Nach Schätzungen des GKV-Spitzenverbands werden die Kosten im Gesundheitswesen in den nächsten Jahren um 19 Milliarden Euro steigen. Wenn sich an der aktuellen Gesetzeslage nichts ändert, müssen dafür ausschließlich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufkommen. Auf Durchschnittverdiener kommen allein durch die Zusatzbeiträge der Krankenkassen Mehrkosten von bis zu 855 Euro im Jahr zu. Das hat eine neue DGB-Studie ergeben.
DGB/racorn/123rf.com
Gedacht war das mal ganz anders: Bei der Wiedereinführung der Sozialversicherung in der Bundesrepublik Deutschland wurde die Parität bei den Beträgen beschworen. Weil es sich um Erträge handele, die der Wirtschaft entnommen seien, seien die Sozialpartner gemeinsam dafür verantwortlich.
Davon ist heute keine Rede mehr: Im Jahr 2005 hat die damalige Bundesregierung die paritätische Beitragsfinanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgeschafft und einen Sonderbeitrag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingeführt. Dieser wurde 2011 in einen monatlichen Zusatzbeitrag umgewandelt – und gleichzeitig der Arbeitgeberbeitrag bei 7,30 Prozent eingefroren.
Seit 2015 darf jede Krankenkasse, deren Ausgaben nicht durch die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds abgedeckt werden, von ihren Mitgliedern einen Zusatzbeitrag verlangen und die Höhe individuell festlegen. Im Schnitt zahlen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer heute rund 8,4 Prozent ihres Bruttoeinkommens an die Gesetzliche Krankenversicherung, die Arbeitgeber nach wie vor 7,30 Prozent.
Aktuell liegt der Zusatzbeitrag, den Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen an ihre Krankenkasse abführen, im Schnitt bei 1,1 Prozent. Durchschnittsverdiener haben dadurch rund 358 Euro pro Jahr weniger in der Tasche. Und: Experten rechnen damit, dass die Mehrbelastung in den kommenden Jahren weiter deutlich steigen wird.
(DGB-Darstellung; Quelle: Memorandum 2016; eigene Berechnungen)
Ein weiterer Punkt: Nicht nur die Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung steigen, sondern auch die übrigen Gesundheitskosten. In den letzten Jahrzehnten wurden viele Leistungen aus der Gesetzlichen Krankenversicherung ausgegliedert, zum Beispiel Zahnersatz für Erwachsene oder die Pflegeversicherung. Immer mehr Kosten für Dienstleistungen, Arzneimittel oder Heil- und Hilfsmittel müssen von abhängig Beschäftigten privat getragen werden. Im Jahr 2014 waren das bereits 43,19 Milliarden Euro.
(DGB-Darstellung; Quelle: Gesundheitsausgabenrechnung des Bundes 2014, Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen)
Rechnet man beide Punkte – die Aufwendungen für Sozialversicherungen und die weiteren Gesundheitsausgaben – zusammen zeigt sich, wie ungleich die Lasten verteilt sind: Arbeitgeber zahlen 74,28 Milliarden Euro, Arbeitnehmer 137,15 Milliarden Euro.
(DGB-Darstellung; Quelle: Gesundheitsausgabenrechnung des Bundes 2014, Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen)
Um diese strukturell ungerechte Lastenverteilung zu beenden fordert der DGB die Regierungskoalition auf, umgehend zur paritätischen Finanzierung der GKV-Beiträge zurückzukehren. Nötig ist außerdem ein Versicherten-Stärkungsgesetz in der GKV, in dem finanzielle Lasten und Entscheidungskompetenzen gerechter geregelt werden. So muss zum Beispiel klar getrennt werden zwischen staatlichen Aufgaben, die aus Steuern finanziert werden, und Sozialversicherungsaufgaben, die aus Beiträgen finanziert werden. Längerfristig strebt der DGB die Einführung einer Bürgerversicherung in der GKV an.
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