Deutscher Gewerkschaftsbund

28.11.2022
Arbeit & Migration

Fachkräfte aus Drittstaaten und Arbeitnehmerrechte

Was Sie wissen sollten, um in Deutschland erfolgreich zu arbeiten

Welche Rechte haben Fachkräfte aus Drittstaaten, die in Deutschland einer Arbeit nachgehen wollen? In seiner Broschüre informiert der DGB über Arten der Aufenthaltstitel, deren Voraussetzungen und Folgen. Rahmenbedingungen wie sozialrechtliche Aspekte, Diskriminierungsverbot, Fragen zur Unterbringung und die Rolle von Gewerkschaften vervollständigen die Informationen.

Drei weibliche und zwei männliche Fachkräfte

DGB

Die Broschüre "Fachkräfte aus Drittstaaten und Arbeitnehmerrechte" zum Download als pdf.

  • 1. Einführung

    Dies ist ein Leitfaden für Fachkräfte aus Drittstaaten, die in Deutschland arbeiten wollen. Im Fokus steht die rechtliche Lage von Personen aus Drittstaaten mit dem Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder Erwerbstätigkeit. Er beinhaltet Informationen, die Ihnen helfen sollen, eine legale Arbeit unter fairen Bedingungen zu finden und nicht in ausbeuterische Arbeitssituationen zu geraten.

  • 2. Einreise zu Qualifizierungszwecken und Anerkennung der ausländischen Abschlüsse

    Wenn Sie in Deutschland arbeiten wollen, aber keine Qualifizierung haben oder Ihre ausländische Qualifizierung in Deutschland nicht anerkannt wurde, stehen Ihnen trotzdem einige Möglichkeiten offen.

    In diesem Kapitel geben wir Ihnen einen Überblick über die Optionen der Zuwanderung zur Qualifizierung bzw. Anerkennung der ausländischen Qualifizierung.

    Hier erfahren Sie, welche Aufenthaltstitel Sie in Deutschland für diese Zwecke bekommen können, welche Kriterien Sie erfüllen müssen und wozu die einzelnen Aufenthaltstitel berechtigen. 

    Wichtig zu wissen: Wenn Sie bereits eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland haben, können Sie den Zweck Ihrer Aufenthaltserlaubnis zur Qualifizierung oder zu Maßnahmen zur Anerkennung wechseln. Nur in wenigen Ausnahmefällen ist das ausgeschlossen, z.B., wenn Sie nach Abbruch eines Studiums oder einer Ausbildung zu einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation wechseln wollen.

    2.1 Einreise zur Aufnahme einer Ausbildung

    Der Aufenthaltstitel nach § 16 a Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) wird zum Zweck der Absolvierung einer betrieblichen oder schulischen Berufsausbildung erteilt.

    Hinweis: Beachten Sie, dass nur eine qualifizierte Berufsausbildung Ihnen ermöglicht, danach eine Anschlussbeschäftigung in Deutschland aufzunehmen. Eine qualifizierte Ausbildung dauert in Deutschland mindestens 2 Jahre.

    Sie benötigen:

    • Einen Ausbildungsplatz: Als Nachweis eines vorhandenen Ausbildungsplatzes müssen Sie einen Ausbildungsvertrag und einen Ausbildungsplan vorlegen. Wenn Sie keinen Ausbildungsplatz haben, können Sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Ausbildungsplatzsuche beantragen.
    • Sprachkenntnisse: Bei einer qualifizierten Berufsausbildung sind in der Regel ausreichende Deutschkenntnisse (B1) erforderlich. Wenn der Ausbildungsbetrieb bestätigt, dass die Sprachkenntnisse geprüft wurden, wird kein weiterer Nachweis verlangt.
    • Nachweis zur Sicherung des Lebensunterhalts: Ihnen müssen Mittel in Höhe des BAföG-Förderungshöchstsatzes zur Verfügung stehen, im Jahr 2022 sind das 903,00 Euro monatlich. In Einzelfällen kann ein geringerer Bedarf nach Vorlage von Nachweisen anerkannt werden, z.B. durch einen Mietvertrag, der niedrigere Wohnkosten als angesetzt nachweist oder wenn die Krankenversicherung durch sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gedeckt ist.
    • Die Bundesagentur für Arbeit (BA) muss der Aufenthaltserlaubnis zustimmen.

    Die Bundesagentur für Arbeit ist eine staatliche Agentur, die Leistungen auf dem Arbeitsmarkt erbringt, u.a. Arbeitsvermittlung, Arbeitsförderung und Zulassung der*des Ausländer*in zur Beschäftigung.

    Diese prüft, ob eine bevorrechtigte Person zur Besetzung Ihrer Ausbildungsstelle zur Verfügung steht (Vorrangprüfung) und ob die vereinbarten Arbeitsbedingungen mit denen inländischer Beschäftigter vergleichbar sind, insbesondere, ob die Entlohnung nicht ungünstiger ist als die vergleichbarer ausländischer Auszubildenden. 

    Während der qualifizierten Berufsausbildung können Sie bis zu 10 Stunden wöchentlich einer Beschäftigung nachgehen, die nicht mit der Ausbildung zusammenhängt.

    Sie bekommen die Aufenthaltserlaubnis nur für die Dauer der Ausbildung.

    Wechselmöglichkeiten: Nach dem erfolgreichen Abschluss der qualifizierten Ausbildung kann Ihnen eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Arbeitssuche für maximal 12 Monate erteilt werden. In dieser Zeit dürfen Sie ohne Einschränkungen arbeiten. Beim vorhandenen Arbeitsplatz können Sie eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung bekommen.

    Wenn Sie die Ausbildung abbrechen, können Sie den Zweck Ihrer Aufenthaltserlaubnis wechseln, ohne aus Deutschland ausreisen zu müssen. Das ist möglich, wenn Sie zu einer anderen qualifizierten Berufsausbildung, zum Studium, zur Beschäftigung mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen, zur Beschäftigung als Fachkraft oder im Anspruchsfall, d.h. wenn die Ausländerbehörde die Aufenthaltserlaubnis bei der Erfüllung der Voraussetzungen erteilen muss (z.B. bei der Familienzusammenführung), wechseln.

    2.2 Einreise zur Aufnahme eines Studiums 

    Der Aufenthaltszweck ist das Absolvieren eines Vollzeitstudiums an einer staatlichen bzw. staatlich anerkannten Hochschule. Dies umfasst auch studienvorbereitende Maßnahmen, wie den Besuch eines studienvorbereitenden Sprachkurses oder Studienkollegs, die insgesamt nicht länger als zwei Jahre dauern können.

    Sie benötigen:

    • Eine Studienzulassung einer Bildungseinrichtung.
    • Einen Nachweis für die Sicherung des Lebensunterhalts: Ihnen müssen Mittel in Höhe des BAföG-Förderungshöchstsatzes zur Verfügung stehen. Im Jahr 2022 sind das 934 Euro monatlich. In Einzelfällen kann ein geringerer Bedarf nach Vorlage der Nachweise anerkannt werden,
    • Sprachkenntnisse werden bei der Studienzulassung geprüft, es wird kein weiteres Sprachzertifikat als Nachweis verlangt.

    Während des Studiums dürfen Sie maximal 120 volle bzw. 240 halbe Arbeitstage im Kalenderjahr arbeiten. Studentische Nebentätigkeiten an der Hochschule und Pflichtpraktika werden bei diesen 120/240 Tagen nicht angerechnet. Bei studienvorbereitenden Maßnahmen im ersten Jahr des Aufenthalts dürfen Sie nur in der Ferienzeit arbeiten.

    Die Aufenthaltserlaubnis wird für die durchschnittliche Studiendauer im jeweiligen Fach erteilt.

    Wechselmöglichkeiten: Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums können Sie eine Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitssuche für 18 Monate bekommen. Vor Abschluss des Studiums, z.B. bei Studienabbruch, können Sie den Zweck Ihrer Aufenthaltserlaubnis nur zur qualifizierten Berufsausbildung, Beschäftigung mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen, einer Beschäftigung als Fachkraft oder im Fall eines gesetzlichen Anspruchs wechseln.

    2.3 Einreise zur Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme

    Wenn als Ergebnis des Anerkennungsverfahrens (siehe Kapitel 7.2) bestimmte Defizite in theoretischen oder praktischen Kenntnissen festgestellt werden, können Sie in Deutschland einen Aufenthaltstitel erhalten, um Maßnahmen zum Erwerb erforderlicher Kenntnisse durchzuführen.

    Sie benötigen:

    • Einen Anerkennungsbescheid der zuständigen Anerkennungsstelle, in dem Qualifizierungsbedarf festgestellt wird.
    • Eine Anmeldung zu einer geeigneten Fortbildungsmaßnahme.
    • Sprachkenntnisse: Erforderlich sind mindestens grundlegende Deutschkenntnisse, in der Regel auf dem Niveau A2. Für Ärzte oder Pflegekräfte wird Mindestniveau B1 vorausgesetzt. Niedrigere Sprachkenntnisse können ausreichend sein, wenn der weitere Spracherwerb Bestandteil der geplanten Maßnahme ist. Für den Nachweis der Sprachkenntnisse sollen Sie am besten die Sprachzeugnisse der zertifizierten Bildungsträger vorlegen, z.B. vom Goethe-Institut e. V. oder anderen.
    • Nachweis für die Sicherung des Lebensunterhalts: Es müssen Ihnen Mittel in Höhe des BAföG-Förderungshöchstsatzes plus 10 Prozent zur Verfügung stehen. Im Jahr 2022 sind das insgesamt 1.027 Euro monatlich. In Einzelfällen kann ein geringerer Bedarf nach Vorlage der Nachweise anerkannt werden (z.B., wenn durch Vorlage der Bescheinigung über geringere tatsächliche Wohnkosten bereits mit einem niedrigeren monatlichen Betrag der Lebensunterhalt gesichert ist).

    Im Rahmen des Aufenthaltes, um Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen durchzuführen, kann man die Aufenthaltstitel zu folgenden Zwecken bekommen:

    2.3.1 Teilnahme an einer Anpassungs-, Ausgleichs- oder Qualifizierungsmaßnahme

    Der Aufenthaltszweck ist das Absolvieren von verschiedenen Maßnahmen. Das können berufs- oder fachschulische, betriebliche oder überbetriebliche Angebote, mit praktischen und theoretischen Inhalten, Vorbereitungskurse auf Kenntnis- oder Eignungsprüfungen sowie allgemeine oder berufsorientierte Sprachkurse sein.

    Bei der Beantragung der Aufenthaltstitel müssen Sie den Nachweis über die Teilnahme an Qualifizierungskursen (z.B. Bestätigung über eine Kursanmeldung), Information über Art und Dauer der Qualifizierungsmaßnahmen sowie die Angaben über Kursanbieter vorlegen.

    Sie können während der Anpassungsqualifikation ohne Einschränkungen in den Berufen arbeiten, die in einem berufsfachlichen Zusammenhang mit dem angestrebten Beruf stehen.

    Beispiel: Ein*e Krankenpfleger*in, der*die einen Deutschkurs besucht, um die berufliche Anerkennung zu erlangen, kann als Krankenpflegehelfer*in arbeiten. Ein*e Apotheker*in kann als pharmazeutisch-kaufmännische*r Angestellte*r arbeiten.

    In anderen Berufen ohne fachlichen Zusammenhang können Sie nur bis zu 10 Stunden in der Woche arbeiten.

    Ein Aufenthaltstitel kann für maximal insgesamt 24 Monate erteilt werden.

    2.3.2 Erwerb einer berufspraktischen Qualifikation in einem nicht reglementierten Beruf

    Der Aufenthaltszweck nach § 16 d Abs. 3 AufenthG ist der Erwerb fehlender berufspraktischer Kenntnisse in einem nicht reglementierten Beruf. Was reglementierte und nicht reglementierte Berufe sind, wird in Kapitel 7.1 erläutert. Die berufspraktischen Kenntnisse werden durch die Beschäftigung als Fachkraft in einem Betrieb erlernt, beispielsweise kann ein*e Friseur*in in einem Friseursalon fehlende Kenntnisse erwerben. Es muss daher ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegen.

    Bei der Beantragung des Aufenthaltstitels müssen Sie eine verbindliche Zusage des Ausbildungsbetriebs mit der Stellenbeschreibung und dem Weiterbildungsplan vorlegen, in dem der Arbeitgeber sich verpflichtet, den Ausgleich der festgestellten Defizite innerhalb von zwei Jahren zu ermöglichen.

    Mit diesem Aufenthaltstitel sind Sie zur Beschäftigung nur im Rahmen der berufspraktischen Qualifikation im Betrieb berechtigt. Der Aufenthaltstitel kann für maximal 24 Monate erteilt werden.

    2.3.3 Ablegung einer Kenntnisprüfung zur Anerkennung

    Der Aufenthalt nach § 16 d Abs. 5 AufenthG kann zur Ablegung einer Kenntnisprüfung zur Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation erteilt werden.

    Dieser Aufenthaltstitel wird erteilt für die Dauer der Prüfung oder mehrerer Prüfungen bis zur Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. Bei der Beantragung des Aufenthaltstitels müssen Sie Belege über die bevorstehende Prüfung vorlegen. Es muss außerdem ein Arbeitsplatzangebot für eine anschließende Beschäftigung vorliegen.

    Dieser Aufenthaltstitel erlaubt Ihnen nicht, zusätzlich berufstätig zu sein.

    2.3.4 Durchführung eines Anerkennungsverfahrens in Deutschland

    Der Aufenthaltstitel nach § 16 d Abs. 3 AufenthG kann zum Zweck der Anerkennung einer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation in Deutschland erteilt werden.

    Dieser Titel ist nur für Fachkräfte vorgesehen, die durch Absprachen zwischen der Bundesagentur für Arbeit und einer ausländischen Arbeitsverwaltung nach Deutschland vermittelt werden. Zurzeit gilt das nur für reglementierte Berufe im Gesundheits- und Pflegebereich.

    Der Antrag auf Anerkennung wird erst nach Ankunft in Deutschland gestellt. Während des Anerkennungsverfahrens können Sie schon in Ihrem zukünftigen Berufsfeld berufstätig sein.

    Voraussetzung für die Erteilung dieses Aufenthaltstitels ist Ihre Verpflichtung, dass Sie nach der Einreise ein Verfahren zur Erteilung der Berufsausübungserlaubnis einleiten.

    Die Berufsausübungserlaubnis umfasst die rechtliche Befugnis zur Berufsausübung sowie die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung. Sie wird im Rahmen des Anerkennungsverfahrens für reglementierte Berufe erteilt. Es muss außerdem ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegen.

    Mit diesem Titel können Sie in Ihrem fachlichen Berufsfeld ohne Einschränkungen arbeiten. Eine andere Beschäftigung kann Ihnen für bis zu 10 Wochenstunden erlaubt werden.

    Wechselmöglichkeiten: Nach einem erfolgreichen Abschluss der Maßnahmen 2.3.1, 2.3.2, 2.3.3 und 2.3.4 kann eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Arbeitssuche für bis zu zwölf Monate erteilt werden. In der Zeit der Arbeitsplatzsuche darf eine Erwerbstätigkeit ausgeübt werden.

    Vor dem Erreichen des Höchstzeitraums der Aufenthaltserlaubnis können Sie Ihre Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck wechseln, soweit Sie die Voraussetzungen erfüllen.

    Nach Ablauf des Zeitraums der Aufenthaltserlaubnis können Sie Ihre Aufenthaltserlaubnis nur zu folgenden Zwecken wechseln: einer qualifizierten Berufsausbildung, eines Studiums, einer Beschäftigung als Fachkraft, einer Beschäftigung mit ausgeprägten berufspraktischen Fähigkeiten oder wo ein gesetzlicher Anspruch vorliegt. Diese Möglichkeit ist nicht gegeben im Fall der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Prüfungsablegung (siehe Kapitel 2.3.3).

