Lebensarbeitszeit verlängern, Abschläge bei früherem Renteneintritt erhöhen: Das sind nur einige der Maßnahmen, mit denen die Arbeitgeber die Beiträge zur Sozialversicherung deckeln wollen. "Die Arbeitgeber übersehen offenbar den hohen Nutzen von sozialem Frieden für die Wirtschaft und die Wirksamkeit des Sozialbudgets für die Konjunktur", kritisiert DGB-Vorstand Anja Piel.
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NOZ.de: Kritik an Arbeitgebern. DGB: Höheres Renteneintrittsalter völlig inakzeptabel
Um die Beiträge zu den Sozialversicherungen dauerhaft auf maximal 40 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens zu begrenzen, wollen die Arbeit das System reformieren, dafür seien auch "unbequeme Maßnahmen" nötig. DGB-Vorstand Anja Piel kritisiert die Vorschläge scharf:
"Die Arbeitgeber übersehen offenbar den hohen Nutzen von sozialem Frieden für die Wirtschaft und die Wirksamkeit des Sozialbudgets für die Konjunktur. Die allermeisten Rentnerinnen und Rentner, Erwerbslose und viele Kranke stecken fast jeden Euro in den Konsum und stützen damit die Binnenkonjunktur. Ohne dieses Geld wäre die deutsche Wirtschaft in der Krise längst am Ende.
Um die Sozialsysteme zu entlasten, sollten besser versicherungsfremde Leistungen wie die Mütterrente oder aktuell die Corona-Tests anders, nämlich aus dem Steuertopf finanziert werden. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben müssen auch von der Allgemeinheit, also aus dem Steueraufkommen beglichen werden.
Ein höheres Renteneintrittsalter ist völlig inakzeptabel. Das wäre de facto eine Rentenkürzung für die Menschen, die einer stark belastenden Tätigkeit nachgehen. Denn wer härter arbeitet, stirbt früher. Außerdem verpufft der Finanzierungseffekt eines heraufgesetzten Rentenalters in kürzester Zeit. Viel nachhaltiger ist es, weiterhin für eine hohe Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung, insbesondere der Frauen und Migranten und Migrantinnen, zu sorgen. Dafür stehen Politik und Wirtschaft in der Verantwortung.
Abzulehnen ist zudem die Beschränkung der freien Arztwahl; nichts anderes steckt nämlich hinter den von den Arbeitgebern geforderten Selektivverträgen zwischen Krankenkassen und Ärzten. Der ebenfalls geforderte Nachhaltigkeitsfaktor in der Pflegeversicherung heißt im Klartext, dass immer mehr Lasten aus der Pflege von den Menschen privat getragen werden sollen. Pflege wird damit für große Teile der älteren Beschäftigten zum Armutsrisiko Nr. 1.
Solidarität muss auch nach der Krise gelten:
Weil es in Zukunft um eine gerechtere Verteilung der Lasten gehen muss, sollten Arbeitgeber und Kapitaleigner mehr in das System einzahlen, als sie es heute tun. Staatshilfen kassieren und die Kosten dafür nach unten weiterreichen, das macht unsere Gesellschaft kaputt und belastet die zukünftigen Generationen."