Das Europäische Parlament hat diese Woche den EU-Aufbaufonds verabschiedet. Damit sollen finanzielle Ungleichheiten abgeschafft und ein Auseinanderdriften der EU verhindert werden. Geld bekommen die Mitgliedsstaaten aber nur, wenn sie sich zu Reformen verpflichten.
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Nach einem intensiven Verhandlungsmarathon hat der EU-Aufbaufonds diese Woche die letzte Hürde genommen und wurde vom Europäischen Parlament verabschiedet. So können schon bald viele Milliarden Euro in die EU-Länder fließen. Es ist gut, dass die Mitgliedstaaten sich auf den Fonds verständigen konnten. Es ist richtig, den wirtschaftlichen Aufbau über gemeinschaftliche Schulden zu finanzieren. Damit werden die finanziellen Lasten einer gemeinsamen europäischen Aufgabe solidarisch verteilt.
Der Aufbaufonds ist damit zusammen mit der Geldpolitik der EZB und der Ausnahmeklausel bei den EU-Haushaltsregeln ein weiteres Instrument, um ein Auseinanderdriften der EU und eine neue Währungskrise zu verhindern.
Wichtig ist der Fonds auch, weil die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten, die eigene Wirtschaft mit Finanzspritzen zu stützen, sehr ungleich verteilt sind (siehe Grafik). Um zu verhindern, dass insbesondere den südeuropäischen Ländern ein struktureller Nachteil erwächst und bereits bestehende Ungleichheiten in der Wirtschaftskraft noch weiter zementiert werden, braucht es eine starke europäische Antwort.
Ein Aspekt bleibt jedoch kritisch: Der Fonds fördert nicht nur öffentliche Investitionen. Die Mitgliedstaaten erhalten die EU-Mittel nur, wenn sie sich zu Reformen verpflichten. Die Umsetzung wird regelmäßig überprüft – bei Verstößen drohen Mittelkürzungen.
DGB / IWF, Fiscal Monitor
Der DGB hat den Mechanismus „Geld gegen Reformen“ in den politischen Verhandlungen scharf kritisiert. Kriseninstrumente wie das EU-Kurzarbeiterprogramm „SURE“ haben gezeigt, dass EU-Hilfen auch ohne strikte Reformauflagen funktionieren, solange die Ausgabenposten eng definiert und von den EU-Institutionen kontrolliert werden.
Da die Verordnung nun explizit eine Mittelauszahlung mit Reformauflagen verknüpft, ist es für den DGB entscheidend, dass der Schwerpunkt auf die „richtigen“ Reformen gesetzt wird. Die Stärkung der Tarifbindung in Deutschland, etwa durch Tariftreueklauseln bei der öffentlichen Auftragsvergabe, wäre ein Beispiel für eine tatsächlich dringend notwendige Reform.
Eine solche Maßnahme könnte auch dazu beitragen, dass die Bundesregierung die Voraussetzungen für ein höheres Lohnwachstum schafft – etwas, das auch die EU-Kommission im Rahmen des europäischen Semesters seit Jahren von Deutschland fordert.
Auf keinen Fall sollten durch den Aufbaufonds Reformen forciert werden, die auf Marktliberalisierung und Deregulierung, eine Flexibilisierung der Arbeitsmärkte oder auf so genannte Effizienzsteigerungen der sozialen Sicherungssysteme abzielen.
Doch nicht nur die Reformmaßnahmen, auch die Investitionsvorhaben sind im deutschen Aufbauplan enttäuschend. Die Bundesregierung plant, das bereits im Juni beschlossene Konjunkturprogramm mit Mitteln aus dem Fonds quer zu finanzieren. Angesichts der sozialökologischen und digitalen Transformation ist es aber geboten, die EU-Hilfen zusätzlich auszugeben und damit ein groß angelegtes Investitionsprogramm zu finanzieren.