  • 3. Allgemeine Voraussetzungen für die Einreise zum Zweck der Erwerbstätigkeit

    Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit ist an einige Voraussetzungen wie Ihre Qualifikation, Sprachkenntnisse sowie die Sicherung des Lebensunterhalts geknüpft.

    3.1 Qualifikation

    Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit in Deutschland ist in der Regel von Ihrer Qualifikation und der Tätigkeit, die Sie ausüben wollen, abhängig. Für Fachkräfte gibt es besondere Erleichterungen beim Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Dabei wird die Anerkennung ausländischer Qualifikationen vorausgesetzt (siehe Kapitel 7), sofern Sie keine inländische Qualifikation haben.

    Fachkräfte mit akademischen Abschlüssen dürfen in Deutschland arbeiten, wenn sie einen deutschen oder anerkannten bzw. mit einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss haben.

    Sie dürfen jede qualifizierte Beschäftigung aufnehmen, zu der der Abschluss sie befähigt. Die Frage, ob eine Qualifikation zur Ausübung einer Beschäftigung als Fachkraft "befähigt", liegt grundsätzlich in der Beurteilung durch den Arbeitgeber, der durch seine Angaben im Vordruck "Erklärung zum Beschäftigungsverhältnis" bestätigt, dass er die ausländische Fachkraft einstellen will. 

    In diesem Rahmen können die Hochschulabsolvent*innen einen Aufenthaltstitel nicht nur zur Ausübung einer akademischen Tätigkeit, sondern auch eines Ausbildungsberufs bekommen (ein Anglistikabsolvent kann z.B. als Fremdsprachenkorrespondent arbeiten).

    Nur im Fall des privilegierten Titels der Blauen Karte-EU setzt das Gesetz voraus, dass die Beschäftigung der Qualifikation angemessen ist. Das bedeutet, dass das Studium dem Beruf entspricht (ein Medizinabsolvent kann z.B. als Arzt*Ärztin arbeiten) oder die im Studium erworbenen Kenntnisse teilweise oder mittelbar bei der Ausübung des gewählten Berufes eingesetzt werden (ein Medizinabsolvent arbeitet z.B. in einem Pharmaunternehmen). Es ist aber ausgeschlossen, dass man unterhalb der vorliegenden Qualifikation arbeitet (z.B. kann ein Arzt nicht als Pflegekraft tätig werden).

    Fachkräfte mit beruflichen Abschlüssen dürfen in allen qualifizierten Berufen arbeiten, wenn Sie einen deutschen oder einem deutschen Berufsabschluss gleichwertigen ausländischen qualifizierten Berufsabschluss haben.

    Eine qualifizierte Berufsausbildung liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist. Sie dürfen in jedem Beruf arbeiten, zu dem die Qualifizierung sie befähigt. Das bedeutet, dass auch die Beschäftigung in verwandten Berufen möglich ist, ein*e Bäcker*in kann z.B. als Konditor*in arbeiten.

    Personen ohne Berufsausbildung oder akademische Qualifikation können nur in Ausnahmefällen eine Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit in Deutschland bekommen.

    Solche Ausnahmen gelten u.a. für Personen, die zwar keine formelle Ausbildung besitzen, aber eine vergleichbare Berufserfahrung nachweisen können. Dies gilt zurzeit für IT-Kräfte.

    Andere besondere Gruppen, die unabhängig von einer Qualifikation als Fachkraft eine Aufenthaltserlaubnis bekommen können, sind Berufskraftfahrende.

    Weitere Ausnahmen gelten für Staatsangehörige aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien (diese Regelung gilt befristet bis Ende 2023) sowie von Andorra, Australien, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, von Monaco, Neuseeland, San Marino, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika. Den Staatsbürger*innen dieser Länder kann eine Zustimmung zu jeglichen, auch unqualifizierten Tätigkeiten erteilt werden.

    Wichtig! Im Fall der Berufskraftfahrer*innen, sowie von Staatsangehörigen der genannten Länder gilt die Vorrangprüfung.

    Die Vorrangprüfung bedeutet, dass die Bundesagentur für Arbeit unter allen arbeitslos bzw. arbeitssuchend gemeldeten Personen prüft, ob sogenannte "bevorrechtigte" Personen zur Besetzung der Stelle zur Verfügung stehen. Bevorrechtigt sind Deutsche, EU-Bürger oder Personen, die eine Aufenthalts- bzw. Niederlassungserlaubnis haben.

    3.2 Sprachkenntnisse

    Im Fall von Fachkräften mit einer Berufsausbildung sowie einem Hochschulabschluss, die zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung einreisen, werden die Sprachkenntnisse bei der Erteilung der Aufenthaltstitel nicht geprüft. Sie werden im Rahmen des Anerkennungsverfahrens durch die zuständige Anerkennungsstelle bzw. bei den nicht reglementierten Berufen durch den Arbeitgeber beurteilt.

    Bei den IT-Kräften mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen ohne formale Ausbildung werden Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1 vorausgesetzt.

    Das Gesetz lässt aber Ausnahmen in begründeten Fällen zu. Sie könnten insbesondere dann relevant sein, wenn Sie gut Englisch sprechen oder die Tätigkeit in Englisch ausgeübt wird.

    Für den Titel zum Zwecke der Arbeitssuche und die Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte werden ausreichende Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1 vorausgesetzt.

    3.3 Lebensunterhalt

    Eine weitere Voraussetzung zur Erlangung eines Aufenthaltstitels zur Erwerbstätigkeit ist der gesicherte Lebensunterhalt. Dieser ist gesichert, wenn Sie ohne Bezug von sozialen Leistungen Ihre Grundbedürfnisse selbst decken können. In der Praxis wird geprüft, ob Sie mit Ihrem aktuellen Einkommen noch einen ergänzenden Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben. Wenn dies der Fall ist, gilt der Lebensunterhalt als nicht gesichert. Es spielt keine Rolle, ob Sie das Arbeitslosengeld II tatsächlich beantragen oder nicht.

    Arbeitslosengeld II (die Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II) ist eine Leistung, die an erwerbsfähige Personen gezahlt wird, um die Grundbedürfnisse zu sichern. Es kann auch ergänzend zum Einkommen gewährt werden, wenn dieses Einkommen nicht zur Deckung des Bedarfs ausreicht.

    Wenn Sie als Fachkraft mit Berufsausbildung oder akademischer Ausbildung einreisen und eine Vollzeitstelle haben, gilt der Lebensunterhalt bereits als gesichert, soweit die Bundesagentur für Arbeit der Beschäftigung zugestimmt hat. Eine erneute Prüfung durch die Ausländerbehörde oder Visastelle findet nicht statt.

    Wenn die Beschäftigung in Teilzeit ausgeübt wird, oder wenn Sie mit anderen Familienmitgliedern einreisen, wird die Prüfung des Lebensunterhalts durchgeführt. Beispielsweise muss eine alleinstehende Person das monatliche Nettoeinkommen von mindestens 750,00 Euro für Lebenshaltungskosten verdienen. Hinzu gerechnet werden müssen die Kosten der Warmmiete.

    Wichtig! Unabhängig von dem gesicherten Lebensunterhalt gelten in den einzelnen Fällen bestimmte Mindesteinkommensgrenzen als Anforderung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Lesen Sie mehr dazu in Kapitel 4.

  • 4. Einreise zur Beschäftigung mit einer anerkannten Qualifikation

    Für Fachkräfte mit einer anerkannten Qualifikation stehen mehrere Aufenthaltstitel zur Erwerbstätigkeit in Deutschland zur Verfügung, die jedoch an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft sind.

    Dafür benötigen Sie ein konkretes Arbeitsangebot in einem qualifizierten Beruf. Als Nachweis des Arbeitsplatzangebotes müssen Sie einen Arbeitsvertrag oder eine verbindliche Zusage des Arbeitgebers bei der Visastelle vorlegen. Der Aufenthaltstitel wird in der Regel für 4 Jahre erteilt.

    Bis auf die Blaue Karte-EU für Regelberufe (siehe Kapitel 4.2) ist die Vergabe des Titels von der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit abhängig. 

    Tipp: Wenn Sie bereits ein Arbeitsplatzangebot haben und die Einreise nach Deutschland beschleunigen wollen, fragen Sie Ihren zukünftigen Arbeitgeber nach der Option des beschleunigten Fachkräfteverfahrens! Mehr Informationen darüber bekommt Ihr zukünftiger Arbeitgeber bei der Ausländerbehörde vor Ort.

    4.1 Arbeitssuche

    Die Fachkräfte aus Drittstaaten, die eine anerkannte Berufsausbildung oder einen Hochschulabschluss haben, können für maximal 6 Monate nach Deutschland zur Arbeitssuche einreisen.

    Mit diesem Aufenthaltstitel dürfen Sie nicht arbeiten. Es ist Ihnen aber erlaubt, sogenannte Probebeschäftigungen für bis zu zehn Stunden pro Woche auszuüben. In diesem Rahmen kann der potentielle Arbeitgeber prüfen, ob Sie für die Stelle geeignet sind.

    Wenn die Arbeitssuche nicht erfolgreich wird, kann Ihr Aufenthalt nicht über 6 Monate hinaus verlängert werden. Sie dürfen erneut zum Zwecke der Arbeitssuche einreisen, wenn Sie sich im Ausland bereits so lange aufhalten wie Sie davor in Deutschland gewesen sind.

    4.2 Blaue Karte-EU

    Die Blaue Karte-EU wird Akademiker*innen zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt, unter der Voraussetzung, dass ein bestimmtes Mindestgehalt gezahlt wird. Dabei muss man zwischen Mangelberufen und Regelberufen unterscheiden.

    Mangelberufe sind Berufe, in denen nach der Fachkräfteengpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit Engpässe herrschen. Regelberufe sind alle anderen Berufe.

    In den Regelberufen muss das Mindesteinkommen im Jahr 2022 56.400 Euro betragen. In den sogenannten Mangelberufen wie Ärzt*innen, Mathematiker*innen, Naturwissenschaftler*innen und Ingenieur*innen muss das Mindesteinkommen derzeit 43.992 Euro betragen.

    In Regelberufen wird die Blaue Karte-EU ohne Zustimmung der Bundesarbeitsagentur erteilt!

    Wichtig zu wissen: Blaue Karte-EU ist ein "privilegierter" Titel: Sie können schneller zu einem unbefristeten Titel wechseln und Ihr*e Ehegatte/ Ehegattin hat auch ohne deutsche Sprachkenntnisse einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

    4.3 Fachkräfte mit akademischer Ausbildung, die keinen Anspruch auf eine Blaue Karte-EU haben

    Dieser Aufenthaltszweck nach § 18 b Abs.1 AufenthG steht für die Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung, zu der Sie Ihr Hochschulabschluss befähigt, zur Verfügung.

    Wenn Sie als Fachkraft bei der Erteilung des Aufenthaltstitels das 45. Lebensjahr beendet haben, muss das Mindesteinkommen im Jahr 2022 mindestens 46.530 Euro betragen. Wenn Ihr Einkommen unterhalb dieser Grenze liegt, kann ein Nachweis einer angemessenen Altersvorsorge vorgelegt bzw. eine Ausnahme zugelassen werden.

    Eine Ausnahme kann zugelassen werden, wenn an der Beschäftigung ein öffentliches, insbesondere ein regionales, wirtschaftliches oder arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht, z.B., wenn durch die Beschäftigung der Fachkraft Arbeitsplätze erhalten oder geschaffen werden.

    4.4 Fachkräfte mit Berufsausbildung

    Der Aufenthaltszweck nach § 18 a AufenthG steht für die Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung zur Verfügung, zu der die erworbene Berufsausbildung Sie befähigt. Auch in diesem Fall gilt: Wenn Sie als Fachkraft bei der Erteilung des Aufenthaltstitels das 45. Lebensjahr beendet haben, muss das jährliche Mindesteinkommen im Jahr 2022 mindestens 46.530 Euro betragen. Wenn Ihr Einkommen unterhalb dieser Grenze liegt, kann der Nachweis einer angemessenen Altersvorsorge vorgelegt bzw. eine Ausnahme zugelassen werden. Eine Ausnahme kann bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Beschäftigung gemacht werden. 

    4.5 Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte

    Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel. Eine Fachkraft qualifiziert sich für eine Niederlassungserlaubnis, wenn sie seit 4 Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit für Fachkräfte ist, 4 Jahre Rentenbeitragszahlungen getätigt wurden und B1-Sprachkenntnisse vorhanden sind. Bei einer deutschen Qualifizierung verkürzt sich diese Zeit auf 2 Jahre.

    Die Inhaber der Blauen Karte-EU können die Niederlassungserlaubnis nach Ablauf von 33 Monaten bei Sprachkenntnissen auf dem Niveau A1 oder von 21 Monaten bei Sprachkenntnissen auf dem Niveau B1 erhalten.

  • 5. Einreise zur Beschäftigung ohne anerkannte Qualifikation

    Die Zuwanderung zur qualifizierten Beschäftigung, unabhängig von einer anerkannten Qualifikation, stellt eine Ausnahme dar. Sie besteht zurzeit für Fachkräfte im IT-Bereich sowie für Berufskraftfahrer*innen. Lesen Sie mehr über die Voraussetzungen für diesen Aufenthaltstitel.

    5.1 Fachkräfte mit besonders ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen im IT-Bereich

    Der Titel nach § 19 c Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 6 Beschäftigungsverordnung (BeschV) ist für eine qualifizierte Beschäftigung im IT-Bereich vorgesehen, wenn Sie über Fachkenntnisse ohne einen formalen Abschluss verfügen, diese aber durch berufliche Praxis erworben haben.

    Die Voraussetzung ist eine mindestens 3-jährige Berufserfahrung auf dem Niveau einer akademischen Fachkraft, die innerhalb der letzten 7 Jahre erworben wurde.

    Für den Titel wird das Mindesteinkommen in Höhe von mindestens 50.760 Euro im Jahr 2022 vorausgesetzt.

    5.2 Berufskraftfahrende im Güter- und Personenverkehr

    Dieser Aufenthaltstitel nach § 24 a der Beschäftigungsverordnung ist für eine Beschäftigung von Berufskraftfahrenden ohne formelle Qualifizierung vorgesehen.

    Für den Aufenthaltstitel benötigen die Fahrer*innen die EU-Fahrerlaubnis und die Grundqualifikation bzw. die beschleunigte Grundqualifikation.

    Grundqualifikation bedeutet, über die notwendige Qualifikation, die Fahrer*innen im gewerblichen Güter- und Personenverkehr ablegen müssen, zu verfügen. Sie wird durch eine 7,5-stündige praktische und theoretische Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer abgelegt. Die Grundqualifikation kann als sogenannte beschleunigte Grundqualifikation erworben werden. In diesem Fall wird der Lehrgang mit 140 Stunden Unterricht und 10 Praxisstunden absolviert. Am Ende der beschleunigten Grundqualifikation steht eine 90-minütige theoretische Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer.

    Sowohl die EU-Fahrerlaubnis als auch die Grundqualifikation können beim vorhandenen Arbeitsplatz in Deutschland erworben werden. Für diese Maßnahmen wird der Aufenthalt von 15 Monaten erlaubt, mit der Möglichkeit der Verlängerung um weitere 6 Monate. In dieser Zeit bleiben Sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Es muss ein Arbeitsvertrag vorliegen, der zur Teilnahme an Maßnahmen zur Erlangung der erforderlichen Fahrerlaubnis und Qualifikationen verpflichtet. Bis zum erfolgreichen Abschluss der Maßnahmen dürfen Sie jedoch nicht als Berufskraftfahrer*in eingesetzt werden, Sie können andere Arbeiten ausführen, z.B. als Beifahrer.

