Deutscher Gewerkschaftsbund

18.08.2014
Interview

Esther Hartwich: Technikbildung an Schulen muss besser werden

Mit familienfreundlichen Arbeitsbedingungen punkten Unternehmen im Wettstreit um mehr weibliche Nachwuchskräfte, sagt Esther Hartwich vom DIHK. Die Industrie- und Handelskammern unterstützen aktiv den Girls´ Day und bieten in regionalen Projekten jungen Menschen Orientierungsmöglichkeiten für technisch-naturwissenschaftliche Berufe.

Esther Hartwich

Dr. Esther Hartwich, Leiterin des Bereichs "Ausbildung" beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), im Interview DIHK

Arbeitsmarkt auf den Punkt gebracht: In den letzten Jahren ist es nicht gut gelungen, den Frauenanteil bei den jüngeren Beschäftigten in technischen und Informatik-Ausbildungsberufen zu steigern. Wie bewerten Sie die Entwicklung in diesem Bereich?

 

Esther Hartwich: Wir beobachten in den gewerblich-technischen Ausbildungsberufen für den Bereich der Industrie- und Handelskammern, dass der Anteil der Mädchen wenigstens leicht steigt. Viele Betriebe bemühen sich intensiv, mehr Mädchen für die technischen Berufe zu gewinnen. Die Beteiligung am Girls’Day ist da nur ein Beispiel. Das Berufswahlverhalten, das sich über Generationen verfestigt hat, zu verändern, braucht aber Zeit. Es fehlen im übrigen nicht nur Mädchen in technischen Ausbildungsberufen, auch die Jungen werden weniger. Wir unterstützen daher Forderungen, die Technik-Bildung und die Berufsorientierung an den Schulen zu verbessern.

Was muss sich in den Betrieben ändern, damit auch technische Berufe und Informatik-Berufe im nicht-akademischen Bereich für junge Frauen interessanter werden?

Ein wichtiger Ansatzpunkt sind familienfreundliche Arbeitsbedingungen. Damit punkten Unternehmen übrigens nicht nur bei jungen Frauen, sondern zunehmend auch bei jungen Männern. Die Palette möglicher Ansätze ist breit. Dazu gehören vor allem flexible Arbeitszeitmodelle. Daneben können Betriebe Angebote für flexibles Arbeiten von zu Hause oder Unterstützungsangebote bei der Kinderbetreuung machen. In technischen Berufen sind längere Auszeiten eine besondere Herausforderung. Kontakthalte- und Weiterbildungsangebote während der Elternzeit helfen, Hürden für den Wiedereinstieg zu senken. Nicht jedes Instrument ist für jeden Betrieb geeignet. Aber passende Lösungen für eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf können entscheidende Argumente bei der Gewinnung und Bindung junger Frauen und Männer in technischen und Informatik-Berufen sein.

Was machen die Industrie- und Handelskammern, um den Frauenanteil in technischen und Informatik-Ausbildungsberufen zu erhöhen?

Mädchen verbinden ihr Interesse für Naturwissenschaft und Technik häufig mit der Frage: Wie nützt es den Menschen? Wem helfe ich damit? Hier kann ein praktisch orientierter Unterricht eine sinnvolle Orientierung bieten. 2013 wurde zwischen dem MINT-Bildungsportal www.ihk-tecnopedia.de und Komm-mach MINT – dem Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen - eine Kooperation geschlossen, die vorsieht, auf tecnopedia auch spezifische Angebote für Mädchen bereitzustellen. Die IHKs sind zudem von Beginn an Partner im Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen. Außerdem sind sie Partner der Initiative „Haus der kleinen Forscher“. Dabei geht es darum, schon für Kinder im Kitaalter naturwissenschaftliche Phänomene spielerisch erklärbar zu machen. In Bezug auf die Mädchen versprechen wir uns von der frühkindlichen Förderung, dass Rollenklischees möglicherweise gar nicht erst entstehen und das Interesse für Technik bei Jungen und Mädchen gleichermaßen geweckt wird. Außerdem unterstützen wir als IHK-Organisation aktiv den Girls’ Day. Darüber hinaus gibt es bei den IHKs rund 50 verschiedene regionale Projekte die Jungen und Mädchen für naturwissenschaftlich-technische Berufe begeistert sollen.


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