Deutscher Gewerkschaftsbund

27.11.2020
Ausblick auf das Jahr 2021

Reiner Hoffmann: "Mit Investitionen aus der Krise"

Die Corona-Pandemie ist eine Herausforderung für Wirtschaft, Gesellschaft und Gewerkschaften. Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann blickt auf das Jahr zurück und zeigt, welche großen Herausforderungen im Superwahljahr 2021 anstehen.

Reiner Hoffmann 2019 beim deutsch-britischen Gewerkschaftsforum

Uwe Völkner/FOX-Fotoagentur

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und 2020 wird der Menschheit wohl für immer in Erinnerung bleiben. Die Corona-Krise hat unser Leben beruflich, privat und wirtschaftlich auf den Kopf gestellt. Sie hat die Sollbruchstellen unserer Wirtschaftsordnung offen gelegt und gleichzeitig als Katalysator für gesellschaftliche Prozesse gewirkt, die längst überfällig waren.

Wir Gewerkschaften haben in den vergangenen Monaten hart dafür gearbeitet, diese historische Krise so gut es geht einzudämmen und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land vor dem Schlimmsten zu bewahren. Mit Erfolg! Gemeinsam ist es uns gelungen, die Absicherung der Beschäftigten voranzutreiben. Mit einem Schutzschirm für Auszubildende haben wir junge Kolleginnen und Kollegen in die Betriebe geholt, damit sie eine Perspektive haben und den Unternehmen die Fachkräfte nach Bewältigung der Krise nicht fehlen. Das Kurzarbeitergeld wurde auf unser Drängen erhöht, immerhin auf 70 bzw. 77 Prozent nach vier Monaten und 80 bzw. 87 Prozent nach sieben Monaten. Etliche Tarifverträge haben aber auch gezeigt, dass mit ihnen noch viel mehr geht – nämlich eine Anhebung des KUG auf bis zu hundert Prozent!

"Denn eins ist doch klar: Wenn die Pandemie vorbei ist, dürfen
wir nicht zum Status quo ante zurückkehren."

Auch im Bereich des Arbeitsschutzes konnten wir deutliche Fortschritte erringen: Endlich gibt es verbindliche Vorgaben, die Arbeitgeber zum Schutz ihrer Beschäftigten befolgen müssen. Betriebs- und Personalräte können sich auf die Anforderungen beziehen und ihre Mitbestimmungsmöglichkeiten entsprechend einsetzen. Denn wir wissen doch: Dort, wo engagierte Interessenvertretungen der Beschäftigten beim Arbeitsschutz mitreden, haben wir hohe Schutzniveaus, kaum Arbeitsunfälle und weniger Infektionen.

Aber nicht nur unser Arbeitsleben, auch unsere gewerkschaftliche Arbeit hat sich verändert. In den Wochen des Lockdowns konnten wir Hunderttausende Mitglieder mit unseren vielfältigen Angeboten telefonisch und online beraten. Wir haben den 1. Mai nicht wie gewohnt auf den Marktplätzen des Landes gefeiert, sondern virtuell. Die Resonanz war überwältigend. Aber zur Wahrheit gehört auch: Es war in diesem Jahr viel schwieriger, Mitglieder zu werben, sich mit den Kolleginnen und Kollegen auszutauschen. Für eine Organisation, die wie keine andere vom solidarischen Miteinander lebt, ist das schwer zu verkraften. Trotzdem haben wir gezeigt, dass wir auch mit Abstand einiges stemmen können. Ich hoffe, dass wir die Lehre aus diesem Jahr in die Zeit nach der Krise mitnehmen – und dann gestärkt unsere Arbeit machen: Im Betrieb, dicht beieinander, aber auch mit Hilfe neuer technischen Möglichkeiten, wenn es mal anders gehen muss. Das ist für mich die große Chance in dieser Krise.

Denn eins ist doch klar: Wenn die Pandemie vorbei ist, dürfen wir nicht zum Status quo ante zurückkehren. Die großen Fragen unserer Zeit haben sich nicht in Luft ausgelöst, sie sind drängender denn je. Wie schaffen wir Sicherheit für die Menschen auf dem anspruchsvollen Transformationsprozess der Digitalisierung? Wie sichern wir den Weg in eine klimaneutrale Wirtschaft? Beide Entwicklungen gehen mit erheblichen Herausforderungen für die Beschäftigten einher. In diesem doppelten Wandel muss den Menschen, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Sicherheit gegeben werden. Wir brauchen flankierende arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, die sich an den Leitlinien Beschäftigungssicherung, Gute Arbeit und soziale Sicherheit ausrichten.

"Wenn nachhaltig und sozial investiert wird, werden Menschen wie Unternehmen
feststellen, dass diese Investitionen ihre Chancen und ihre Lebensqualität erhöhen."

Die Pandemie hat offengelegt, wo unsere größten Baustellen sind. Jetzt gilt es, gegenzusteuern – mit Investitionen für die Zukunft. Investitionen in Infrastruktur, Strukturwandel, Bildung und neue Technologien, in bezahlbares Wohnen und eine neue Mobilität. Der Staat muss in den kommenden Jahren in die öffentliche Daseinsvorsorge investieren, Gehälter anheben und mehr Personal einstellen – in den Kliniken, im öffentlichen Personennahverkehr und dem Bildungssektor, beim Bau von Straßen, Schienen und Kanälen. Wenn nachhaltig und sozial investiert wird, werden Menschen wie Unternehmen feststellen, dass diese Investitionen ihre Chancen und ihre Lebensqualität erhöhen. Und sie werden unsere Demokratie stärken.

Mit Blick auf die Bundestagswahl heißt das: Wir können uns ein „Weiter so“ nicht noch einmal leisten. Deswegen hoffe ich, dass eine Modernisierungsstrategie zur Wahl steht, die Investitionen für die Zukunft mit sozialer Sicherheit für die Menschen vereint und den vor uns liegenden Strukturwandel beherzt angeht

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