    Wichtig! In diesem Fall müssen Sie bei der Beantragung des Aufenthaltstitels auch ein konkretes Arbeitsplatzangebot für die Zeit nach Erlangung der Qualifikation bei demselben Arbeitgeber nachweisen.

    Für das Mindesteinkommen von Kraftfahrenden, die die Beschäftigung nach Vollendung des 45. Lebensjahres aufnehmen, muss grundsätzlich ein Gehalt von 46.530 Euro im Jahr 2022 vorliegen.

  • 6. Arbeitgeberbindung und ihre rechtlichen Konsequenzen

    Bei jedem Aufenthaltstitel wird angegeben, welche Erwerbstätigkeit erlaubt ist.

    Bei Aufenthaltstiteln, die zum Zweck der Ausübung einer Beschäftigung bei einem konkreten Unternehmen erteilt werden, ist nur diese Beschäftigung erlaubt. Man nennt dies eine Arbeitgeberbindung. In diesem Fall dürfen Sie keiner anderen Beschäftigung nachgehen.

    Wenn Sie die Arbeit wechseln wollen, brauchen Sie eine neue Aufenthaltserlaubnis der Ausländerbehörde und gegebenenfalls die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit. Sie müssen mit einer neuen Beschäftigung warten, bis Ihnen eine entsprechende Erlaubnis erteilt wird.

    Vorsicht! Wenn Sie die neue Beschäftigung vor der Erteilung der Erlaubnis aufnehmen, begehen Sie eine Ordnungswidrigkeit. Sie kann mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 Euro bestraft werden.

    Für die Inhaber der Blauen Karte-EU gilt hier eine Ausnahme: Sie können grundsätzlich nach 2 Jahren ohne neue Erlaubnis der Ausländerbehörde eine neue Arbeit aufnehmen.

    Nach 2 Jahren der Beschäftigung mit einer Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit entfällt die Zustimmungspflicht der Bundesarbeitsagentur. In der Praxis bedeutet das einen offenen Zugang zu allen Berufen. Sie können jede Arbeit aufnehmen. Das gilt jedoch nicht für die Titel, die in den Kapiteln 5.1 und 5.2 beschrieben sind.

    Tipp: Prüfen Sie, wie die Nebenbestimmungen zur Beschäftigung in Ihrem Aufenthaltstitel formuliert sind. Es kann sein, dass dort steht "Nach 2-jähriger versicherungspflichtiger Beschäftigung jede Tätigkeit erlaubt", dann müssen Sie nichts unternehmen. Sonst müssen Sie beantragen, dass die Nebenstimmung zur "Beschäftigung erlaubt" geändert wird.

    Was Sie noch wissen sollten: Manchmal ändern die Firmen ihre Rechtsform (eine Kommanditgesellschaft wird z.B. in eine GmbH umgewandelt), oder der Betrieb wird verkauft und von einem neuen Inhaber weitergeführt. Wenn das Ihren Arbeitgeber betrifft, müssen Sie sich keine Sorgen machen: An Ihrem Aufenthaltstitel ändert sich in solchen Fällen nichts. Es handelt sich nur um eine formale Änderung, und Sie benötigen keine neue Aufenthaltserlaubnis.

  • 7. Anerkennung von Berufsabschlüssen und Qualifikationen

    Wenn Sie in Ihrem Herkunftsland eine Berufsausbildung oder andere Qualifikationen erworben haben, sollten Sie prüfen, ob diese in Deutschland anerkannt werden können. Die Anerkennung der Qualifikationen erhöht Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt und eröffnet den Weg zur Aufenthaltserlaubnis in Deutschland.

    7.1 Rechtliche Grundlagen

    Das Gesetz über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen gibt Personen mit einer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation ein Recht auf die Durchführung des Anerkennungsverfahrens in Deutschland. Das gilt unabhängig von der Staatsangehörigkeit und dem Aufenthaltstitel. Auch Personen, die sich im Ausland aufhalten, können einen Antrag auf Prüfung der Qualifikationen stellen.

    Für manche Berufe gelten spezifische landesrechtliche Regelungen. 

    Tipp: Welche Regelungen in Ihrem Fall gelten, erfahren Sie in einer spezialisierten Beratungsstelle, z.B. Integration durch Qualifizierung (IQ-Netzwerk): siehe "Vor-Ort-Beratung IQ".

    Im Anerkennungsverfahren wird geprüft, ob Ihre ausländische Berufsqualifikation mit dem entsprechenden deutschen Referenzberuf vergleichbar ist.

    Ob Sie eine Anerkennung für die Berufsausübung brauchen, hängt davon ab, ob Sie in einem reglementierten oder nicht reglementierten Beruf arbeiten möchten.

    In reglementierten Berufen dürfen Sie arbeiten, wenn Sie gemäß den Rechtsvorschriften über eine bestimmte Qualifikation verfügen. Das sind z.B. Krankenpfleger*innen oder Erzieher*innen. Für die Berufsausübung wird eine Anerkennung vorausgesetzt.

    In den nicht reglementierten Berufen braucht man keine staatliche Zulassung für die Berufsausübung. Für die Arbeitsaufnahme in diesen Berufen ist keine Anerkennung erforderlich.

    Wichtig: Bei den nicht reglementierten Berufen ist die Anerkennung zwar keine Voraussetzung für die Berufsausübung. Sie ist aber zwingend notwendig für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung als Fachkraft in diesen Berufen!

    Die ausländischen Berufsabschlüsse in den nicht reglementierten Berufen müssen daher zu Aufenthaltszwecken im Rahmen der Gleichwertigkeitsprüfung beurteilt werden. Für Hochschulabschlüsse, die nicht zu einem reglementierten Beruf berechtigen, wie zum Beispiel Psycholog*in oder Elektroniker*in, gibt es kein Anerkennungsverfahren wie für reglementierte Berufe. Ausländische Fachkräfte mit einem solchen Hochschulabschluss müssen für die Erteilung des Aufenthaltstitels nachweisen, dass ihre ausländischen Hochschulabschlüsse in Deutschland als vergleichbar anerkannt sind. Hierbei stellt die Datenbank „ANABIN“ der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen Informationen bereit: siehe: Hochabschlüsse

    Wenn Sie in „ANABIN“ den Beruf nicht finden, wenden Sie sich an die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen beim Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder zur individuellen Zeugnisbewertung.

    7.2 Anerkennungsverfahren

    Um die Gleichwertigkeit des Abschlusses festzustellen, müssen Sie einen Antrag auf Anerkennung stellen. Den Antrag reichen Sie bei der zuständigen Stelle in dem Bundesland ein, in dem Sie planen, zukünftig zu arbeiten. Mit dem Antrag müssen Sie den Lebenslauf, einen Identitätsnachweis sowie übersetzte Zeugnisse und andere Dokumente über Inhalt und Dauer der Qualifizierung und Berufserfahrung einreichen.

    Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens wird Ihre ausländische Qualifizierung mit dem deutschen Referenzberuf verglichen. Daraufhin wird ein Bescheid erteilt. Hier gibt es folgende Möglichkeiten:

    • Gleichwertigkeitsbescheid – keine wesentlichen Unterschiede zwischen der Auslands- und der Inlandsqualifikation festgestellt: Ihre Qualifikation entspricht deutschen Anforderungen, 
    • Ablehnungsbescheid – zu große oder nicht ausgleichbare Unterschiede zwischen der Auslands- und der Inlandsqualifikation festgestellt: Ihre Qualifikation entspricht nicht deutschen Anforderungen,
    • Defizitbescheid/Bescheid über teilweise Gleichwertigkeit: Ihre Qualifikation entspricht nur teilweise deutschen Anforderungen.

    Im dritten Fall, der in der Praxis häufig vorkommt, bekommen Sie die Möglichkeit zur Nachholung fehlender Kenntnisse durch Qualifizierungsmaßnahmen. Bei den beschriebenen reglementierten Berufen wird die Ausgleichsmaßnahme im ausgestellten Defizitbescheid festgelegt.

    Eine Ausgleichsmaßnahme ist ein Anpassungslehrgang oder eine Prüfung, durch die Personen, die einen reglementierten Beruf ausüben wollen die Unterschiede, zwischen den Kenntnissen der ausländischen Qualifikation und den Anforderungen des deutschen Referenzberufes ausgleichen können.

    Bei den nicht reglementierten Berufen enthält der ausgestellte Bescheid über teilweise Gleichwertigkeit die Liste der wesentlichen Unterschiede, die ausgeglichen werden sollten; auf dieser Grundlage sollte eine Anpassungsqualifizierung identifiziert werden.

    Tipp: Lassen Sie sich zu den passenden Qualifizierungsmaßnahmen bei den spezialisierten Stellen beraten.

    In reglementierten Berufen wird die Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation dann festgestellt, wenn die Antragstellenden die Ausgleichsmaßnahme erfolgreich abschließen. Danach werden die Kriterien für die Berufszulassung geprüft. Bei nicht reglementierten Berufen können die Antragstellenden nach erfolgreicher Qualifizierung einen Folgeantrag stellen, um die vollständige Anerkennung zu erhalten.

    Weitere Informationen zum Ablauf vom Anerkennungsverfahren in Deutschland finden Sie auf der Webseite.

    7.3 Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung (ZBSA)

    Fachkräfte, die sich im Ausland befinden, können erste Informationen zur Anerkennung in Deutschland bei der Hotline „Arbeiten und Leben in Deutschland“ unter +49 30 1815 111 erhalten, die durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit angeboten wird. Die Hotline ist auf Deutsch und Englisch erreichbar von Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr.

    Für eine vertiefte Beratung und Unterstützung im Anerkennungsverfahren kontaktieren Sie die Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung (ZSBA), die bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit angesiedelt ist.

    Die ZSBA begleitet Sie durch das gesamte Anerkennungsverfahren bis zur Einreise nach Deutschland. Sie gibt Ihnen Informationen über Chancen, die Sie auf dem deutschen Arbeitsmarkt haben, über Anforderungen für die Anerkennung, aber auch über Aufenthaltstitel, die man nach dem Anerkennungsverfahren erhalten kann. Die ZSBA klärt, welcher Referenzberuf Ihrer ausländischen Qualifizierung entspricht und welche Stelle für die Anerkennung zuständig ist. Sie erfahren dort, wie man den Antrag und erforderliche Anlagen zusammenstellen soll. Ihr Antrag wird von der ZSBA auf Vollständigkeit geprüft und an die Anerkennungsstelle weitergeleitet.

    Sie erreichen die ZSBA telefonisch über die Hotline „Arbeiten und Leben in Deutschland“ oder per E-Mail.

  • 8. Vermittlungspraktiken

    Arbeitsvermittler stellen Verbindungen zwischen Arbeitgebern und Arbeits-, bzw. Ausbildungssuchenden her, um den Abschluss eines Arbeits- bzw. Ausbildungsvertrages zu ermöglichen.

    Welche Regeln in Deutschland für Vermittlungsagenturen gelten, worauf Sie bei den Vermittlungsverträgen achten sollten und wie Sie Ihren Arbeitgeber in Deutschland finden, erfahren Sie in diesem Kapitel.

    8.1 Art der Vermittlung

    Es gibt zwei Möglichkeiten der Arbeitsvermittlung: die öffentliche und die private.

    In Deutschland wird die öffentliche Arbeitsvermittlung von der Bundesagentur für Arbeit ausgeführt. Jeder Arbeitssuchende hat ein Recht auf Beratung zur Ausbildungs- und Arbeitsplatzsuche, zur beruflichen Entwicklung und ggf. zu Unterstützungsleistungen.

    Private Vermittlungen führen Dienstleister aus, die im Rahmen eines Vermittlungsvertrages für Arbeitssuchende eine Beschäftigung finden. Der Vermittlungsvertrag muss schriftlich abgeschlossen werden, eine mündliche Vereinbarung ist unwirksam.

    Vorsicht! Außer den offiziellen Vermittlungsstrukturen agieren auf dem Arbeitsmarkt Mittelsleute ohne registrierte Vermittlungstätigkeit, die mitunter mit falschen Versprechungen Menschen für Jobs in Deutschland anwerben. Meistens geben sie keine Geschäftssitzadresse an, haben keine eigene Webseite, schicken E-Mails von privaten E-Mail-Adressen und geben nur eine Handynummer an. Nicht selten verlangen sie Vorschüsse und wollen den Vertrag erst nach Einreise nach Deutschland unterschreiben. Halten Sie besser Abstand von solchen Angeboten! Sie sind nicht seriös und operieren möglicherweise nicht im gesetzlichen Rahmen.

    8.2 Umfang der Leistung von Vermittlungsagenturen

    Zur Vermittlung gehören neben der Besorgung einer passenden Stelle alle Leistungen, die zur Vorbereitung und Durchführung der Anstellung erforderlich sind.

    Insbesondere bei der Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Ausland bieten die Vermittlungsagenturen weitere umfangreiche Dienste an: Beratung zu Aufenthaltsrechten, Erledigung der Einreiseformalitäten, Sprachkurse, Bewerbungstraining, Transport und Unterbringung.

    8.3 Risiken und Probleme 

    Schließen Sie nur schriftliche Vereinbarungen!

    Verlassen Sie sich nicht auf mündlichen Absprachen. Achten Sie darauf, dass alle Leistungen, die mit den Vermittlungsagenturen vereinbart sind, schriftlich erfasst werden. Sie sollten im Vorfeld Informationen über Arbeitsbedingungen, in die Sie vermittelt werden, bekommen. Verlangen Sie einen Vermittlungsvertrag, der verständliche Regelungen beinhaltet.

    Vorsicht vor unangemessenen Vermittlungsgebühren!

    Die öffentliche Arbeitsvermittlung ist grundsätzlich kostenfrei. Private Vermittlungsagenturen dürfen für die erbrachten Leistungen Gebühren verlangen. Das Vermittlungshonorar müssen Sie nur bei Erfolg, d.h. beim Abschluss eines Arbeitsvertrages, zahlen. Grundsätzlich darf das Vermittlungshonorar maximal 2.000 Euro betragen. Bei einem darüber liegenden Honorar ist der Vertrag ungültig. Von Personen, die einen Ausbildungsplatz in Deutschland suchen, darf kein Honorar für die Vermittlung verlangt werden. Die Kosten trägt ausschließlich der Ausbildungsbetrieb.

    Wichtig: Wenn Sie einen Vermittler mit Sitz in Ihrem Heimatland beauftragt haben, gelten diese Regeln möglicherweise nicht. Informieren Sie sich z.B. bei der Arbeitsverwaltung in Ihrem Herkunftsland, ob die ausländische Agentur überhaupt ein Honorar von Ihnen verlangen darf. In manchen Ländern dürfen private Arbeitsvermittler*innen den Bewerber*innen weder unmittelbar noch mittelbar Gebühren oder sonstige Kosten in Rechnung stellen.

    Seien Sie vorsichtig bei Knebelverträgen bzw. Rückzahlungsklauseln!

    In manchen Vermittlungsverträgen werden hohe Strafen vereinbart, wenn Sie den Arbeitsvertrag vorzeitig kündigen. Manchmal verlangen die Vermittler auch die Rückzahlung der Kosten von Sprachkursen oder anderen Schulungen, die Sie in Anspruch genommen haben. Solche Vertragsklauseln sind häufig rechtlich unwirksam. Informieren Sie sich dazu bei Gewerkschaften oder Beratungsstellen, z.B. beim Netzwerk Integration durch Qualifizierung oder dem Beratungsnetzwerk Gute Arbeit

    8.4 Anwerbung von Fachkräften

    Ausländische Fachkräfte können den Vermittlungsservice der Bundesagentur für Arbeit nutzen. Deutschlandweit finden Sie viele Angebote auf der offiziellen JOBBÖRSE der Bundesarbeitsagentur oder auf dem Onlineportal der Bundesregierung.

