Deutscher Gewerkschaftsbund

09.07.2020
klartext 25/2020

Mobilisierung von Bauland durch handlungsfähige Kommunen

Es gibt immer weniger preisgünstiges Bauland. Das wirkt sich negativ auf den Wohnungsbau auf. Die Bundesregierung will nun mit Gesetzesänderungen dagegen vorgehen und mehr bezahlbare Wohnungen errichten. Das Gesetz enthält zweifellos wichtige Verbesserungen, bleibt aber hinter den bodenpolitischen Forderungen der Gewerkschaften zurück.

Hochhäuser im Rohbau und Kran vor blauem Himmel

DGB/Hellen Sergeyeva/123rf.com

Neubau von Wohnungen deckt nicht den Bedarf

Der Mangel an preisgünstigem Bauland wird immer mehr zum Flaschenhals für den Wohnungsbau. Vor allem in den Metropolen deckt der Neubau nicht den Bedarf ab (siehe Grafik). Folgerichtig hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf vorgelegt, um mehr Bauland zu mobilisieren. Die darin vorgeschlagenen Änderungen des Baugesetzbuches erweitern die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen, bleiben aber auf halbem Wege stecken.

Preisspirale auf dem Wohnungsmarkt bleibt ungebrochen

Das Gesetz beinhaltet leichte Verbesserungen für die Kommunen zur Ausübung ihres Vorkaufsrechts. Das Kernproblem bleibt jedoch ungelöst. Denn die Kommunen müssen den Marktpreis bezahlen. Die Preisspirale auf dem Immobilienmarkt kann dadurch nicht gebrochen werden und Kommunen müssen hohe Summen aufbringen. Besser wäre ein preislimitiertes Vorkaufsrecht, das sich an den Bodenrichtwerten, dem Ertrag bei sozialer Nutzung oder dem vorherigen Kaufpreis orientiert.

Eigentümer müssen baureife Grundstücke bebauen

Um gegen Baulücken und Brachen vorzugehen, können Kommunen Eigentümer verpflichten, baureife Grundstücke binnen einer Frist zu bebauen. Von diesem Instrument wird wegen hoher Hürden bislang kaum Gebrauch gemacht. Positiv ist, dass solche Verpflichtungen in bestimmten Gebieten künftig nicht mehr im Einzelfall begründet werden müssen.

Gesetzgeber plant Schlupfloch

Der Gesetzgeber plant jedoch, eine weitere Hürde einzubauen: Wenn ein brachliegendes Grundstück vom Eigentümer für ein Familienmitglied vorgehalten wird, kann die Bebauungsverpflichtung der Kommune abgewiesen werden. Da dabei weder geregelt ist, welchen Nachweis der Eigentümer bringen muss, noch wie lange das Grundstück unbebaut bleiben darf, ist die Ausnahme ein Schlupfloch, um weiter nicht zu bebauen und auf steigende Baulandpreise zu spekulieren.

Balkendiagramm: Anteil jährlich fertiggestellter Wohnung am jährlichen Bedarf in prozent in deutschen Großstädten

Quelle: Statistisches Bundesamt; IW Köln

Gesetz mit vielen Ausnahmen

Angebot an Mietwohnungen zu erhalten, dürfen Kommunen einer Umwandlung in Eigentumswohnungen widersprechen. Bislang konnte ein Vorbehalt nur in sogenannten Milieuschutzgebieten ausgesprochen werden. Jedoch beinhaltet der Entwurf zahlreiche Ausnahmen. So wird der Vorbehalt unwirksam, wenn der Erhalt von Mietwohnraum wirtschaftlich nicht zumutbar ist.

Umwandlung in Eigentumswohnungen mit anschließendem Verkauf 

Diese Härtefallregelung mag sinnvoll erscheinen, fördert aber ein beliebtes Geschäftsmodell: Denn aufgrund der gestiegenen Preise für Mehrfamilienhäuser in guten Lagen, lassen sich viele Immobilientransaktionen nur wirtschaftlich darstellen, wenn eine Umwandlung in Eigentumswohnungen mit anschließendem Verkauf erfolgt.

"Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt"

Besorgniserregend ist die teilweise oder vollständige Eingrenzung der genannten Instrumente auf „Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt“. Zwar ist nicht abschließend geklärt, wie diese Gebiete festgelegt werden, aber es ist zu vermuten, dass – wie bei der Mietpreisbremse auch – die Länder dafür verantwortlich sind.

Handlungsfähigkeit der Kommunen aufrecht erhalten

Die Kommunen kennen den lokalen Wohnungsmarkt jedoch am besten. Ihre Handlungsfähigkeit darf nicht von landespolitischen Konjunkturen abhängen. Das Gesetz enthält zweifellos wichtige Verbesserungen, bleibt aber hinter den bodenpolitischen Forderungen der Gewerkschaften zurück (www.dgb.de/-/mI6).

 


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