Deutscher Gewerkschaftsbund

E-Government

10.06.2015
IT-Konsolidierung Bundesverwaltung

Fusion zum Bundesrechenzentrum: DGB drängt auf verbindliche Einbeziehung

Anlässlich der anstehenden IT-Konsolidierung der unmittelbaren Bundesverwaltung drängt der DGB auf verbindliche Vereinbarungen mit Personalräten und Gewerkschaften zur beschäftigtenorientierten Gestaltung des Fusionsprozesses.

Mehrere Hände von Personen, die vor einem Laptop sitzen

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Am Freitag (5. Juni) traf eine Delegation des DGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften des öffentlichen Dienstes zu einer Sondersitzung des Konsultationskreises Verwaltungsmodernisierung mit VertreterInnen der Bundesministerien des Innern (BMI) sowie der Finanzen (BMF) zusammen.

Anlass war das jüngst von Bundeskabinett in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages entworfene Grobkonzept für die weitere IT-Konsolidierung des Bundes. Dieses sieht vor, die zur Zeit über 1.300 Rechenzentren und Serverräume der unmittelbaren Bundesverwaltung schrittweise in wenigen Rechenzentren zusammen zu führen. Zudem sollen die IT-Anwendungen konsolidiert, eine Bundescloud aufgebaut und die IT-Beschaffung in wenigen Stellen gebündelt werden. In einem ersten Schritt sollen die drei großen IT-Dienstleister „ZIVIT“ (Bundesfinanzministerium, BMF), „BIT“ (Bundesinnenministerium, BMI) und „Dienstleistungszentrum IT“ (Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, BMVI) zum 1.1.2016 zu einem Bundesrechenzentrum im Finanzressort zusammengefasst werden.

„Es geht hier zuerst um die IT-MitarbeiterInnen der Bundesverwaltung“, so Dr. Karsten Schneider, Leiter der Abteilung Öffentlicher Dienst und Beamtenpolitik beim DGB Bundesvorstand, „es geht aber auch darum, diesen Prozess zum Nutzen aller digital arbeitenden Verwaltungsbeschäftigten zu gestalten.“ So brauche die Bundesverwaltung dringend eigene Kompetenzen für Usability-Management und zur prozess- und beschäftigtenorientierten Gestaltung von (zukünftig zentral beschaffter und betriebener) IT und ihrem Einsatz im konkreten behördlichen Kontext. „Wir müssen Abhängigkeiten von externen Dienstleistern vermeiden“, forderte Schneider, „wir brauchen eine Verwaltung, die IT kann und ITler, die Verwaltung können.“

Im Vorfeld der Konsultationskreissitzung hatten die Gewerkschaften kritisiert, dass die Beschäftigten bei dem Kabinettsbeschluss vom 20. Mai vor vollendete Tatsachen gestellt wurden. Nach dem Gespräch erklärte Karsten Schneider: "Es war ein ehrlicher Austausch." Viele Fragen seien noch nicht entschieden. Die Standpunkte hinsichtlich einer beschäftigtenfreundlichen Ausgestaltung der IT-Konsolidierung seien umfangreich erörtert worden. "Jetzt ist der Haushaltsausschusses des Bundestages am Zug“, erklärte Schneider, „und dessen Sitzung werden wir intensiv begleiten.“

Bereits auf dem Kongress „Effizienter Staat“ Anfang Mai hatte der CSU Haushaltspolitiker Dr. Reinhard Brandl (MdB) angekündigt, bisherige Konsolidierungserfahrungen zu nutzen. Dazu zählte er die „Einbeziehung und Erfassung auch der Erfahrungen der Personalvertreter“. „Wir freuen uns über diese Aussage“, erklärte Schneider, „aber bei unverbindlichen Gesprächen darf es nicht bleiben.“ Das veraltete Bundespersonalvertretungsgesetz biete für solche ressortübergreifenden Vorhaben keine Mitbestimmungsinstrumente. „Unsere Reformforderung nach ressortübergreifender Mitbestimmung liegt auf dem Tisch“, so Schneider. Unbeschadet dessen brauche man jetzt adhoc einen verbindlichen Rahmen zur Einbeziehung der Gewerkschaften. „In weniger als sieben Monaten soll ein Bundesrechenzentrum mit 2000 Beschäftigten existieren“, verdeutlichte Schneider, „die Ministerien wissen, dass das nicht gelingen kann, ohne die Beschäftigten mitzunehmen.“

Die Teilprojekte der „IT-Konsolidierung Bund“ werden arbeitsteilig in verschiedenen Ressorts verantwortet, jeweils aber mit Auswirkungen auf die gesamte Bundesverwaltung. Das Bundesrechenzentrum und das Teilprojekt zur Fusion werden im Geschäftsbereich des BMF angesiedelt. Damit konnte sich das BMI nicht durchsetzen. Ihm obliegen neben der Gesamtprojektleitung „IT-Konsolidierung Bund“ nur zwei von sechs Teilprojekten. Zum einen die Bündelung der IT-Beschaffung, zum anderen das Programm „Gemeinsame IT des Bundes“. Die „Gemeinsame IT“ wird ihrerseits auf das vom BMF gesteuerte Bundesrechenzentrum zurückgreifen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird das Teilprojekt zur Vorbereitung der Überführung weiterer Behörden in das Bundesrechenzentrum und die Klärung von Ausnahmen leiten. Welche Rechtsform das Bundesrechenzentrum zukünftig haben soll, klärt das (selbst nicht von der Fusion betroffene) Bundesverteidigungsministerium 2016 in einem weiteren Teilprojekt. Das BMVI verantwortet schließlich die Konzeption des IT-Controllings.


Dieser Artikel basiert auf einem aktualisierten Bericht des DGB Magazins für Beamtinnen und Beamte, Ausgabe 5/2015 - http://www.beamten-magazin.de/


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