  • 9. Formen der Beschäftigung

    In Deutschland werden Arbeitsverträge häufig als unbefristete Vollzeitarbeitsverhältnisse abgeschlossen. Dies sichert einen vollumfänglichen sozialen und arbeitsrechtlichen Schutz der Beschäftigten. Neben diesem Verhältnis existieren auf dem Arbeitsmarkt weitere Beschäftigungsformen. Lesen Sie in dem folgenden Kapitel mehr über die Besonderheiten und Risiken verschiedener Beschäftigungsverhältnisse.

    9.1 Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung

    Eine Arbeit, die nach Weisungen des Arbeitgebers und mit der Eingliederung in seine Arbeitsorganisation ausgeführt wird und durch ein monatliches Einkommen von mehr als 450 Euro brutto erzielt wird, unterliegt der Sozialversicherungspflicht. Das bedeutet, dass bei Arbeitnehmer*innen Abgaben zur Sozialversicherung vom Bruttolohn abgeführt werden müssen. Dieser Betrag wird automatisch vom Lohn abgeführt. Ihr Arbeitgeber zahlt nochmals denselben Betrag hinzu. Die Sozialversicherung umfasst eine Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung, Pflegeversicherung und Arbeitslosenversicherung. Dafür bekommen die Arbeitnehmer*innen die Versicherungsleistungen, z.B. Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, Leistungen nach Arbeitsunfällen und bei Berufskrankheiten und Renten im Alter und bei Erwerbsminderung.

    Die Krankenversicherung ist eine Versicherung, um Kosten einer Erkrankung und Mutterschaft abzudecken. Im Fall der Erkrankung werden u.a. die Behandlungskosten und Lohnausfall von der Krankenversicherung erstattet.

    Eine Pflegeversicherung ist eine Versicherung für die Folgen einer Pflegebedürftigkeit. Im Versicherungsfall werden häusliche und stationäre Pflegekosten (teilweise) übernommen.

    Die Unfallversicherung ist eine Versicherung, um sich gegen Folgen eines Arbeitsunfalls und Berufskrankheiten abzusichern. Im Versicherungsfall werden u.a. Kosten medizinischer und beruflicher Rehabilitation, Verletztenrenten, Hinterbliebenenrenten gezahlt.

    Die Rentenversicherung ist eine Versicherung für die Folgen von Erwerbsunfähigkeit und zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rentenalter. Im Versicherungsfall werden die Altersrente, Erwerbsminderungsrente, Rehabilitationsleistungen und Hinterbliebenenrenten gezahlt.

    Die Arbeitslosenversicherung sichert ab gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit. Im Versicherungsfall werden Arbeitslosengeld gezahlt und Arbeitsförderungsmaßnahmen gewährt.

    Die Sozialabgaben werden über Ihre Krankenkasse eingezogen. Falls Sie schon Mitglied in einer Krankenkasse sind, melden Sie diese Ihrem Arbeitgeber. Grundsätzlich können Sie als Arbeitnehmer*in Ihre Krankenkasse frei wählen. Es gibt viele verschiedene Krankenkassen, die teilweise unterschiedliche Leistungen anbieten. Der Arbeitgeber meldet Ihr Arbeitsverhältnis dann bei der Krankenkasse an. Von Ihrem Lohn wird ein Teil abgezogen und an die Sozialversicherungen (Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) gezahlt.

    Nach der ersten Meldung zur Sozialversicherung bekommen Sie einen Sozialversicherungsausweis mit Ihrer Sozialversicherungsnummer, Ihren Vornamen und Nachnamen, den Sie gut aufbewahren müssen. Sie behalten diese Nummer, auch wenn Sie den Arbeitgeber wechseln. Manche Arbeitgeber verweigern die Bezahlung des Lohns mit dem Argument, dass Sie keine Sozialversicherungsnummer vorgelegt haben. Das ist falsch, denn der Arbeitgeber hat die Pflicht, Sie bei der Rentenversicherung anzumelden. Wenn er dies nicht tut, wenden Sie sich an eine Gewerkschaft oder eine Beratungsstelle.

    Bei Fragen können Sie sich auch direkt an die Deutsche Rentenversicherung wenden (Servicetelefon 0800 10004800).

    9.2 Minijob

    Sogenannte Minijobs sind Arbeitsverhältnisse, in denen der Lohn monatlich nicht mehr als 520 Euro brutto betragen darf. Bei zukünftigen Mindestlohnerhöhungen wird dieser Betrag entsprechend erhöht. 

    Für Minijobs gelten einige Sonderregeln. Die wichtigste ist, dass Ausnahmen für die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen bestehen.

    Was Sie wissen müssen: Die Arbeitgeber zahlen zwar pauschale Sozialversicherungsbeiträge. Sie als Arbeitnehmer*in haben aber keinen Versicherungsschutz bei der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung und damit auch keinen Anspruch auf Leistungen! Minijobber*innen haben damit keinen Anspruch auf das Arbeitslosengeld I im Fall der Arbeitslosigkeit.

    Tipp: Minijobber*innen bekommen kein Krankengeld von der Krankenkasse. Um sich für den Fall der längerfristigen Arbeitsunfähigkeit abzusichern, sollen Sie sich bei der Krankenkasse freiwillig mit dem Wahltarif Krankengeld versichern.

    Grundsätzlich werden von Ihrem Gehalt Beiträge an die Rentenversicherung abgeführt. Auf Ihren Antrag hin können Sie jedoch davon befreit werden.

    Mit einem Minijob dürfen Sie ab dem 01. Oktober 2022 bis zu 520 Euro im Monat verdienen. Bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 12,00 Euro pro Stunde bedeutet dies, dass Ihr Arbeitgeber Sie maximal 43,33 Stunden im Monat arbeiten lassen darf.

    Wichtig: Lassen Sie sich nicht überreden, mehr zu arbeiten und dann einen Teil des Geldes "auf die Hand" zu bekommen. Das ist nicht legal und kann ernste Konsequenzen für Ihren Arbeitgeber und für Sie haben!

    Sie dürfen auch mehrere Minijobs ausüben. Der gesamte Lohn darf aber 520 Euro pro Monat nicht übersteigen. Ansonsten handelt es sich nicht mehr um Minijobs.

    Was viele nicht wissen: Sie haben alle Arbeitsrechte, die in anderen Arbeitsverhältnissen gelten: Anspruch auf Urlaub, Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes, und Sie erhalten im Falle von Krankheit nach 4 Wochen Beschäftigungszeit bis zu 6 Wochen Ihren Lohn.

    9.3 Leiharbeit

    Wichtig: Fachkräfte aus Drittstaaten, die nach dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz einreisen wollen, dürfen nicht in der Leiharbeit beschäftigt werden. Nur in Fällen, wenn die Tätigkeit nach dem Aufenthaltsgesetz erlaubt ist und keine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich ist, ist eine Beschäftigung als Leiharbeitnehmer*in zulässig. Dies ist zum Beispiel der Fall bei der Blauen Karte-EU für Regelberufe oder einer Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach mindestens 2 Jahren einer versicherungspflichtigen Beschäftigung.

    Unternehmen, die Leih- oder Zeitarbeitsfirmen genannt werden, entleihen ihre Arbeitskräfte für eine bestimmte Zeit an ein anderes Unternehmen, den sogenannten Einsatzbetrieb. Der Einsatzbetrieb bezahlt den Zeitarbeitsfirmen dafür eine Gebühr.

    Wenn Sie als Leiharbeiter*in tätig sind, unterschreiben Sie Ihren Arbeitsvertrag mit der Leiharbeitsfirma. Die Leiharbeitsfirma ist Ihr Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten. Von der Leiharbeitsfirma bekommen Sie auch Ihren Lohn ausgezahlt, sie ist zudem für Fragen zu Ihren Arbeitszeiten oder Urlaubsansprüchen zuständig. Allerdings erhalten Sie Ihre konkreten Arbeitsanweisungen durch den Einsatzbetrieb.

    Das sollten Sie außerdem wissen: Die meisten Leiharbeitsfirmen richten sich bei der Bezahlung nach Tarifverträgen. Was ein Tarifvertrag ist, können Sie in Kapitel 10.2 nachlesen. Gültig sind zurzeit zwei Entgelttarifverträge, abgekürzt: DGB-iGZ und DGB-BAP[1].

    Ab dem 01. Oktober 2022 steigt der tarifliche Mindestlohn auf 12,43 Euro brutto pro Stunde im gesamten Bundesgebiet. Zum 01. April 2023 steigt der Mindestlohn auf 13,00 Euro und zum 01. Januar 2024 dann auf 13,50 Euro. Der Unterschied zwischen brutto und netto wird in Kapitel 10.5.1 erläutert.

    Ihr Lohn kann aber auch darüber liegen und ergibt sich aus der Einordnung Ihrer beruflichen Qualifikation, der Schwierigkeit Ihrer Arbeit und der Dauer Ihres Einsatzes. Sie werden dementsprechend einer von neun Lohngruppen, sogenannten Entgeltgruppen, zugeteilt. Hinzu kommen im Tarifvertrag geregelte Zuschüsse, z. B. für Überstunden oder Nachtarbeit. Fragen Sie die Leiharbeitsfirma nach dem für Sie gültigen Tarifvertrag.

    Neben den beiden Entgelttarifverträgen DGB-iGZ und DGB-BAP kommen in manchen Branchen sog. Branchentarifverträge zur Anwendung. Lassen Sie sich dazu auf jeden Fall beraten, damit Sie auch wirklich den Betrag ausgezahlt bekommen, der Ihnen zusteht.

    In der Leiharbeit wird meist eine 35-Stunden-Woche vereinbart. Ihre tatsächliche Arbeitszeit richtet sich aber oft nach den Schichtzeiten des Einsatzbetriebes. Wenn Sie mehr oder weniger Stunden arbeiten, als in Ihrem Arbeitsvertrag vereinbart ist, dann wird das auf einem sogenannten Arbeitszeitkonto für Sie festgehalten. Das heißt, Sie können Plus- oder Minusstunden ansammeln.

    Die Zahl der zulässigen Plusstunden ist aber begrenzt: 150 Plusstunden im Tarifvertrag DGB-iGZ und 200 Plusstunden im Tarifvertrag DGB-BAP sind das Maximum. Wenn Sie Plusstunden auf Ihrem Arbeitszeitkonto angesammelt haben, können Sie zusätzliche freie Tage beantragen. Sind es mehr als 70 Plusstunden (iGZ) bzw. 105 Plusstunden (BAP), können Sie deren Auszahlung verlangen. Einige Leiharbeitsfirmen zahlen die Plusstunden sofort mit dem normalen Lohn aus. Andere zahlen die Plusstunden erst aus, wenn Sie das erlaubte Limit erreicht haben oder Ihr Vertrag endet.

    Gibt es in dem Betrieb, in dem Sie eingesetzt sind, keine Arbeit mehr für Sie, muss Ihnen die Leiharbeitsfirma weiterhin den vereinbarten Lohn zahlen, solange Sie Ihre Bereitschaft zum Arbeiten eindeutig zum Ausdruck bringen. Die Leiharbeitsfirma darf Ihnen für diese Zeit weder Minusstunden ohne Ihr Einverständnis auf dem Arbeitszeitkonto berechnen noch Sie zwingen, Urlaub zu nehmen, oder Ihnen einfach kündigen. Ihre Leiharbeitsfirma ist zudem verpflichtet, Ihnen eine Arbeit in einem anderen Unternehmen zu suchen.

    Bitte beachten Sie: In den ersten sechs Monaten gilt für Sie kein Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Bitte informieren Sie sich eingehend.

     

    [1] DGB-iGZ = Tarifvertrag zwischen den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des DGB und dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e. V. DGB-BAP = Tarifvertrag zwischen den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des DGB und dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V.

    9.4 Praktika

    Ein Praktikum ist kein Arbeitsverhältnis. Es soll berufliche Fertigkeiten sowie Kenntnisse vermitteln und vertiefen, und dient der Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit. Oft ist es der Einstieg in eine Beschäftigung. Ein betriebliches Praktikum kann auch als eine Qualifizierungsmaßnahme im Rahmen des Anerkennungsverfahrens zugelassen werden.

    Es ist wichtig, Folgendes zu wissen:

    Auch Praktika müssen in der Regel mit dem gesetzlichen Mindestlohn von aktuell 12,00 Euro brutto bezahlt werden.

    Ausnahmen gelten allerdings für folgende Formen von Praktika:

    • Pflichtpraktikum nach einer Schul- und Ausbildungsordnung. Darunter fallen betriebliche Anpassungsqualifizierungen im Bereich der nicht reglementierten Berufe und betriebliche Phase eines Anpassungslehrgangs bei reglementierten Berufen, die für die Feststellung der Gleichwertigkeit des ausländischen Abschlusses bzw. der vollen Anerkennung zwingend vorausgesetzt werden.
    • Praktika, die der Berufsorientierung dienen, aber nur bis zu einer Länge von 3 Monaten.
    • Freiwillige Praktika zum Studium oder zur Ausbildung, aber nur bis zu einer Länge von 3 Monaten. Darunter fallen betriebliche Vorbereitungskurse auf Kenntnis- oder Eignungsprüfungen zur Erlangung der Anerkennung.
    • Praktika im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung nach § 54 a SGB III oder zur Berufsausbildungsvorbereitung.

    Als Praktikant*in haben Sie daher derzeit in folgenden Fällen Anspruch auf eine Zahlung von 12,00 Euro brutto:

    • bei Praktika außerhalb einer Ausbildung oder eines Studiums, wenn Sie eine Berufsausbildung oder ein Studium abgeschlossen haben,
    • bei freiwilligen Praktika begleitend zu einem Studium oder einer Ausbildung ab dem 4. Monat,
      bei freiwilligen Praktika zur Orientierung bei der Berufs- und Studienwahl ab dem 4. Monat,
    • bei freiwilligen Praktika begleitend zu einem Studium oder einer Ausbildung, wenn bereits ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Betrieb bestanden hat.

    Wichtig ist, dass Sie immer prüfen, ob Sie tatsächlich als Praktikant*in eingesetzt werden und ob Sie einen Anspruch auf den Mindestlohn haben. Ein Praktikum ist in erster Linie ein Lernverhältnis. Lassen Sie sich daher nicht als billige Arbeitskraft im Rahmen eines Praktikums ausnutzen!

    Auch hier gilt: Lassen Sie sich beraten!

    9.5 Werkverträge

    Vorsicht vor Scheinwerkverträgen!

    Bei einem Werkvertrag werden die Arbeitskräfte in einem fremden Unternehmen eingesetzt. Als Werkvertragsarbeiter*in bekommen Sie Weisungen von dem Vorgesetzten aus Ihrer eigenen Firma und arbeiten für Ihren Arbeitgeber in einem fremden Betrieb.

    Wenn Sie aber Arbeitsanweisungen von dem Vorgesetzten des fremden Unternehmens bekommen und in seine Arbeitsstruktur umfänglich eingebunden sind, wenn z.B. das fremde Unternehmen Ihren Arbeitszeitplan erstellt und entscheidet, wann Sie frei nehmen können, und Ihnen Schutzkleidung gibt, kann das bedeuten, dass das kein echter Werkvertrag ist, sondern eine sogenannte "verdeckte" Arbeitnehmerüberlassung.

    Was Sie wissen sollen: Manche Firmen wenden bewusst solche Verträge an, um Ihre Rechte z.B. auf einen höheren tariflichen Arbeitslohn einzuschränken und eigene Kosten zu sparen. In manchen Bereichen, z.B. in der Fleischverarbeitung, sind Werkverträge nun verboten.

