantwortung der Unternehmen für die ganze Zuliefererkette. Die OECD-Leitsätze sind Empfehlungen der Regierungen der Unterzeichnerstaaten an multinationale Unternehmen. Sie gelten als Verhaltenskodex für alle multinationalen Unternehmen mit Sitz in einem der 44 Länder, die die Leitsätze ratifiziert haben. Die Länder müssen für die Einhaltung der OECD-Leitsätze nationale Kontaktstellen einrichten. KiK und C&A stehen also in der Pflicht, sich an diese Leitsätze zu halten. Ohne Wenn und Aber.

Textilexporte nach Deutschland in Millionen Euro

Grafik: DGB; Zahlen:Außenhandelsvereinigung des Deutschen Einzelhandels; Wirtschaftswoche

Keine Ausreden für die Textilkonzerne

Die Kontrolle der Wertschöpfungsketten bis ins letzte Glied oder bis auf das hinterste Baumwollfeld ist nicht leicht. Aber Nähfabriken stehen in der Zuliefererkette ganz vorn. Hier gibt’s keine Ausreden für die Textilkonzerne. Sie könnten ihrer Verantwortung für Menschen- und Arbeitnehmerrechte und die Umwelt ohne Probleme nachkommen, also: überprüfen, von wem sie welche Waren beziehen und unter welchen Bedingungen diese hergestellt werden.

Kampagne für menschenwürdige Produktionsbedingungen

So fordert die Kampagne für Saubere Kleidung, der auch ver.di und die IG Metall angehören, einen grundlegenden Wandel. Umfassende Entschädigung der Hinterbliebenen, juristische Aufarbeitung vor Ort und verbindliche Maßnahmen zur Verhütung künftiger Katastrophen müssen jetzt folgen. Fehlender Brandschutz, miserable Entlohnung von oft weniger als zwei Dollar pro Tag für bis zu 14 Stunden Arbeit sind inakzeptabel.

Hauptexportländer verletzten häufig Arbeitnehmerrechte

Aber klar ist auch: Die Firmen werden sich in der Regel nicht selbst zur Einhaltung der OECD-Leitsätze verpflichten. Die Politik muss dies durch eine strenge Nationale Kontaktstelle gewährleisten! In Deutschland passiert das nicht. Die Kontrollverfahren werden im Wirtschaftsministerium abgewickelt - von der Abteilung Außenwirtschaft. Die Lage ist dramatisch. Deutschland importiert die meisten Textilwaren aus den Ländern, die in aller Regel die Menschen- und Arbeitnehmerrechte – auch mit tödlichen Folgen – verletzen. Das muss sich ändern: Die nationale Kontaktstelle muss unabhängiger und aufgewertet werden und aus dem Hinterzimmer der Außenwirtschaftsabteilung herausgenommen werden! Dann wird sie unabhängig gegen Missstände vorgehen können. Dadurch werden die Konzerne den OECD-Leitsätzen mehr Beachtung schenken. Der Wirtschaftsminister muss handeln.


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