Deutscher Gewerkschaftsbund

29.07.2020
Urteil vom Bundesverfassungsgericht

Zur Alimentation kinderreicher Beamtenfamilien

Die Alimentation des Landes Nordrhein-Westfalen für kinderreiche RichterInnen und StaatsanwältInnen in 2013 bis 2015 war teilweise verfassungswidrig, so geht es aus einem heute veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts hervor. Die RichterInnen und BeamtInnen ab dem dritten Kind gewährte Besoldung müsse deren Nettoeinkommen so erhöhen, dass ihnen für jedes dieser Kinder mindestens 115 Prozent des grundsicherungsrechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes zur Verfügung steht.

glücklich lachende Familie mit 4 kleinen Kindern

DGB/123rf.com/ Evgeny Atamanenko

Das BVerfG hat im aktuellen Fall die verfassungsrechtlichen Maßstäbe früherer Rechtsprechung angesichts von Veränderungen im Sozialrecht angepasst. So müsse das zur Bestimmung der Mindestalimentation herangezogene Grundsicherungsniveau alle Elemente des Lebensstandards umfassen, der den Empfängern von Grundsicherungsleistungen staatlicherseits gewährt wird, also insbesondere den monatlichen Regelsatz, die anteiligen Kosten für die Unterkunft und Heizung sowie den Bedarf für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft.

Im aktuellen Beschluss verweist das BVerfG deshalb immer wieder auf seine am 28. Juli 2020 veröffentlichten Entscheidungsgründe zur R-Besoldung im Land Berlin. Auch hier spielte die Frage danach, wie das Grundsicherungsniveau zu bemessen ist, eine zentrale Rolle.

Die Karlsruher RichterInnen haben den alimentationsrechtlichen Mehrbedarf für dritte und weitere Kinder von RichterInnen und StaatsanwältInnen in Nordrhein-Westfalen mittels der konkretisierten Maßstäbe ermittelt und festgestellt, dass dieser unterschritten wurde. Soweit der Besoldungsgesetzgeber für die streitgegenständlichen Jahre eine Neuregelung zu treffen hat, müsse er sich – etwa durch stichprobenartige Auskunftsersuchen gegenüber den Sozial- und Schulbehörden – einen möglichst genauen Eindruck bezüglich der Bedarfe von GrundsicherungsempfängerInnen verschaffen und daraus entsprechende Ansätze ableiten.

Der Gesetzgeber des Landes Nordrhein-Westfalen hat spätestens zum 31. Juli 2021 eine verfassungskonforme Regelung zu treffen.

Zum Beschluss des BVerfG – 2 BvL 6/17 u.a.

Zum Beschluss des BVerfG – 2 BvL 4/18

Zur DGB-Meldung vom 28.07.2020


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