    Im Fall der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung haben die Beschäftigten Anspruch auf eine direkte Beschäftigung beim Einsatzbetrieb und auf die dort geltenden Arbeitsbedingungen.

    Die Abgrenzung zwischen einem Werkvertrag und einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung ist in der Praxis schwierig. Kontaktieren Sie daher eine Gewerkschaft oder Beratungsstelle, um Ihre individuelle Situation abzuklären.

    9.6 Selbständige Tätigkeit

    Je nach Status, ist Ihnen erlaubt, in Deutschland eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen oder nicht. Möglicherweise brauchen Sie dazu eine Erlaubnis der Ausländerbehörde. Informieren Sie sich in einer Fachberatungsstelle. Um selbständig tätig zu werden, müssen Sie ein Gewerbe anmelden, es sei denn, es handelt sich um eine freiberufliche Tätigkeit. Lassen Sie sich dazu von den dafür zuständigen Stellen, wie den Industrie- und Handelskammern oder dem Finanzamt, beraten. Selbständige haben keinen Sozialschutz wie Arbeitnehmer*innen. Sie müssen selbst ihre Krankenversicherung bezahlen und für eine Rentenversicherung sorgen.

    Vorsicht vor Scheinselbständigkeit!

    Scheinselbständigkeit bezeichnet ein Arbeitsverhältnis, bei dem eine Person als selbständige*r Unternehmer*in auftritt, obwohl sie von der Art ihrer Tätigkeit gar nicht selbständig, sondern Arbeitnehmer*in ist. Häufig versuchen damit Arbeitgeber in Deutschland, die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und zwingende Arbeitnehmerrechte (z.B. Mindestlohn, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall).

    Wenn die Behörden eine Scheinselbständigkeit feststellen und Sie nachträglich als Arbeitnehmer*in eingestuft werden, muss der Auftraggeber für Sie rückwirkend alle Sozialversicherungsabgaben, das heißt alle Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zahlen. Ihrem Auftraggeber droht zusätzlich eine sehr hohe Geldbuße, eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe.

    Es sind viele Fälle bekannt, in denen Personen ohne ihr Wissen als Selbständige angemeldet wurden und damit um ihre Rechte als Arbeitnehmer*in betrogen wurden.

    Wichtig: Wollen Sie nicht als Selbständige*r oder Unternehmer*in tätig sein, unterschreiben Sie keinen Werk -oder Honorarvertrag, keinen Gesellschaftsvertrag, keinen Eintrag ins Handwerksregister und keine Gewerbeanmeldung.

    Haben Sie den Verdacht, dass Sie scheinselbständig beschäftigt werden, fragen Sie Ihre Gewerkschaft oder eine Beratungsstelle um Rat.

  • 10. Arbeitnehmerrechte in Deutschland

    Hier finden Sie Informationen welche Arbeitsrechte Ihnen in Deutschland zustehen, worauf Sie achten müssen, wenn Sie einen Arbeitsvertrag unterschreiben, und welche Pflichten Ihr Arbeitgeber hat.

    10.1 Arbeitsvertrag

    Auch ohne schriftlichen Arbeitsvertrag können Sie einen gültigen Arbeitsvertrag haben!

    Üblicherweise wird vor Beginn eines Arbeitsverhältnisses ein schriftlicher Arbeitsvertrag unterschrieben. Ein Arbeitsverhältnis kann aber auch mündlich vereinbart werden. Ein mündlicher Arbeitsvertrag ist grundsätzlich wirksam, die wesentlichen Vertragsbedingungen sind jedoch schriftlich niederzulegen. Der Arbeitgeber muss Ihnen jedoch die wichtigsten Inhalte des Arbeitsvertrages (zum Beispiel, um welche Tätigkeit es sich handelt, wie viele Stunden pro Tag Sie arbeiten sollen und wie hoch Ihr Lohn ist) in Papierform zur Verfügung stellen. Sie haben das Recht auf eine schriftliche Bestätigung ("Nachweis") Ihrer Arbeitsbedingungen. Zuwiderhandlungen sind ab dem 01. August 2022 bußgeldbewehrt. 

    Tipp: Fordern Sie in jedem Fall einen schriftlichen Arbeitsvertrag! Lassen Sie sich ein Exemplar des unterschriebenen Vertrages aushändigen! Der Arbeitgeber, der den Arbeitsvertrag nicht rechtzeitig aushändigt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einem Bußgeld von bis zu 2.000,00 Euro bestraft werden. 

    In einem Arbeitsvertrag muss Folgendes stehen:

    1. Name und Adresse des*der Arbeitgeber*in sowie Name und Adresse des*der Arbeitnehmer*in
    2. Beginn und Dauer der Beschäftigung
    3. Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses bei befristeten Arbeitsverhältnissen
    4. Art der Tätigkeit und Beschreibung Ihrer Aufgaben
    5. Arbeitsort
    6. Dauer der Probezeit
    7. Zusammensetzung und Höhe der Bezahlung (meistens der Bruttolohn), Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen
    8. Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
    9. Arbeitszeit, Ruhepausen und Ruhezeiten, das Schichtsystem
    10. Anordnung der Überstunden
    11. Zusatzangaben bei Arbeit auf Abruf
    12. Urlaub
    13. Das Verfahren bei Kündigung, mindestens das Schriftformerfordernis und die Kündigungsfristen, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage
    14. Informationen zu Versorgungströgern bei betrieblicher Altersversorge
    15. Hinweise auf anwendbare Tarifverträge oder sonstige Vereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind
    16. Anspruch auf Fortbildung

    Der Arbeitgeber ist verpflichtet Ihnen Angaben zu Punkt 1, 7, 8 und 9 spätestens am ersten Arbeitstag, zu Punkt 2, 3, 4, 5, 6, 10, 11 spätestens am siebten Kalendertag nach dem Arbeitsbeginn und zu den restlichen Punkten spätestens einen Monat nach dem Arbeitsbeginn vorzulegen. 

    Häufig sind in einem Arbeitsvertrag weitere Punkte geregelt. Es besteht keine Pflicht für den Arbeitgeber, den Arbeitsvertrag in Ihre Muttersprache oder ins Englische zu übersetzen. Eine Ausnahme sind Beschäftigte in der Leiharbeit: sie bekommen auf Verlangen den Arbeitsvertrag in Ihrer Muttersprache. 

    Tipp: Unterschreiben Sie nichts, was Sie nicht verstehen! Wenn Sie den Arbeitsvertrag nicht verstehen, suchen Sie jemanden, der Ihnen den Vertrag übersetzt oder erklärt!

    10.2 Tarifvertrag

    Ein Tarifvertrag ist ein Vertrag zwischen einem Arbeitgeber oder einem Arbeitgeberverband und einer Gewerkschaft (Tarifvertragsparteien). In einem Tarifvertrag sind unter anderem Arbeitsbedingungen und die Bezahlung für einen Betrieb oder eine ganze Branche geregelt. Die in einem Tarifvertrag geregelten Bedingungen gelten zunächst nur für die Mitglieder der Gewerkschaft in einem Betrieb oder in einer Branche. Und nur dann, wenn der Betrieb ebenfalls Mitglied im Arbeitgeberverband ist. Einige Tarifverträge werden auf Antrag der Tarifvertragsparteien durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales für allgemeinverbindlich erklärt. Dann gelten diese Tarifverträge landes- oder bundesweit für alle Beschäftigten in einer Branche oder einem Industriezweig, egal ob sie Mitglied in einer Gewerkschaft sind oder nicht. In diesen Fällen ist der Tarifvertrag zwingend und gilt wie ein Gesetz. Der Arbeitgeber muss ich an die Vorgaben des Tarifvertrages halten, es darf nichts Ungünstigeres vereinbart werden.

    Ein Tarifvertrag kann auch gelten, wenn in einem Arbeitsvertrag darauf Bezug genommen wird. Das heißt: Im Arbeitsvertrag steht, dass ein bestimmter Tarifvertrag für dieses Arbeitsverhältnis angewendet wird.

    Tipp: In Deutschland sind die Zuständigkeiten der Gewerkschaften nach Industriezweigen beziehungsweise Branchen aufgeteilt. Erkundigen Sie sich bei der Gewerkschaft, die für Ihren Industriezweig zuständig ist, ob es für Ihren Tätigkeitsbereich einen Tarifvertrag gibt. Einen Überblick über die in Deutschland für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge erhalten Sie auf der Webseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unter "Allgemeinverbindliche Tarifverträge".

    10.3 Probezeit 

    Der Arbeitgeber kann mit Ihnen zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses eine Probezeit von maximal 6 Monaten vereinbaren.

    Die Probezeit muss im Verhältnis zur erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen. Ob die in Ihrem Arbeitsvertrag vereinbarte Probezeit nicht unangemessen lang ist, können Sie bei einer Beratungsstelle prüfen lassen

    Die Probezeit ermöglicht eine einfach und schnelle Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Fall, dass Sie oder Ihr Arbeitgeber mit dem Ergebnis der Erprobungsphase nicht zufrieden sind. 

    Aus diesem Grund gelten während der Probezeit verkürzte Kündigungsfristen, in der Regel sind das 2 Wochen. Eine andere, kürzere Kündigungsfrist in der Probezeit kann in einem Tarifvertrag geregelt sein. Die Probezeit muss regulär vergütet werden.

    Die Probezeit ist von sogenannten "Probearbeiten" zu unterscheiden. Das Probearbeiten kann noch vor dem Abschluss des Arbeitsvertrages ausgeführt werden und darf nur maximal einige Tage dauern. Dies dient dazu, eine Entscheidung zu treffen, ob man zusammenarbeiten kann. Probearbeiten muss nicht vergütet werden.

    Achtung! Wenn Sie wie andere Angestellte eingesetzt werden, Weisungen vom Vorgesetzten bekommen und eine Arbeitsleistung erbringen, handelt es sich nicht um Probearbeiten, sondern um ein Arbeitsverhältnis, das vergütet werden muss.

    10.4 Befristung

    Ihr Arbeitsvertrag kann nur unter gewissen Voraussetzungen befristet werden.

    Wenn der Arbeitgeber Sie nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt einstellen möchte, dann schließt er mit Ihnen einen befristeten Vertrag.

    Eine Befristung des Arbeitsvertrages muss immer schriftlich erfolgen. Wenn Sie nur einen mündlichen Arbeitsvertrag haben, sind Sie automatisch unbefristet eingestellt.

    Wichtig: Der befristete Arbeitsvertrag muss vor Arbeitsbeginn von beiden Seiten unterzeichnet werden. Nach der Arbeitsaufnahme ohne schriftlichen befristeten Vertrag kommt automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande.

    Die Befristung kann entweder mit einem Grund (z.B. Projektbefristung, Krankheitsvertretung) oder ohne Grund erfolgen.

    Wenn der Arbeitsvertrag ohne Grund befristet ist, kann er für maximal 2 Jahre abgeschlossen werden. Innerhalb dieser 2 Jahre darf der Arbeitsvertrag maximal dreimal verlängert werden. Bei einem neu gegründeten Unternehmen kann der Arbeitsvertrag für maximal 4 Jahre befristet werden. Eine Befristung ohne Grund ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber schon mal ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

    Tipp: Wenn Ihr Arbeitgeber nach Ablauf von 2 Jahren einen ohne Sachgrund befristeten Vertrag mit Ihnen unterzeichnet, können Sie sich dagegen wehren. Sie können dann nach Ablauf dieses Vertrages eine Entfristungsklage beim Arbeitsgericht erheben. Sie müssen die Klage spätestens innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages beim Arbeitsgericht einreichen.

    Wenn Sie Fragen zu Ihrer Befristung haben, wenden Sie sich an Ihre Gewerkschaft.

    10.5 Bezahlung

    Es gilt der Grundsatz: Keine Arbeit ohne Bezahlung!

    Wichtig: Auch ohne Arbeitspapiere und schriftlichen Arbeitsvertrag ist der Arbeitgeber verpflichtet, Ihnen Ihren Lohn zu zahlen! Lassen Sie sich nicht von Ihrem Arbeitgeber einschüchtern oder zwingen, ohne Lohn zu arbeiten. Sie haben ein Recht auf Bezahlung Ihrer Arbeit!

    Info: Der Begriff Entgelt ist die formale Bezeichnung für die Bezahlung der Arbeit durch den Arbeitgeber. Deswegen steht auf Ihrer monatlichen Abrechnung häufig Entgeltabrechnung. Häufig werden statt Entgelt auch die Begriffe Lohn oder Gehalt verwendet. In dieser Broschüre wird meist von Lohn gesprochen.

    Der Lohn wird in der Regel auf Ihr Konto überwiesen. In Ihrem Arbeitsvertrag ist normalerweise geregelt, wann das passiert. Wenn nichts geregelt ist, gilt die gesetzliche Regelung, wonach der Lohn am ersten Werktag des Folgemonats zu zahlen ist. Eine Besonderheit gilt für den gesetzlichen Mindestlohn:  Der Mindestlohn ist spätestens am letzten Bankarbeitstag des Folgemonats zu zahlen.

    Ihr Arbeitgeber muss Ihnen jeden Monat eine Lohnabrechnung geben, es sei denn, Ihr Lohn hat sich zur letzten Lohnabrechnung nicht geändert. Auf dieser Abrechnung steht, wie viel Sie verdient haben und welche Beträge an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen abgezogen wurden.

    Grundsätzlich gilt: Sie müssen für jede Stunde, die Sie arbeiten, bezahlt werden. Eine Ausnahme ist, wenn Sie noch nicht angestellt sind und sich mit einer Firma auf eine kostenlose Probearbeit einigen.

    Tipp: Notieren Sie sich Ihre Arbeitsstunden! Fordern Sie bei Ihrem Arbeitgeber die Lohnabrechnungen an, wenn Sie diese nicht automatisch erhalten! Prüfen Sie rechtzeitig, ob Sie Ihren vollen Lohn bekommen haben!

    10.5.1 Info: Bruttolohn / Nettolohn

    In Deutschland wird zwischen Brutto- und Nettolohn unterschieden: Der Bruttolohn ist in der Regel das Gehalt, das im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Das Brutto- wie auch das Nettogehalt werden in der Lohnabrechnung aufgeführt. Vom Bruttolohn werden verschiedene Beträge abgezogen:

    • Einkommensteuer
    • Kirchensteuer (falls Sie einer Kirche angehören, die diese Steuer erhebt)
    • Sozialversicherungsbeiträge: Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung.

    Der Nettolohn ist der Lohn, der am Ende nach Abzug aller Abgaben und Steuern ausgezahlt wird.

    10.5.2 Mindestlöhne

    Sie dürfen nicht weniger als den Mindestlohn erhalten!

    Ab dem 01. Oktober 2022 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von 12,00 Euro brutto pro Stunde für alle Arbeitnehmer*innen. 

    Ausnahmen gelten für Personen, die unter 18 Jahre alt sind und keine Berufsausbildung abgeschlossen haben, für Auszubildende und Langzeitarbeitslose in den ersten 6 Monaten nach Wiederaufnahme einer Tätigkeit und für bestimmte Arten von Praktika, z.B. Einstiegsqualifizierungen zur Vorbereitung von Berufsausbildungen.

    Neben dem gesetzlichen Mindestlohn gibt es in bestimmten Branchen allgemeinverbindlich erklärte tarifliche Mindestlöhne, die grundsätzlich Vorrang vor dem gesetzlichen Mindestlohn haben. Diese liegen höher als der gesetzliche Mindestlohn. Zu diesen Branchen zählen zum Beispiel das Baugewerbe, die Gebäudereinigung, das Elektrohandwerk und Pflegetätigkeiten.

