Deutscher Gewerkschaftsbund

"Gastwirtschaft" – Frankfurter Rundschau

30.04.2015
FR-Kolumne "Gastwirtschaft"

Digitalisierung bietet Chancen und Risiken

"Arbeit muss flexibel sein"

Die digitale Vernetzung der Lebens- und Arbeitswelt verspricht neue Freiheiten. Doch mobile Arbeit braucht Grenzen – zum Schutz vor Stress und Überforderung. Deshalb muss "die Arbeit der Zukunft gestaltet werden – digital und analog", schreibt DGB-Vorstand Annelie Buntenbach in der Kolumne "Gastwirtschaft" Frankfurter Rundschau.

Annelie Buntenbach

DGB-Vorstand Annelie Buntenbach: "Wir sollten die Chancen nutzen, die die Digitalisierung bietet, und mehr Flexibilität für die Beschäftigten ermöglichen." DGB/Simone M. Neumann

Smartphone und Tablet machen´s möglich: Ob Zuhause, im Zug oder Café – für viele ist mobiles Arbeiten längst eine Selbstverständlichkeit. Die digitale Vernetzung der Lebens- und Arbeitswelt verspricht neue Freiheiten. Der Arbeitstag wird flexibler. Gerade für junge Beschäftige ist der ‚nine-to-five job‘ein Relikt vergangener Tage. Zweifellos eine neue Chance, um Arbeit und Privatleben besser unter einen Hut zu bekommen. Erwartet uns also die schöne neue Arbeitswelt?

Digital, mobil, flexibel: Schöne neue Arbeitswelt?

Wir sollten die Chancen nutzen, die die Digitalisierung bietet, und mehr Flexibilität für die Beschäftigten ermöglichen. Schließlich gibt es großen Nachholbedarf. Zeit ist zu einem hohen Gut geworden. Mehr Zeit für Kinder, die Pflege von Verwandten, Weiterbildung und Erholung – das ist keine Lappalie, sondern ein Grundbedürfnis, das immer wichtiger wird. Das wiederum liegt auch an der Arbeit. So müssen wir seit Jahren feststellen, dass eine Mehrheit der Beschäftigten gehetzt arbeitet, immer mehr in der gleichen Zeit schaffen muss und länger arbeitet, als eigentlich vereinbart ist – trotz oder gerade wegen der neuen, digitalen Möglichkeiten. Arbeit ist der Stressfaktor Nummer Eins und führt immer öfter zu ernsthaften Erkrankungen wie Burn-out.

Mobile Arbeit braucht Grenzen

Womit wir zum springenden Punkt kommen: Entscheidend ist, was in welcher Zeit geleistet werden muss und wer darüber entscheidet. Das Problem ist oft, dass die Ziele von oben diktiert werden und die Latte jedes Mal ein bisschen höher gelegt wird. Wenn nur noch das Ergebnis zählt und Zielvorgaben unerreichbar sind, schützen auch flexible Arbeitszeiten nicht vor Stress und Überforderung. Dann zieht sich der Arbeitstag schnell bis in die Nacht. Deshalb braucht auch mobile Arbeit Grenzen. Dafür müssen die Beschäftigten vor allem mitbestimmen können, welche Ziele wann und wie am besten erreichbar sind. Das schafft tatsächliche Spielräume für Gute Arbeit.

Die Arbeit der Zukunft gestalten

Und wenn wir an mehr Flexibilität denken, dürfen diejenigen nicht vergessen werden, deren Arbeit an feste Zeiten und Orte gebunden bleibt: Zum Beispiel brauchen auch der Krankenpfleger oder die Erzieherin die Möglichkeit, die Arbeitszeit ihren persönlichen Bedürfnissen anzupassen. Die Arbeit der Zukunft muss also gestaltet werden – digital und analog.

Erschienen in: Frankfurter Rundschau vom 30. April 2015


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