    Tipp: Fragen Sie am besten bei einer Gewerkschaft nach, welcher Mindestlohn für Sie gilt! Eine Liste der aktuellen Branchenmindestlöhne finden Sie auf der Webseite der Hans-Böckler-Stiftung unter "Mindestlöhne in Deutschland".

    Achtung: Oft macht der Arbeitgeber die Bezahlung von Vorgaben, die Sie zu erfüllen haben, abhängig. Das ist nicht immer erlaubt.

    Lassen Sie Ihren Arbeitsvertrag von Ihrer Gewerkschaft oder einer Beratungsstelle prüfen! Ihr Lohn darf nicht unter dem jeweils geltenden Mindestlohn liegen!

    Beispiel: Wenn Sie z.B. in einem Hotel Zimmer reinigen, bestimmt oft der Arbeitgeber, wie viele Zimmer Sie in einer Stunde reinigen müssen. Der Arbeitgeber darf Ihren Lohn nicht unter den Mindestlohn kürzen. Wenn es Probleme gibt, schreiben Sie Ihre Arbeitsstunden auf und sichern Sie Beweise! Der Arbeitgeber muss jede Stunde bezahlen, die Sie für ihn gearbeitet haben, unabhängig davon, wie viele Zimmer Sie gereinigt haben.

    10.6 Wenn der Arbeitgeber nicht zahlt  

    Sie können Sich wehren, wenn Sie Ihren Lohn nicht bekommen!

    Sie haben immer ein Recht auf Ihren Lohn – auch wenn Sie gekündigt worden sind oder keinen schriftlichen Arbeitsvertrag haben. Löhne, die nicht bezahlt worden sind, müssen Sie selbst (am besten mit der Hilfe einer Anwältin, eines Anwalts oder einer Gewerkschaft) einfordern und im Zweifel einklagen. Weder die Polizei noch andere staatliche Einrichtungen sind dafür zuständig. Fordern Sie den ausstehenden Lohn zunächst schriftlich bei Ihrem Arbeitgeber ein. Damit können Sie sich eventuell einen Gerichtsprozess ersparen.

    Schreiben Sie dazu einen Brief an Ihren Arbeitgeber, der Folgendes enthalten muss:

    Eine Liste, aus der hervorgeht, wie viele Stunden Sie für ihn wann, wo und als was gearbeitet haben.
    Die genaue Lohnsumme, die Ihr Arbeitgeber Ihnen schuldet.
    Stellen Sie eine Zahlungsfrist von 2 Wochen.
    Geben Sie die Daten des Bankkontos an, auf das der fehlende Lohn überwiesen werden soll.

    Wichtig: Sie müssen den Brief unterschreiben und an den Arbeitgeber per Post (am besten als 'Einschreiben Einwurf') schicken. Alternativ kann eine Person, der Sie vertrauen, den Brief beim Arbeitgeber für Sie abgeben. Eine mündliche Zahlungsaufforderung reicht nicht aus. Behalten Sie eine Kopie des Briefes und eine Postquittung, damit Sie dokumentieren können, dass Sie den Brief verschickt haben. Nach Eingang des Briefes hat der Arbeitgeber 2 Wochen Zeit, um den fehlenden Lohn zu zahlen. Kommt er Ihren Forderungen in der Frist, die Sie ihm gestellt haben, nicht nach, können Sie den gerichtlichen Weg beschreiten.

    Denken Sie daran, dass Ausschlussfristen in Ihrem Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag vereinbart worden sein können. Diese sehen vor, dass Sie innerhalb eines bestimmten Zeitraums Ihre Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber einfordern müssen. Tun Sie das nicht rechtzeitig, verfällt ihr Anspruch. Diese Ausschlussfristen gelten für sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, nicht nur den Lohn (z. B. auch für das Arbeitszeugnis).

    Achtung: Diese Fristen können sehr kurz sein! Unter Umständen gibt es noch eine zweite Frist nach der Sie den Lohn dann vor dem Arbeitsgericht einklagen müssen. Lassen Sie sich dazu auf jeden Fall beraten, damit Ihnen keine Ansprüche verloren gehen.

    Auch hier gilt wieder eine Besonderheit für den gesetzlichen Mindestlohn: Der gesetzliche Mindestlohn kann ungeachtet von bestehenden Ausschlussfristen 3 Jahre rückwirkend eingefordert werden.

    Tipp: Wenn Sie Mitglied einer Gewerkschaft sind, bekommen Sie bei juristischen Auseinandersetzungen mit Ihrem Arbeitgeber eine Unterstützung durch gewerkschaftliche Anwälte*innen. Am besten ist es, wenn Sie, sobald Sie merken, dass Ihr Arbeitgeber nicht bezahlt, Ihre Gewerkschaft oder eine Beratungsstelle kontaktieren.

    Wichtig: Tragen Sie Ihre Arbeits- und Pausenzeiten, den Arbeitsort und die erledigten Aufgaben jeden Tag in ein Notizheft ein. Notieren Sie Namen und Anschrift des Arbeitgebers, des Einsatzbetriebes oder Auftraggebers sowie die Namen von Kolleg*innen, die die Arbeit, die Sie geleistet haben, bezeugen können. Je mehr Informationen und Beweise Sie haben, umso größer sind Ihre Chancen, dass der Arbeitgeber Sie bezahlt.

    In vielen Branchen, wie dem Baugewerbe oder der Nahrungsmittelindustrie, arbeiten Sie für einen Arbeitgeber, der seinerseits einen Vertrag mit einem anderen Auftraggeber abgeschlossen hat. Sammeln Sie über den Auftraggeber Ihres Arbeitgebers Informationen und Belege, da Sie Ihren Lohn eventuell auch vom Auftraggeber Ihres Arbeitgebers einfordern können.

    Achtung: Warten Sie nicht zu lange! Es bestehen Fristen, die bestimmen, wie lange Sie Ihren Lohn vom Arbeitgeber oder bei Gericht fordern können. Wenn die Fristen ablaufen, haben Sie kaum noch die Möglichkeit, Ihren Lohn zu erhalten.

    10.7 Arbeitszeit

    Wie lang ein Arbeitstag sein kann, ist gesetzlich geregelt!

    In Deutschland ist per Gesetz geregelt, wie viele Stunden Sie pro Tag und Woche maximal arbeiten dürfen. Ihre Arbeitszeit darf pro Arbeitstag maximal 8 Stunden betragen. Die Arbeitszeit darf nur dann auf maximal 10 Stunden verlängert werden, wenn im Durchschnitt von 24 Wochen oder 6 Monaten die Arbeitszeit 8 Stunden pro Tag nicht überschreitet. Es kann allerdings für bestimmte Berufe oder Branchen Ausnahmen geben.

    Wichtig: In der Baubranche gilt ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, der andere Arbeitszeiten für den Winter und den Sommer regelt. In den Monaten Dezember bis März beträgt die Arbeitszeit 38 Stunden pro Woche. In den Monaten April bis November beträgt die Arbeitszeit 41 Stunden pro Woche. Auch in der Landwirtschaft gelten andere Arbeitszeitregeln. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Gewerkschaft, welche Arbeitszeitregeln in Ihrer Branche gelten.

    Als Arbeitszeit gilt grundsätzlich jede Stunde, in der Sie für den Arbeitgeber zur Verfügung stehen.

    Überstunden müssen vom Arbeitgeber angeordnet und grundsätzlich bezahlt werden. Sie müssen Ruhepausen einhalten: Mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden. Sie haben ein Recht auf diese Pausen!

    Tipp: Schreiben Sie jeden Tag Ihre Arbeitsstunden und Pausen auf und lassen Sie das Dokument am besten von Ihrer*Ihrem Vorgesetzten oder von einer anderen Person, die Ihre Arbeit bezeugen kann, unterschreiben!

    In Fällen, in denen der*die Arbeitgeber*in Sie nach Arbeitsanfall einsetzen möchte, kann er*sie mit Ihnen eine Vereinbarung über die Arbeit auf Abruf abschließen. Eine bestimmte tägliche und wöchentliche Stundenanzahl muss unbedingt vertraglich festgelegt sein. Wenn in Ihrem Arbeitsvertrag nicht geschrieben steht, wie viele Stunden Sie arbeiten sollen, gelten 20 Stunden pro Woche und 3 Stunden pro Tag fiktiv als vereinbart. Sie müssen auch dann bezahlt werden, wenn es für Sie keine Arbeit gibt. Die Arbeit muss spätestens vier Tage vor dem Einsatz angekündigt werden. Wenn diese Frist nicht eingehalten wird, sind Sie nicht verpflichtet, den Einsatz anzunehmen. Sie behalten trotzdem Ihren Lohnanspruch für die vereinbarte bzw. fiktive Arbeitszeit.

    10.8 Krankenversicherung

    Sie sind über die Arbeit krankenversichert!

    Wenn Sie eine Arbeit aufnehmen, sind Sie in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Das gilt nicht bei Minijobs. Die Krankenversicherung übernimmt in Deutschland die Kosten für eine medizinische Behandlung. Die Krankenversicherungskarte bekommen Sie von Ihrer Krankenkasse. Bei einem Arztbesuch müssen Sie Ihre Krankenversicherungskarte vorlegen.

    10.9 Krankheit

    Wenn Sie krank sind, müssen Sie weiterbezahlt werden!

    Wenn Sie länger als 4 Wochen bei einem Arbeitgeber gearbeitet haben, erhalten Sie im Krankheitsfall bis zu 6 Wochen Ihren vollen Lohn. Ihr Arbeitgeber muss Ihnen grundsätzlich genau den Lohn zahlen, den Sie ohne die Krankheit verdient hätten (inklusive Zuschläge). Wenn Sie in den ersten 4 Wochen Ihres Arbeitsverhältnisses krank werden, erhalten Sie eine Ersatzleistung von der Krankenkasse ("Krankengeld").

    Grundsätzlich gilt außerdem: Falls Sie länger als 6 Wochen am Stück krank sind, erhalten Sie keinen Lohn vom Arbeitgeber, sondern Krankengeld von der Krankenkasse. Sie müssen dazu beim Arbeitgeber und der Krankenkasse eine "Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung" (auch Krankschreibung oder "gelben Schein" genannt) abgeben, die Ihnen Ihr Arzt oder Ihre Ärztin ausstellt.

    Wichtig: Sie müssen dem Arbeitgeber Ihre Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer sofort mitteilen. Sind Sie länger als 3 Tage krank und können nicht arbeiten, muss die ärztliche "Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung" dem Arbeitgeber spätestens an dem Arbeitstag vorliegen, der auf die ersten 3 Tage der Arbeitsunfähigkeit folgt. Der Arbeitgeber kann jedoch die Vorlage der "Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung" schon früher, auch ab dem 1. Krankheitstag, ohne Angabe von Gründen, fordern.

    Tipp: Schauen Sie in Ihren Arbeitsvertrag, was dort geregelt ist, wie Sie sich krankmelden müssen! Im Zweifel fragen Sie bei Ihrem Arbeitgeber nach.

    10.10 Arbeitsunfall und Unfallversicherung

    Ein Arbeitsunfall muss gemeldet werden!

    Jede*r Arbeitnehmer*in ist gegen Unfälle, die auf dem Weg zur Arbeit oder von der Arbeit und die während der Arbeit geschehen, über die sogenannte Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse versichert. Ihr Arbeitgeber muss Sie zu Arbeitsbeginn bei der Berufsgenossenschaft anmelden. Die Berufsgenossenschaft zahlt Ihnen einen Ersatz für Ihren Lohn ("Verletztengeld"), wenn Sie wegen eines Arbeitsunfalls länger als 6 Wochen nicht arbeiten können. Für die ersten 6 Wochen muss Ihnen Ihr Arbeitgeber weiter den Lohn zahlen, es sei denn, das Arbeitsverhältnis besteht noch nicht für 4 Wochen. In diesem Fall erhalten Sie ebenfalls Verletztengeld.

    Tipp: Wenn Sie einen Arbeitsunfall haben, müssen Sie beim Arzt sagen, dass der Unfall am Arbeitsplatz passiert ist. Es ist wichtig, dass das protokolliert wird.

    Achtung: Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen rät zu sagen, dass es kein Arbeitsunfall war, hat er Sie wahrscheinlich nicht versichert. Suchen Sie Ihre Gewerkschaft oder eine Beratungsstelle auf und lassen Sie sich beraten. Wenn Sie nicht genug Deutsch sprechen, bitten Sie im Krankenhaus darum, dass jemand für Sie übersetzt.

    Die gesetzliche Unfallversicherung deckt nur einen Teil der Unfallfolgen ab. Aus diesem Grund können Sie überlegen, eine private Zusatzunfallversicherung abzuschließen. Die private Unfallversicherung übernimmt zumeist auch hohe Kosten für Zusatz- oder Spezialtherapien (Rehabilitationsleistungen, kosmetische Operationen) und hilft Ihnen insbesondere bei schweren Unfallfolgen mit der vereinbarten Invaliditätsleistung.

    Die Leistungen der privaten Unfallversicherung werden unabhängig von den Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung gewährt, es findet keine gegenseitige Anrechnung statt.

    10.11 Urlaub

    Sie haben Anspruch auf mindestens 4 Wochen bezahlten Urlaub im Jahr!

    In Deutschland gilt bei einer 6-Tage-Arbeitswoche ein Mindestjahresurlaub von 24 Arbeitstagen und bei einer 5-Tage-Arbeitswoche von 20 Arbeitstagen pro Jahr. Ihr Arbeitgeber muss Ihnen diesen Urlaub gewähren! Dies gilt auch dann, wenn Sie einen sogenannten Minijob haben. Im Arbeitsvertrag kann auch ein längerer Urlaub vereinbart werden, aber kein kürzerer. In Tarifverträgen sind häufig höhere Urlaubsansprüche geregelt.

    Tipp: So können Sie berechnen, wie viel Urlaub Ihnen bei Teilzeit nach dem Gesetz mindestens zusteht:
    Anzahl Ihrer durchschnittlichen Arbeitstage pro Woche mal 24 (Urlaubsanspruch bei 6 Werktagen) geteilt durch 6

    Wichtig: Wenn Sie an 5 Tagen pro Woche arbeiten, stehen Ihnen mindestens 20 Urlaubstage zu, auch wenn Sie insgesamt nur 10 Stunden in der Woche arbeiten. Wenn Sie die 10 Stunden jedoch an 2 Tagen in der Woche arbeiten, haben Sie das Recht auf mindestens 8 Urlaubstage im Jahr: 2 (Arbeitstage) mal 20 (Urlaubsanspruch in Werktagen) geteilt durch 5 (= übliche Arbeitstage, Montag bis Freitag).

    Sie müssen bei Ihrem Arbeitgeber Ihren Urlaub beantragen, er kann den Urlaub genehmigen oder ablehnen. Machen Sie das schriftlich und heben Sie eine Kopie auf. Der Urlaub erlischt zum Ende des Kalenderjahres, wenn er nicht genommen wird. Konnte der Urlaub aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen im laufenden Jahr nicht genommen werden, müssen Sie ihn bis spätestens 31. März des Folgejahres verbrauchen. Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erlischt in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber den*die Arbeitnehmer*in darüber informiert hat, dass er*sie den Urlaub bis zum Jahresende nehmen soll. Tut der*die Arbeitnehmer*in dies trotzdem nicht, können die Urlaubstage nicht mehr nachträglich genommen werden.

    Wichtig: Sie haben Anspruch auf vollen Urlaub, wenn Sie in der 2. Jahreshälfte aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und mindestens 6 Monate beschäftigt waren! Wenn das Arbeitsverhältnis endet und Sie noch nicht Ihren ganzen Urlaub genommen haben, muss der Arbeitgeber die restlichen Urlaubstage auszahlen.

    Achtung: Auch hier laufen Fristen, um dieses Geld einzufordern! Oft sind diese Fristen sehr kurz setzen Sie sich schnell mit Ihrer Gewerkschaft oder einer Beratungsstelle in Verbindung, wenn Ihr Arbeitgeber Urlaub nicht bezahlen will.

    10.12 Kündigung

    Bei einer Kündigung müssen Fristen eingehalten werden!

    Das Arbeitsverhältnis kann in der Regel nicht sofort beendet werden. Üblich ist eine Frist von 4 Wochen zum 15. des Monats oder zum Ende des Monats. Wenn das Arbeitsverhältnis länger als 2 Jahre bestanden hat, verlängert sich die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber. In der Probezeit ist diese Frist meistens kürzer. Welche Frist zur Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses gilt, steht häufig in Ihrem Arbeitsvertrag oder dem Tarifvertrag, der für Sie gilt.

    Sowohl der Arbeitgeber als auch der*die Arbeitnehmer*in können den Arbeitsvertrag nur dann fristlos kündigen, wenn es dafür einen wichtigen Grund gibt. Dieser Grund muss so schwerwiegend sein, dass ein Weiterführen des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der regulären Kündigungsfrist unter keinen Umständen zumutbar wäre. Diesen Grund muss im Zweifel das Gericht überprüfen.

    Wichtig: Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Eine mündliche Kündigung, eine Kopie oder eine Kündigung per E-Mail, SMS oder Fax sind nicht wirksam!

    Wenn Sie länger als 6 Monate beschäftigt sind und in dem Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer*innen beschäftigt sind, gilt für Sie das Kündigungsschutzgesetz. Dann darf das Arbeitsverhältnis ordentlich nur aus betrieblichen, verhaltensbedingten oder personenbedingten Gründen gekündigt werden.

    Betriebliche Gründe liegen vor, wenn die Firma wegen wirtschaftlicher Lage Sie nicht mehr beschäftigen kann, z.B., weil sie wichtige Aufträge verloren hat.

    Personenbedingte Gründe liegen vor, wenn der Beschäftigte aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften in der Zukunft nicht in der Lage sein wird, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen, z.B. Dauererkrankung ohne positive Prognose.

    Verhaltensbedingte Gründe liegen vor, wenn das Verhalten des Beschäftigten Grund zu Beanstandungen gibt, z.B. ein Diebstahl im Betrieb oder wiederholtes unentschuldigtes Fehlen (nach Abmahnung).

    Der Arbeitgeber muss in der Kündigung keine Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses angeben.

    Schwangere und Menschen mit Behinderungen haben einen besonderen Kündigungsschutz!

    Frauen können während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf des 4. Monats nach der Entbindung nicht gekündigt werden. Der Arbeitgeber muss aber von der Schwangerschaft wissen oder spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Kündigung davon erfahren.

    Schwerbehinderte Beschäftigte, also Beschäftigte mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent haben ab dem 7. Monat des Arbeitsverhältnisses ebenfalls einen besonderen Kündigungsschutz. Der besteht darin, dass der Arbeitgeber nur kündigen darf, wenn das zuständige Integrationsamt der Kündigung zugestimmt hat.

    Wenn Sie eine Kündigung erhalten und nicht damit einverstanden sind, können Sie sich dagegen wehren. Auch wenn Ihnen eine Kündigung mündlich mitgeteilt wurde oder Ihnen lediglich gesagt wurde, dass Sie nicht mehr zur Arbeit kommen sollen, sollten Sie etwas dagegen unternehmen. Eine Kündigung, die Ihnen lediglich mündlich mitgeteilt wird, ist unwirksam. Bieten Sie jedoch weiterhin Ihre Arbeitskraft an! Dies machen Sie persönlich zum üblichen Beginn Ihres Arbeitstages. Schickt Sie der Arbeitgeber daraufhin nach Hause, lassen Sie sich schriftlich bestätigen, dass der Arbeitgeber Sie "unter Fortzahlung der Bezüge" freistellt (das bedeutet, er bestätigt, dass er Ihnen weiter Ihren Lohn bezahlt, ohne dass Sie zur Arbeit erscheinen müssen). Sie können von einem Gericht feststellen lassen, ob die Kündigung wirksam ist oder nicht.

    Wichtig: Wenn Sie sich gegen eine Kündigung wehren wollen, müssen Sie innerhalb von 3 Wochen eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben. Wenn Sie diese Frist verstreichen lassen, ist die Kündigung wirksam, unabhängig davon, ob sie inhaltlich richtig oder falsch ist.

    Die 3-Wochen-Frist beginnt mit dem Erhalt der Kündigung, also dem Tag der Übergabe im Büro oder dem Tag, an dem die Kündigung in Ihren Briefkasten eingeworfen wird.

    Die Frist ist ganz einfach zu berechnen: Der Ablauf ist am gleichen Wochentag in drei Wochen, an dem Sie die Kündigung bekommen haben. Also: Übergabe der Kündigung am Freitag am Arbeitsplatz = Ablauf der Frist am Freitag in drei Wochen. Wenn die 3-Wochen Frist an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag endet, läuft die Frist an dem Werktag ab, der nach dem Sonntag folgt.

    Tipp: Suchen Sie so schnell wie möglich Ihre Gewerkschaft oder eine Beratungsstelle auf, wenn Sie von Ihrem Arbeitgeber eine Kündigung erhalten haben, die Sie nicht akzeptieren wollen. Sie können auch selber vor Gericht Klage einreichen. Jedes Arbeitsgericht hat eine Rechtsantragsstelle. Dort wird Ihre Klage kostenlos aufgenommen. Wenn Sie nicht genug Deutsch sprechen, sollten Sie jemanden zum Übersetzen mitnehmen. Sie können auch zu einer Anwältin oder einem Anwalt gehen. Wenn Sie ein geringes Einkommen haben, gibt es die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Das bedeutet, dass das Gericht die Kosten des Anwalts oder der Anwältin trägt. Sie können sich dazu in einer Beratungsstelle informieren. 

    Manche Arbeitsverträge schränken die Möglichkeit der Eigenkündigung durch eine sogenannte Rückzahlungsklausel ein. 

    Eine Rückzahlungsklausel ist eine Vereinbarung, wonach Beschäfigte verpflichtet sind bestimmte Fortbildungskosten an den/die Arbeitgeber*in zurückzuzahlen, wenn vor Ablauf einer bestimmten Zeit das Arbeitsverhältnis beendet wird. 

    Da eine solche Klausel in die Berufsfreiheit eingreift, sind sie nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, u.a.: die Rückzahlungsklausel muss nach dem Kündigungsgrund unterscheiden und vorsehen, dass Beschäftigte bei einer Kündigung aus persönlichen unverschuldeten z.B. gesundheitlichen Gründen, die Fortbildungskosten nicht rückzahlen muss. 

    Es kommt häufig vor, dass die vertraglichen Rückzahlungsklauseln unwirksam sind. Lassen Sie sie daher vor einer Eigenkündigung juristisch prüfen. 

    Wichtig: Nach einer erhaltenen Kündigung müssen Sie sich umgehend bei der Agentur für Arbeit melden. Ansonsten kann es passieren, dass Ihnen möglicherweise zustehende Arbeitslosengeld-I-Leistungen gekürzt werden.

    10.13 Aufhebungsvertrag

    Ein Aufhebungsvertrag kann für Sie große Nachteile haben!

    Nicht selten möchten Arbeitgeber, dass Sie einen sogenannten "Aufhebungsvertrag" unterschreiben, in dem Sie sich einverstanden erklären, dass Ihr Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt endet. Dies ist etwas anderes als eine Kündigung. Vorsicht bei diesen Verträgen: Sie riskieren mit einer Zustimmung, dass Ihnen das Arbeitslosengeld gekürzt wird. Manchmal steht dort auch, dass Sie auf Lohnansprüche verzichten.

    Tipp: Lassen Sie sich nicht täuschen: Ein Arbeitgeber braucht keine Unterschrift von Ihnen, wenn er Sie kündigen möchte. Schauen Sie, ob es sich um einen Aufhebungsvertrag handelt! Unterschreiben Sie nichts, was Sie nicht verstehen! Wenn Ihnen Ihr Arbeitgeber einen solchen Aufhebungsvertrag vorlegt, unterschreiben Sie nichts, sondern nehmen Sie den Aufhebungsvertrag mit und lassen Sie sich von Ihrer Gewerkschaft über die rechtlichen Folgen beraten.

  • 11. Sozialrechtliche Aspekte

    Im folgenden Kapitel erfahren Sie, unter welchen Voraussetzungen, die in Deutschland lebenden Drittstaatsangehörigen Familien- und Sozialleistungen erhalten können.

    11.1 Familienleistungen

    Eltern, die nach Deutschland einreisen, können unter bestimmten Voraussetzungen finanzielle Unterstützung für die Familie erhalten. Sie wird nur dann gewährt, wenn die Kinder den Wohnsitz bzw. Lebensmittelpunkt auch in Deutschland haben.

    Wichtig zu wissen: Der Bezug von Familienleistungen wie Kindergeld, Kinderzuschlag, Unterhaltsvorschuss und Elterngeld (siehe unten) wirkt sich nicht negativ auf Ihre Aufenthaltserlaubnis aus. Im Gegenteil: Bei der Prüfung, ob der Lebensunterhalt eigenständig gesichert werden kann, zählen diese Leistungen zum Einkommen dazu.

    Es gibt folgende Familienleistungen:

    Das Kindergeld wird den Eltern und Kindern längstens bis zum 25. Lebensjahr des Kindes von der Familienkasse gezahlt. Das Kindergeld beträgt im Jahr 2021 monatlich:

    • 219 Euro für das erste und zweite Kind,
    • 225 Euro für das dritte Kind und
    • 250 Euro für jedes weitere Kind.

    Das Elterngeld wird den Eltern von neu geborenen Kindern vom Jugendamt über 12 bzw. 14 Monate gezahlt. Das Elterngeld beträgt 65 Prozent des nach der Geburt wegfallenden Nettoeinkommens, mindestens 300 Euro und höchstens 1.800 Euro monatlich.

    Der Unterhaltsvorschuss wird den Kindern von alleinerziehenden Eltern vom Jugendamt gezahlt, wenn der andere Elternteil die Unterhaltszahlungen nicht leistet. Die Höhe des Unterhaltsvorschusses beträgt im Jahr 2022 monatlich:

    • für Kinder von 0 bis 5 Jahren bis zu 177 Euro,
    • für Kinder von 6 bis 11 Jahren bis zu 236 Euro,
    • für Kinder von 12 bis 17 Jahren bis zu 314 Euro.

    Der Anspruch auf Kindergeld, Elterngeld und Unterhaltsvorschuss hängt vom Aufenthaltsrecht der Eltern ab. Diese Familienleistungen stehen Personen mit dem Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder Erwerbstätigkeit mit folgenden Titeln zu:

    • Niederlassungserlaubnis
    • Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU
    • Blaue Karte-EU
    • ICT-Karte und Mobile-ICT-Karte
    • Aufenthaltserlaubnis, wenn diese für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt, berechtigt hat oder die Erwerbstätigkeit erlaubt (mit Ausnahme der Titel für Ausbildung, Arbeitssuche, Au-Pair und Saisonbeschäftigung)
    • Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums, zur Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikationen und der Arbeitssuche nach dem Abschluss eines Studiums oder einer Berufsausbildung in Deutschland, aber nur unter der Voraussetzung, dass man erwerbstätig ist, sich in Elternzeit befindet oder Arbeitslosengeld I bezieht.

    Kindergeldberechtigt sind unabhängig vom Aufenthaltsstatus aufgrund von internationalen Abkommen Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro, Kosovo, Algerien, Marokko und Tunesien sowie der Türkei.

    Der Kinderzuschlag ist eine Leistung, die von der Familienkasse gezahlt wird, wenn das Einkommen den Eltern für das Leben ausreicht, aber zu gering ist, um den Lebensunterhalt der Kinder zu sichern. Die Höhe des Kinderzuschlags wird individuell berechnet und beträgt im Jahr 2022 maximal 229,00 Euro pro Kind im Monat. Alle Aufenthaltstitel, die zum Kindergeld und Arbeitslosengeld II berechtigen, berechtigen auch zum Kinderzuschlag, ausgeschlossen sind damit Personen mit Aufenthalt zur Arbeitssuche.

    Mehr Informationen zu den Familienleistungen finden Sie hier.

    11.2 Arbeitslosengeld II

    Das Arbeitslosengeld II ist eine Sozialleistung, die an Personen gezahlt wird, die in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind. Erwerbsfähig ist, wer gesundheitlich imstande ist, mindestens 3 Stunden täglich zu arbeiten. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Das Arbeitslosengeld II kann auch dann bezogen werden, wenn man arbeitet, aber das erzielte Einkommen für die Deckung der Lebenskosten nicht ausreicht.

    Wenn Sie den Aufenthaltstitel zum Zweck der Ausbildung oder Erwerbstätigkeit haben, sind Sie zum Bezug von Arbeitslosengeld II grundsätzlich berechtigt. Das gilt nicht für die Personen, die den Aufenthaltstitel zum Zweck der Arbeitssuche haben. Auch die Personen, bei denen der Aufenthalt in Deutschland so kurzfristig ist, dass man in Deutschland keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet (z.B. Aufenthalt zum Zweck der Forschung für Personen mit Aufenthaltstitel eines anderen EU-Staates), sind vom Bezug vom Arbeitslosengeld II ausgeschlossen.

    Der Bezug von Arbeitslosengeld II kann jedoch aufenthaltsrechtliche Konsequenzen haben. Zu den Voraussetzungen für die Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltstitel gehört u.a. der gesicherte Lebensunterhalt. Das Arbeitslosengeld II gehört zu den „schädlichen“ sozialen Leistungen: seine Inanspruchnahme bedeutet, dass der Lebensunterhalt nicht eigenständig gesichert werden kann. Das kann dazu führen, dass die Ausländerbehörde Ihren Aufenthaltstitel beenden wird.

    Davon sind aber in besonderen atypischen Fällen Ausnahmen möglich. Jeder Einzelfall muss dann von der Ausländerbehörde bei der Berücksichtigung aller relevanten Umstände geprüft werden.

    Wichtig: Wenn Sie sich in einer finanziell schwierigen Lage befinden, lassen Sie sich frühzeitig fachlich beraten und noch vor der eventuellen Antragstellung prüfen, inwieweit der Antrag auf Arbeitslosengeld II Ihren Aufenthalt gefährden kann.

  • 12. Unterbringung

    Die Unterbringung durch den*die Arbeitgeber*in oder den Ausbildungsbetrieb kann eine hilfreiche Lösung bei der Einreise aus dem Ausland sein. Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist insbesondere in den großen Städten angespannt, und ohne Unterbringungsangebot wäre die Arbeitsaufnahme erschwert.

    Dabei kommen verschiedene Konstellationen in Frage: Der*die Arbeitgeber*in kann Ihnen eine sogenannte Werkdienstwohnung überlassen. In diesem Fall wird kein selbständiger Mietvertrag abgeschlossen, sondern die Überlassungsbedingungen stehen im Arbeitsvertrag. Wenn Sie mit Ihrem*Ihrer Arbeitgeber*in einen Mietvertrag parallel zum Arbeitsvertrag oder dem Ausbildungsvertrag abschließen, handelt es sich in der Regel um eine Werkmietwohnung. Diese Unterscheidung spielt z.B. bei der Länge der Kündigungsfristen eine Rolle.

    Eine besondere Kategorie bilden die Arbeitnehmerunterkünfte: Das sind Räume, die den Beschäftigten zu Wohnzwecken in der Freizeit dienen. Häufig stellt der*die Arbeitgeber*in solche Unterkünfte zur Verfügung, wenn die Art der Arbeit das verlangt, z.B. in der Landwirtschaft. In einigen Branchen gelten die Tarifverträge, die den*die Arbeitgeber*in dazu verpflichten, Unterkunft bereitzustellen, wenn die Arbeitnehmer*innen fern vom Arbeitsort eingesetzt werden (z.B. im Bau- oder Gerüstbauhandwerk). Für die Arbeitnehmerunterkünfte gelten besondere Schutzregelungen.

    Tipp: Sie sollten im Vorfeld Ihrer Einreise die Unterbringungskonditionen klären. Es soll eindeutig festgelegt werden, ob die Wohnung Ihnen entgeltlich oder unentgeltlich gestellt wird bzw. wie hoch die Miete ist. Verlangen Sie eine schriftliche Vereinbarung über die Unterbringung! Wenn Sie die Konditionen nicht verstehen, suchen Sie eine Beratungsstelle auf. 

    12.1 Standards der Unterbringung

    Die Unterbringung muss bestimmte Standards erfüllen, damit sie vermietet werden darf. In einigen Bundesländern gibt es dazu Gesetze, die die Mindestmietanforderungen genau regeln. Grundsätzlich gehören überall zur Mindestgrundausstattung ein Kochraum mit Entlüftungsmöglichkeit, Wasserzapfstelle, Spülbecken und Anschlussmöglichkeit für Gas- und Elektroherd sowie eine Toilette und ein Bad. In einigen Bundesländern hat man auch Mindestquadratmeterzahl pro Person festgelegt, die nicht weniger als 9 m² betragen darf.

    In Sachsen-Anhalt, Berlin, Hessen, Bremen und Nordrhein-Westfalen können Sie sich an die Wohnungsaufsichtsbehörden wenden, wenn die Wohnbedingungen unangemessen sind. Die Behörde kann eine Wohnung kontrollieren und Maßnahmen zur Behebung der Mängel einleiten.

    In anderen Bundesländern können Sie Ihre Ansprüche auf angemessene Wohnbedingungen auf dem privatrechtlichen Weg gegen den*die Wohnungsgeber*in durchsetzen. Schimmelbefall, defekte Heizungen und andere Mängel berechtigen Sie zur Mietminderung und Beseitigung der Mängel. Eine Unterstützung bieten Mietervereine, die man deutschlandweit finden kann.

    Unabhängig von den Landesregelungen über die Wohnungsaufsicht unterliegen Arbeitnehmerunterkünfte besonderen Mindestanforderungen nach der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Sie gelten für Unterkünfte, die der Arbeitgeber für Beschäftigte zur Verfügung stellt, und für Gemeinschaftsunterkünfte (gemeinsame Nutzung durch mehrere Beschäftigte, mindestens 4 Personen), die sowohl vom Arbeitgeber als auch von Dritten (z.B. Hotel- oder Ferienwohnungsbetreibern) auf Veranlassung des*der Arbeitgebers*in bereitgestellt werden. In diesen Fällen ist der*die Arbeitgeber*in verantwortlich für die Angemessenheit der Unterkünfte.

    Es müssen folgende Bedingungen eingehalten werden:

    • Für jede*n Bewohner*in müssen mindestens 8 m² Nutzfläche vorhanden sein.
    • In Gebäuden dürfen maximal 8 Betten in einem Raum stehen, in Containern maximal 4. Jede*r Bewohner*in muss ein eigenes Bett mit Matratze und Kopfkissen, mindestens eine Sitzgelegenheit, einen Teil der Tischfläche und einen verschließbaren Schrank zur Verfügung haben.
    • Unterkünfte müssen ausreichend Tageslicht erhalten und mit einer angemessenen künstlichen Beleuchtung ausgestattet sein.
    • Während der Nutzungsdauer müssen sie auf mindestens +21 °C geheizt werden können.
    • Es müssen genügend Sanitäreinrichtungen im Verhältnis zur Belegung vorhanden sein.
    • In den Arbeitnehmerunterkünften muss eine getrennte Unterbringung von männlichen und weiblichen Bewohnern gesichert sein.

    Bei den Arbeitnehmerunterkünften ist die Arbeitsschutzbehörde vor Ort für die Kontrolle von Missständen zuständig. Die Adressen finden Sie hier.

    Es kommt manchmal vor, dass der*die Arbeitnehmer*in, der*die sich gegen schlechte Arbeits- oder Wohnbedingungen wehrt, aus der Unterkunft verwiesen wird.

    Wichtig! Der*die Arbeitgeber*in darf Ihnen die Wohnung nicht ohne Grund von einem Tag auf den anderen kündigen. Abhängig von der Art der Wohnüberlassung gelten für Sie verschiedene Schutzregelungen und Kündigungsfristen. Wenden Sie sich frühzeitig an die Beratungsstelle und erkundigen sich nach Ihren Rechten!

    12.2 Angemessene Kosten und Wege der Mietzahlungen

    Grundsätzlich soll sich die Höhe der Miete nach der ortsüblichen Miete richten. Die ortsübliche Miete gibt an, wie hoch in einem bestimmten Gebiet die Miete bei ähnlichen Wohnungen ist. Erkundigen Sie sich bei der Stadtverwaltung vor Ort nach dem sogenannten Mietspiegel. In diesem Dokument können Sie nachschauen, ob die von Ihnen geforderte Miete angemessen ist.

    In mehreren Orten in Deutschland gilt die sogenannte Mietpreisbremse, das bedeutet, dass die Miete nur 10 Prozent höher als die ortsübliche Miete sein darf. Davon gibt es Ausnahmen, lassen Sie sich daher darüber beraten, z.B. bei dem Mieterverein vor Ort.

    Wenn die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 50 Prozent übersteigt, macht sich der Vermieter damit strafbar.

    Für den Preis der Arbeitnehmerunterkünfte gilt keine besondere Regelung. Kontaktieren Sie die Gewerkschaft oder eine Beratungsstelle, um zu prüfen, ob die Kosten, die Sie zahlen, angemessen sind.

    Häufig wird die Miete direkt von Ihrem Gehalt abgezogen. Das müssen Sie ausdrücklich mit dem*der Arbeitgeber*in vereinbaren, damit er*sie berechtigt ist, den Mietpreis monatlich von Ihrem Lohn einzubehalten. Diese Abzüge müssen in Ihrer Lohnabrechnung als Miete ausgewiesen sein. Es ist wichtig, dass die Grenzen zwischen Lohn und Miete klar und nachvollziehbar sind.

    Wenn Sie den Mietpreis in bar zahlen, lassen Sie sich unbedingt die Zahlung quittieren. Tragen Sie auf der Quittung den gezahlten Betrag ein sowie den Zeitraum für den er entrichtet wurde. Damit können Sie nachweisen, dass Sie die Wohnkosten bezahlt haben und keine Schulden aus diesem Grund beim Arbeitgeber bestehen.

    Es kommt in der Praxis häufig vor, dass die Wohnung dem*der Arbeitnehmer*in als sogenannter Sachbezug angerechnet wird.

    Sachbezug ist eine Form der Vergütung, die nicht als Geld, sondern als eine Sachleistung vom Arbeitgeber gewährt wird, z.B. der Arbeitgeber überlässt dem Arbeitnehmer einen Dienstwagen zum privaten Gebrauch. Der Wert der Nutzung des Sachbezugs zählt als Teil des Arbeitslohns.

    Der Sachbezug muss in der Lohnabrechnung ausgewiesen sein. Er darf nicht zu hoch sein. Es muss Ihnen der Lohn in Höhe des unpfändbaren Betrags ausgezahlt werden. Ein unpfändbarer Betrag beträgt im Jahr 2022 für eine ledige, nicht unterhaltspflichtige Person 1.330,16 Euro netto pro Monat. Der Sachbezug kann daher nur an den Betrag ab 1.330,16 Euro angerechnet werden.

    Wenn Ihnen eine vollständige Wohnung überlassen wurde, entspricht der Sachbezugswert, der angerechnet werden darf, der ortsüblichen Miete. Wenn Sie aber nur ein Zimmer bei Mitbenutzung von Bad, Toilette und Küche bewohnen, darf der Sachbezugswert im Jahr 2022 maximal 241,00 Euro pro Monat betragen, soweit Sie das Zimmer nur für sich haben. Dieser Betrag wird jährlich angepasst und in die Sozialversicherungsentgeltverordnung aufgenommen.

  • 13. Diskriminierung in der Beschäftigung

    In Deutschland darf niemand aufgrund seines Geschlechts, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden. Das betrifft auch das Arbeitsleben.

    Alle Menschen sind aufgrund ihres Geschlechts, ihrer ethnischen Herkunft, wegen ihrer Religion, des Alters, einer Behinderung oder der sexuellen Orientierung sowohl bei der Arbeitssuche als auch am Arbeitsplatz vor Diskriminierung zu schützen.

    Trotzdem kann es zu Diskriminierung kommen, die durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verboten ist.

    Diskriminierung kann verschiedene Formen annehmen:

    • Im Bewerbungsverfahren bekommt man eine Absage, weil der Arbeitgeber keine älteren Personen beschäftigen möchte.
    • Im laufenden Arbeitsverhältnis ist die Entgelthöhe bei gleicher Tätigkeit für Männer und Frauen unterschiedlich.
    • Eingewanderte werden bei der Beförderung trotz sehr guter Arbeitsleistung übergangen,
    • In der Stellenausschreibung wird erwähnt, dass nur deutsche Muttersprachler für den Arbeitsplatz in Frage kommen, auch wenn die Sprachkompetenz für die Ausübung dieser Tätigkeit nicht ausschlaggebend ist,
    • Man erfährt sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz,
    • Eine Schwangere wird anders als ihre Kollegen*innen in gleicher Position behandelt, z.B. wird ihr befristeter Vertrag nicht verlängert.

    Solche Situationen sind nicht erlaubt und können rechtliche Folgen haben. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Sie vor der Diskriminierung zu schützen. Die Betroffenen können gegen Diskriminierung klagen. Bei einer Klage kann man Schadensersatz und Entschädigungsansprüche geltend machen. Bei einer Nichteinstellung kann man beispielsweise eine Entschädigung in Höhe von bis zu 3 Monatsgehältern erhalten. Es kann allerdings in der Praxis schwierig sein, Benachteiligung wegen des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität nachzuweisen.

    Tipp: In Fällen von Diskriminierung können Sie sich an die innerbetriebliche Beschwerdestelle oder den Betriebsrat wenden. Sie können sich auch bei den spezialisierten Antidiskriminierungsstellen beraten lassen, z.B. bei der Antidiskriminierungsstelle des BundesAlternativ können Sie sich immer an Ihre Gewerkschaft zur Beratung wenden.

  • 14. Gewerkschaften

    Arbeitnehmer*innen in Deutschland dürfen sich in Gewerkschaften vereinigen, um gemeinsam ihre wirtschaftlichen und sozialen Interessen zu vertreten. Wie die Gewerkschaften aufgebaut sind, nach welchen Prinzipien sie handeln und warum es sich lohnt, Gewerkschaftsmitglied zu werden, erfahren Sie in diesem Kapitel.

    14.1 Rolle und Aufgaben

    Gewerkschaften sind in Deutschland demokratisch legitimierte Organisationen, die von ihren Mitgliedern finanziert und getragen werden. Sie sind nicht mit einer politischen Partei verbunden und arbeiten unabhängig von staatlichen Behörden. Sie sind pluralistisch und unabhängig, aber keineswegs politisch neutral. Sie beziehen Position im Interesse der Arbeitnehmer*innen. Gewerkschaften kämpfen für eine gerechte Bezahlung, bessere Arbeitsbedingungen, faire Arbeitszeiten und soziale Gerechtigkeit. Sie können Streiks organisieren und Tarifverträge mit Arbeitgebern abschließen. Die wichtigsten Gewerkschaften haben sich zum Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zusammengeschlossen. Der DGB ist die politische Stimme der Mitgliedsgewerkschaften mit rund 6 Millionen organisierten Arbeitnehmer*innen. Daneben gibt es noch weitere Gewerkschaftsorganisationen, die spezifische Berufsgruppen vertreten.

    In Deutschland herrscht Koalitionsfreiheit. Das bedeutet für Arbeitnehmer*innen, dass sie sich in Gewerkschaften organisieren können. Gewerkschaften finanzieren sich aus den Beiträgen ihrer Mitglieder. Der Mitgliedsbeitrag wird anhand Ihres monatlichen Bruttolohns berechnet. Wenn Sie arbeitslos sind, ist der Beitrag geringer.

    14.2 Rechtsschutz

    Gewerkschaften unterstützen ihre Mitglieder in vielen Fragen und bieten nach 3-monatiger Mitgliedschaft einen kostenfreien gewerkschaftlichen Rechtsschutz an. Dieser unterstützt Sie bei juristischen Auseinandersetzungen rund um Arbeits- und Sozialrechtsfragen.

    Beratung und Rechtsschutz gibt es z.B. bei Fragen um Abmahnung, Urlaub, Kündigung, Arbeitszeugnis, Arbeitsunfall, Lohnzahlung, aber auch Arbeitslosengeld II, Rentenbescheid oder Anerkennung als Schwerbehinderte*r.

    Die gewerkschaftlichen Rechtsschutzsekretäre*innen können Ihren Arbeitsvertrag und Gehaltsabrechnungen prüfen und falls notwendig mögliche Ansprüche beim Arbeitgeber einfordern. Sie vertreten Sie auch gegenüber den Behörden, z.B. der Krankenkasse oder dem Jobcenter.

    Bei arbeits- und sozialrechtlichen Streitigkeiten können Sie sich als Gewerkschaftsmitglied von gewerkschaftlichen Rechtsschutzsekretär*innen auch in einem gerichtlichen Verfahren in allen Instanzen vertreten lassen.

    Der gewerkschaftliche Rechtsschutz ist aus dem Mitgliedsbeitrag finanziert, Sie müssen keine zusätzlichen Kosten der Rechtsberatung und -vertretung tragen.

    Ohne Rechtsschutz müssen Sie die Rechtsanwaltskosten beim Verfahren vor dem Arbeitsgericht selbst tragen, und zwar auch dann, wenn Sie den Fall gewinnen.

    Mehr Informationen über den Rechtsschutz, die Gewerkschaftsmitgliedschaft und wie Sie beitreten können, finden Sie hier.

    14.3 Adressen der Gewerkschaften

    Gewerkschaften in Deutschland haben in vielen Städten Büros, an die Sie sich wenden können, wenn Sie Mitglied werden wollen oder Fragen haben. Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über die Zentralen der einzelnen Gewerkschaften, die im Deutschen Gewerkschaftsbund, dem Dachverband, zusammengeschlossen sind.

    Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand (DGB)
    Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin
    Telefon: +49 30 24060-0
    www.dgb.de 
     
    IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU)
    Olof-Palme-Str. 19, 60439 Frankfurt/Main
    Telefon: +49 69 95737-0
    www.igbau.de
     
    IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE)
    Königsworther Platz 6, 30167 Hannover
    Telefon: +49 511 7631-0
    www.igbce.de
     
    Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG)
    Weilburger Str. 24, 60326 Frankfurt/Main
    Telefon: +49 69 7536-236
    www.evg-online.org
     
    Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
    Reifenberger Str. 21, 60489 Frankfurt/Main
    Telefon: +49 69 78973-0
    www.gew.de
     
    IG Metall
    Wilhelm-Leuschner-Straße 79, 60329 Frankfurt/Main
    Telefon: +49 69 6693-0
    www.igmetall.de
     
    Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG)
    Haubachstr. 76, 22765 Hamburg
    Telefon: +49 40 38013-0
    www.ngg.net
     
    Gewerkschaft der Polizei (GdP)
    Stromstraße 4, 10555 Berlin
    Telefon: +49 30 399921-0
    www.gdp.de
     
    Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di)
    Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin
    Telefon: +49 30 6956-0
    www.verdi.de

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